Wir sind uns im Ziel dringend benötigter Kita-Plätze einig, die Wegrichtung unterscheidet sich aber

Steffen Wehmann

Mit der Sammelvorlage „Kitainvestitionen und Folgekosten“ sollen wir in einer zügig wachsenden und jünger werdenden Stadt dringend benötigte Kitaplätze beschließen.  

Richtig ist nach genauem Lesen, dass es nicht gut 5.402, sondern 3.103 neue Plätze sind, die tatsächlich mit dem Beschlussvorschlag umgesetzt werden.

So „diskutiert“ der Stadtrat heute auch nicht über 45 neue, avisierte Kitaneubauten der Kommune, Freier Träger und Investoren, sondern nur über 21 Einrichtungen. 

Die anderen hat der Stadtrat – inkl. der Leipzig Kitas – schon ein, teilweise zwei oder drei Mal verabschiedet.

Meine Damen und Herren,

wir sind uns im Ziel dringend benötigter Plätze einig, die Wegrichtung unterscheidet sich aber deutlich. Wir wollen den Anteil der kommunalen Einrichtungen, inkl. Beteiligungsunternehmen und Eigenbetrieben deutlich erhöhen.                                                                                                    

Mit unserem Antrag aus 2015 „Vorfahrt bei Kita- Investitionen durch die Kommune“ und dem mit großer Mehrheit gefassten Beschluss des Stadtrates, wollten und wollen wir vor allem finanzielle Nachteile für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt auch in der nächsten Generation begrenzen.

                                                                                                     

Die (ausstehende) Umsetzung des Beschlusses macht auch zum heutigen Zeitpunkt sehr viel Sinn, da die vorliegende Sammelvorlage Kita- Investitionen und Folgekosten von 19/20 (DS 6076) nur einen Anteil von 1/3 an „eigenen“ tatsächlich neuen Investitionen (BU und EB einbezogen) vorsahen bzw. vorsehen.

Dieser Anteil ist viel zu wenig, da dass Experiment „Langfristige Anmietung“ statt „Eigeninvestition“ mindestens mehr als doppelt so teuer sein wird.

Die finanziellen Folgen (nach unseren geprüften Berechnungen) sehen wie folgt aus: Werden in der Gesamtheit der Kitaprojekte auch künftig –  wie zwischen 2006 bis 2017 geschehen – nur 22 % von der Kommune selbst getätigt, sinkt der Spielraum im Haushalt der Stadt über die nächsten 25 Jahre mindestens um eine Viertel Milliarde Euro.                                                                                                                                                                                             

Hier sind die fehlenden positiven Auswirkungen u.a. auf das Vermögen der Stadt im Falle der Eigeninvestition der Kommune, Beteiligungsuntern. und Eigenbetriebe noch nicht einmal eingerechnet.                                                                                             

Meine Damen und Herren, wir wissen natürlich auch, dass nicht alle Projekte durch Stadt, BU und EB umsetzbar sind.                                                                                                    

Die Gründe dafür sind bekannt:

  • Eine Bundesgesetzgebung und der damit verbundene zeitliche Druck,
     
  • eine Landesgesetzgebung, die Freie Träger bei Investitionen begünstigt,
     
  • finanzielle Mittel, die von Bund und Land nicht ausreichend zur Verfügung gestellt werden (FM-Quote keine 10 %),                                                                  
     
  • das Thema der zu wenigen Grundstücke vor allem in der Nord-Südachse der Stadt sowie fehlende Planungen der Stadt.
                                                          
                                                                                                         
    Und junge – und manchmal auch ältere – Eltern, die selbstverständlich ihr gutes und gesetzliches Recht auf einen KITA-Platz – in einer beschleunigten Arbeitswelt  –durchsetzen wollen und müssen. Allerdings fragen wir uns, ob sich seit 2013 in der Verwaltung größere Veränderungen im Handeln ergeben
    haben. Genauer: Macht man tatsächlich alles, um den Prozess der kommunalen Kitainvestitionen zu verbessern?
     
    Klar, es wurde das Projekt der 13 /12 „Leipzig Kitas“ mit unserer Unterstützung auf den Weg gebracht. Aber gleichzeitig ist hier in der Vorlage zu lesen, dass wir mindestens 8 kommunale Einrichtungen mittels Erbbaupacht an Dritte vergeben. Derartige Projekte, meine Damen und Herren, sind unter finanziellen Gesichtspunkten und u. a. aus der kommunalen Steuerungsfunktion noch schwerer für den Haushalt zu verdauen wie die Anmietung von Kitas durch die Stadt über 25 Jahre.                                    
     
     Darüber hinaus stellen wir infrage, ob tatsächlich das Amt für Jugend, Familie und Bildung für den Komplex der Anmietung federführend sein sollte. In den meisten Kommunen der Bundesrepublik trägt dafür  das Baudezernat die Hauptverantwortung. Meine Damen und Herren folgende Punkte halten wir bei den sogenannten Kitaanmietungen auch für sehr kritisch:
  1. keine effektive Kostenkontrolle bei Kitainvestitionen Dritter mit wahrscheinlich erheblichen Nachteilen für den Mietzins bzw. mit Kosten der Stadt,
     
  2. auch die Mitsprache, Mitentscheidung und Transparenz (siehe vorliegende DS) für den Stadtrat ist problematisch und ausbaufähig.
                                                                                                 
  3. und: Die gesetzlich fixierte Vergleichsrechnung    zwischen Anmietung/Erbaupachtverträgen vs. Eigeninvestition – wie von uns bereits Anfang 2014 gefordert – liegt bis auf eine Ausnahme immer noch nicht vor.
     
    Meine Damen und Herren, außer Frage steht, dass ein von der Stadt angefragter und direkt bzw. indirekt beauftragter Freier Träger bzw. Investor auch Geld verdienen muss.
     
    Wir fordern aber, um die Haushalte der nächsten 2,5 Jahrzehnte nicht stärker zu belasten, dass wir in viel stärkerem Maße künftig die erheblichen „Rendite“ selbst bzw. über unsere Beteiligungen sichern müssen. 
                                                                                                         
    Dass dies gut funktionieren kann, zeigen die meisten größeren Städte der Bundesrepublik u. a. in Dresden und Bielefeld. Dort investieren überwiegend der Eigenbetrieb bzw. das Beteiligungsunternehmen in die Kitas. Diesen Weg sollten wir in ähnlicher Art und Weise dringend über den jetzigen Beschlussentwurf  hinaus beschreiten.

Rede zur Vorlage DS 06076 "Sammelvorlage Kita-Investitionen und Folgekosten 2019/20 ff.".