Bürgerhaushalt schafft Vertrauen

Steffen Wehmann

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

Paris, Lissabon, New York , Madrid haben ihn schon seit längerem, einen Bürgerhaushalt. Vorbild dafür ist übrigens Neuseeland, wo Bürgerhaushalte seit 1989 in Städten und Gemeinden möglich sind.

In Deutschland gibt es sie seit 1998 mit wachsendem Erfolg. Aktuell beteiligen sich rund 100 deutsche Kommunen und ihre Bürgerinnen und Bürger auf diese Weise an der Haushaltsplanung, davon etwa 30 per Bürgerbudget.

Gut konzipierte Bürgerhaushalte funktionieren. Einige Kommunen erreichten 2017 /2018 beeindruckende Werte. In Stuttgart (621 T. Einwohner) beteiligten sich ca. 52.000 Bürgerinnen und Bürger , d. h. 9 % der Bevölkerung (die meisten Menschen auch im internationalen Vergleich) am Haushaltsverfahren.

Zum Vergleich: In Paris sind es 8 %, in Lissabon 5%, in New York (8,4 Mio. Einw., 168 T. Beteiligungen) und Madrid etwa 2 %.

Mindestens drei Faktoren sind für den Erfolg eines Bürgerhaushaltes wichtig:

  1.  Ein langer Atem: Nur selten werden sofort viele Menschen erreicht. Stuttgart begann 2011! mit 2 % Beteiligung.
  2.  Werbung auf verschiedenen Ebenen: Wie wichtig Werbung ist, zeigen Wahlen.
  3.  Sichtbare Umsetzung: D. h. Bürgerinnen und Bürger müssen erkennen können, dass Beteiligung erfolgreich ist.

Meine Damen und Herren, warum wollen wir nun einen Bürgerhaushalt?

Der Haushaltsplan ist in Geld übersetzte Politik und betrifft alle Themen. Der Bürgerhaushalt ist deshalb eines der wenigen Beteiligungsformate, das Einzelinteressen über viele Themen hinweg integriert. Alle Bereiche kommunaler Politik kommen in den Blick. Über lesbare Haushalte, Bürgerideen und die Rechenschaft der Umsetzung lernen alle voneinander - Bürgerinnen und Bürger, Verwaltung und Politik. Diese Transparenz und Offenheit schafft in der Konsequenz vor allem eins: Vertrauen.

Das Zurückgewinnen des Vertrauens von Bürgerinnen und Bürgern ist gerade in Zeiten von wachsender Politikverdrossenheit und antidemokratischen Tendenzen in unserer Gesellschaft um so dringender und wichtiger.

Meine Damen und Herren, unser Antrag – sofern er eine Mehrheit findet – soll den Einstieg in den Bürgerhaushalt fixieren. Wie dieser dann tatsächlich ausgestaltet und umgesetzt werden wird (wir favorisieren das Modell Stuttgart), bedarf einer breiten Diskussion (unter Einbeziehung von Verwaltung, Stadtrat und Bürgerinnen und Bürgern) in den nächsten zehn Monaten. Erst dann wird der Bürgerhaushalt mit dem Doppelhaushalt 2021/22 verbindlich umgesetzt.

Bitte stimmen Sie für den Antrag, für ein Mehr an Demokratie und Vertrauen.

 

Redebeitrag zum Antrag 6533 „Bürgerbeteiligung stärken - Bürgerhaushalt einführen“ 
Der Antrag wurde beschlossen.