Mathias Weber zur Beschlussfassung des Leipziger Mietspiegels 2022

Mathias Weber

Heute ist ein wichtiger Tag für Leipzig: Uns liegt der Mietspiegel 2022 zur Beschlussfassung vor. Die Mieterinnen und Mieter dieser Stadt sind mit dieser Mietspiegelvorlage gerade noch an einer Tragödie vorbei geschrammt. Warum?

Der Bundesgesetzgeber hat das Mietspiegelreformgesetz am 17.08.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Die Länder hatten ab da an die Aufgabe, bis zum Inkrafttreten am 01.07.2022 eine entsprechende gesetzliche Übertragung an die Gemeinden vorzunehmen. Allein im bräsigen Sachsen gelang das nicht rechtzeitig. Die Landesregierung benötigte tatsächlich für das Mietspiegelzuständigkeitsgesetz, bestehend aus 100 Wörtern, 2,5 Jahre – das ist nicht mal Schneckentempo.

Die Stadt Leipzig kam dadurch in arge Bedrängnis. Von der Erhebung bis zur notwendigen Qualifizierung im Stadtrat braucht es minimal sieben Monate. Ein Mietspiegel gilt jedoch nur dann als qualifiziert, wenn er lückenlos in einer Gemeinde fortgeschrieben wird.

Weil der Freistaat seine Hausaufgaben in eklatanter Weise vernachlässigte, hat insbesondere Haus und Grund die für ein halbes Jahr rechtlich undefinierte Situation ausnutzen wollen und die Mietspiegelbefragung der Stadt Leipzig im Oktober 2022 massiv torpediert und für Verunsicherung bei der Befragung gesorgt. An dieser Stelle sei angemerkt, das Haus und Grund von jeher den Mietspiegel im Arbeitskreis ablehnt, so das stets die Qualifizierung durch den Stadtrat vorgenommen werden muss. 

Wäre der Stadtverwaltung Leipzig die Quadratur des Kreise nicht gelungen, dann könnten Vermieter ab dem 24.06. die Bestandsmieten mit drei Vergleichswohnungen gerichtlich durchsetzen. Die erzielten Mieterhöhungen lägen deutlich höher und sorgen für ein Vielfaches an Traffic vor Gerichten. An dieser Stelle sei angemerkt, dass die durchschnittliche Mietbelastungsquote in Leipzig bereits bei der wichtigen Marke von 30 Prozent liegt. Wer hier im Rat mit einer Ablehnung des Mietspiegels kokettiert, läuft Gefahr, sehenden Auges die soziale Schieflage vieler Haushalte billigend in Kauf zu nehmen.

Verstehen Sie mich nicht falsch, wir als Linke sind kein Freund des Mietspiegels, da er ein Begründungselement zur Mieterhöhung darstellt. Dennoch: Wie der Mietspiegel ins Rechtssystem eingebettet ist, bewirkt er einen gewissen Güterausgleich und stellt damit einen Rechtsfrieden her, der jedoch zu ungunsten der über 85% der Mieterinnen und Mieter wirkt.