Dr. Volker Külow: Leipzig kann digitale Jugendhilfe gut gebrauchen

Dr. Volker Külow

Finanzierung der App "Between The Lines" auch durch Fraktion DIE LINKE gesichert

Der vorliegende Antrag des Jugendparlaments/Jugendbeirates ist sehr wichtig und höchst zeitgemäß, wie ich als Mitglied des Beirates für Psychiatrie und psychosoziale Versorgung einschätzen kann. Bekanntlich hatte Ende Februar die sächsische Staatsregierung eine bemerkenswerte Studie zur psychischen Gesundheit von Schülerinnen und Schülern im Freistaat im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie der Öffentlichkeit vorgestellt. Zu den wesentlichen Ergebnissen der 82 Seiten umfassenden Studie gehörte, dass die Zahl der seelischen Erkrankungen von jungen Menschen während der Corona-Pandemie insbesondere durch die unnötig langen Schulschließungen zum Teil deutlich zugenommen hat. Besonders betroffen sind junge Mädchen, die verstärkt unter Depressionen, Angststörungen und Essstörungen leiden. Insgesamt stellte die Studie fest, dass die Neuanfragen für entsprechende Behandlungen während der Pandemie stark gestiegen sind, obwohl die Beratungs- und Therapieplätze schon vor Corona ausgelastet gewesen seien.

Deshalb werden die Wartelisten immer länger und daher müssen die Angebote deutlich ausgebaut werden. Auf dieses Ziel waren auch im März die Nachfragen der Linksfraktion im Stadtrat zur aktuellen Situation in Leipzig ausgerichtet. Diese ergaben, dass auch an der Pleiße der Versorgungsdruck in der Kinder- und Jugendpsychiatrie zugenommen hat, auch wenn noch keine konkreten Daten vorliegen. Jeder niedergelassene Kinderarzt bzw. jede Kinderärztin kann über die prekäre Lage täglich ein trauriges Lied singen. In den Praxen stieg die Zahl der betroffenen Schülerinnen und Schüler in der Vergangenheit signifikant an. Da in diesem Versorgungsbereich aber nicht genügend Therapien angeboten werden können, hat das auch Auswirkungen auf Beratungsangebote und andere Jugendhilfeeinrichtungen der Stadt, die Kinder und Jugendliche mit psychosozialen Problemen betreuen.

Angesichts dieser angespannten Situation müssen dringend neue Angebote geschaffen werden. Manches kann dabei verhältnismäßig zügig und ohne übermäßige Kosten geschehen – die möglichst schnelle Einführung der App „Between The Lines“ ist eines dieser Angebote. Mit diesem digitalen Plattformmodell können die vorhandenen Hilfsangebote der Stadt Leipzig zusammengetragen und so präsentiert werden, dass sich Kinder und Jugendliche zum Umgang mit verschiedenen belastenden Situationen und psychischen Krankheiten einen besseren und schnelleren Zugang zur Unterstützung organisieren können. Leipzig kann diese digitale Jugendhilfe wirklich gut gebrauchen - und besser schon im II. als im IV. Quartal!

Und weil das so ist, habe ich nach der Veröffentlichung des Verwaltungsstandpunktes sofort mit dem Hersteller der App Kontakt aufgenommen und mir die Wirkungsweise von „Between The Lines“ genauer erklären lassen. Zu über 35 Themen finden Jugendliche in der App fachlich korrekte und gut verständliche Inhalte. Die Themen reichen von alltäglichen Problemen wie „Liebeskummer“ und „Schlafproblemen“, über belastende Ereignisse wie „Probleme in der Schule“ und „Mobbing“ bis hin zu psychischen Erkrankungen wie „Depressionen“ und „Panikattacken“. Die Informationen werden von einem Expert:innen-Team zusammengestellt und mit Jugendlichen gemeinsam aufbereitet. Der wichtigste Teil der App ist jedoch eine umfassende, niedrigschwellige Übersicht über alle lokalen Hilfsangebote in Leipzig.

Zugleich war bzw. ist natürlich die Frage der Finanzierung der App zu klären. Als Verbandsrat der Achten Verbandsversammlung des KSV bat ich daher vor einigen Wochen die Verbandsdirektorin Christin Wölk um entsprechende Mitwirkung. Wie ich gestern auf offizielle Nachfrage bei der Stadtverwaltung erfuhr, ist die Finanzierung der App inzwischen über einen städtischen Förderantrag, der vom KSV positiv votiert wurde, gesichert. Für dieses schnelle Agieren möchte ich allen Mitwirkenden - insbesondere dem amtierenden Amtsleiter im Jugendamt Silko Kamphausen, der Leiterin des Gesundheitsamtes Frau Constanze Anders und natürlich Frau Christin Wölk vom KSV an dieser Stelle namentlich herzlich danken. Das ist verantwortungsvolles gemeinsames Handeln im Interesse der betroffenen Kinder und Jugendlichen, denen nunmehr schneller und besser geholfen werden kann. Nachdem das Angebot in Leipzig hoffentlich bald etabliert ist, muss es natürlich dann in Schulen, Begegnungsorten von Kindern und Jugendlichen sowie unter dem pädagogischem Fachpersonal beworben und immer wieder ins Bewusstsein gehoben werden.