Straßennamen für blinde und sehbehinderte Menschen erkennbar machen

Volker Külow

Am 13. Dezember 2017 hat die Ratsversammlung der Stadt Leipzig den Teilhabeplan auf den Weg gebracht. Er beschreibt, wie in den Jahren 2017 bis 2024 die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Leben in der Stadtgesellschaft verbessert und die Stadt schrittweise inklusiver gestaltet werden sollen. 

Der vorliegende Antrag der Linksfraktion ordnet sich in dieses Bestreben ein. In der ersten Fassung des Antrages war unser Anliegen zunächst darauf ausgerichtet, Straßennamensschilder tastbar zu machen und damit mehr Barrierefreiheit für blinde und sehbehinderte Menschen zu gewinnen. Gerade diese betroffenen Menschen haben es immer wieder schwer, sich allein im öffentlichen Raum zu orientieren. Wir plädierten daher ursprünglich dafür, sukzessive und abschließend bis Ende 2023, an allen Straßennamensschildern in der Stadt Leipzig zusätzliche Namensschilder für blinde und sehbehinderte Menschen anzubringen. Vor der Installation sollte es eine Abstimmung mit dem Behindertenbeirat und dem Blinden- und Sehbehindertenverband Leipzig geben. 

Diese Abstimmung hat die Verwaltung dankenswerterweise durchgeführt und dabei kam heraus, dass es im öffentlichen Raum zu viele ähnliche Masten gibt und man den Mast mit der entsprechenden Information nur sehr schwer finden kann. Die Betroffenen signalisierten, das andere technische Unterstützungsmittel präferiert würden. Die Beauftragte für Menschen mit Behinderungen wurde konkret und schlug vor, eine geeignete Smartphone-App in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für barrierefreies Lesen und den Behindertenverbänden zu entwickeln.         

Ja, in der Tat: Viele Blinde und Sehbehinderte nutzen mittlerweile Smartphones oder Tablets als Unterstützung im Alltag. Will man die Orientierung innerhalb der Stadt für Sehgeschädigte inklusiver gestalten, ist eine digitale Lösung deshalb der bessere Ansatz, wie wir erfahren haben. Deshalb erarbeiteten wir eine Neufassung unseres Antrages und machten aus ursprünglich fünf nunmehr zwei Forderungen. 

Es geht uns 1. nun darum, gemeinsam mit dem Behindertenbeirat, den Behindertenverbänden und den Betroffenen zu prüfen, welche Anforderungen an eine solche App für blinde und sehbehinderte Menschen gestellt werden. 

2. soll anschließend mit den bereits genannten Partnern ein Konzept zur Weiterentwicklung einer solchen App erarbeitet und dem Stadtrat bis zum IV. Quartal 2020 vorgelegt werden.          

Dabei kann man an erhebliche Vorleistungen anknüpfen. Dass Google und Co. in der Lage sind – zumindest auf Englisch – den geographischen Standort eines Smartphones zu ermitteln und einem Nutzer auf eine gesprochene Frage hin auf einer Karte sichtbar (nicht hörbar!) zu machen, auf welcher Straße er sich in Leipzig gerade befindet, haben viele sicher schon mal mit ihrem Handy ausprobiert. Auch Blinde und Sehbehinderte werden von den großen Technikkonzernen wie Google und Apple inzwischen in den Fokus genommen, mit speziell auf ihre Bedürfnisse ausgerichteter Software für mobile Endgeräte – allerdings bisher (fast) ausschließlich im englischsprachigen Bereich.

Eine speziell auf Blinde und Sehbehinderte zugeschnittene App muss auf Spracheingaben mit sinnvollen Sprachausgaben reagieren und etwa auf die Frage „Wo bin ich?“ antworten können: „An der Ecke Hermann-Liebmann-Straße/Eisenbahnstraße“. Oder sie muss auf die Frage: „Was steht auf diesem Schild?“ die Beschriftung eines Straßenschildes per Sprachausgabe wiedergeben können. Welche Lösung auf Basis welcher Datenquellen die sinnvollste und kostengünstigste ist, wäre zu prüfen. Außerdem ist es sinnvoll, nicht eine separate „Straßenschilder-Vorlese-App“ zu entwickeln, sondern schon existierende Apps für Sehgeschädigte, die bei der Orientierung unterstützen, um entsprechende Funktionen zu erweitern. Auch für den deutschsprachigen Bereich gibt es bereits App-Entwicklungsprojekte, die speziell auf die Bedürfnisse von Blinden und Sehbehinderten hin konzipiert sind und in die man eine solche Funktion integrieren könnte. Erfreulicherweise gibt es auch schon in Leipzig Unternehmen, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Damit sind gute lokale Voraussetzungen für die Entwicklung einer derartigen App gegeben. 

Nicht zuletzt deswegen hoffe ich auf breite Zustimmung für unseren Antrag in der vorliegenden Neufassung.