Es regiert das Prinzip Hoffnung!

Dr. Lothar Tippach

„Die deutschen Städte und Gemeinden befinden sich in der schlimmsten finanziellen Krise seit der Gründung der Bundesrepublik. Sie sind empört darüber, wie sie in dieser Situation von Bund und Ländern hingehalten und vertröstet werden. Damit muss endlich Schluss sein.“ , so wurde auf der außerordentlichen Hauptversammlung des Deutschen Städtetags im Berliner Appell eingeschätzt und gefordert.

„Die deutschen Städte und Gemeinden befinden sich in der schlimmsten finanziellen Krise seit der Gründung der Bundesrepublik. Sie sind empört darüber, wie sie in dieser Situation von Bund und Ländern hingehalten und vertröstet werden. Damit muss endlich Schluss sein.“ , so wurde auf der außerordentlichen Hauptversammlung des Deutschen Städtetags im Berliner Appell eingeschätzt und gefordert. Für diese Krise der Kommunalen Selbstverwaltung sind der durch den Gesetzgeber in Bund und Land verursachte Substanzverlust der städtischen Einnahmen sowie die Zunahme der zugewiesenen Aufgaben- und Finanzierungslasten verantwortlich.
Die Kommunen brauchen eine nachhaltige Stärkung ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit, d. h. eine nachhaltige Verbesserung ihrer Einnahmesituation und eine Aufgaben- und Ausgabenentlastung zum 1. Januar 2004. Hoffnungen keimten als die Gemeindefinanzreformkommission nach langem Hin und Her ihre Arbeit aufnahm. Das jetzige Ergebnis lässt vermuten, dass die Kommunen einschließlich der Wirkungen einer vorgezogenen Steuerreform auf die Einnahmesituation der Kommunen nicht besser, sondern es ist wahrscheinlicher, schlechter gestellt werden, als vor der vollmundig angekündigten Entlastung der Kommunen. So viel zum Versprechen der rot-grünen Koalitionsvereinbarung, die Kommunalfinanzen zu ordnen. Hinzu kommt, dass der Freistaat über eine Änderung des Gesetzes über den kommunalen Finanzausgleich beabsichtigt, bei den Kommunen Bundesmittel, die für die Entlastung der Kommunen bestimmt sind, abzukassieren. Wir fordern die konsequente Einhaltung des Konnexitätsprinzips, insbesondere verbesserte Mitwirkungsrechte der Kommunen bei der Aufgabenübertragung. Wie sehr begründet diese Forderung ist, zeigt die Antwort auf eine Anfrage der CDU-Stadtratsfraktion zur finanziellen Entlastung der Kommunen. Darin wird ausgeführt, dass durch das geplante Verwaltungsmodernisierungsgesetz des Freistaats weitere Aufgaben auf die Kommunen übertragen werden sollen, die zu einer Mehrbelastung führen, und ich zitiere, „die erfahrungsgemäß nicht vollständig durch einen Mehrbelastungsausgleich … refinanziert werden können.“ Der städtische Haushaltsplanentwurf 2004 spiegelt all die sich daraus ergebenden Konsequenzen auf die Lebensumstände der Bürgerinnen und Bürger wider. Entscheidungsspielräume werden immer geringer. Er ist gekennzeichnet durch einen weiteren Rückgang der Investitionen, massivste Einschnitte in die Leistungen der Daseinsvorsorge, Reduzierung des Leistungsangebots in den Kindertagesstätten, Schließung von kommunalen Einrichtungen, wie Schulen, Bibliotheken, Schwimmhallen, Personalabbau und damit in Verbindung stehende Minderung des Dienstleistungsangebots. Die dauerhafte finanzielle Leistungskraft der Stadt Leipzig ist nicht mehr vorhanden. All das geht zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger sowie der regionalen Wirtschaft. Eine Anmerkung zu den Einnahmen. Bekanntlich haben wir einer zeitbegrenzten Anhebung der Hebesätze für Gewerbe- und Grundsteuer im Nachtragshaushalt zugestimmt. Die Zustimmung wurde auf Antrag der PDS auf maximal drei Jahre begrenzt. Mit jedem Haushaltsplan muss zudem nachgewiesen werden, ob und wie die Hebesätze zurückgeführt werden. Das steht für den Haushaltsplanentwurf 2004 noch aus. Wir erinnern nicht nur schlechthin daran, sondern wollen damit deutlich machen, dass diese Beschlussfassung für uns wesentlich bleibt und keine Alibifunktion hat.

Gibt der Haushalt Antworten auf die drängenden alltäglichen Probleme der Stadt? Und wie werden die vorhandenen Entscheidungsspielräume genutzt?
Mit großer Besorgnis stellen wir eine zunehmende „Festivalisierung der Stadtpolitik“ fest. Richtig ist, dass sich die Stadt hohe Ziele geben muss, um langfristig voranzukommen. Wenn jedoch die Verwaltungsspitze den Blick für den Alltag zunehmend verliert, verbreitet sich der Eindruck von Realitätsferne, Verunsicherung, Flickschusterei usf. Was heute richtig ist, gilt morgen nicht mehr.

Wir halten es in diesem Zusammenhang für einen grundsätzlichen Mangel, dass die Stadt Leipzig über kein breit diskutiertes Leitbild für die Stadt verfügt, mit denen sich die Bürgerinnen und Bürger identifizieren. Dieses Problem ist u.a. mit der in der Ratsversammlung im Januar 2004 zur Beschlussfassung stehenden Vorlage „Strategische Kommunalpolitik für die Haushaltsplanung bis 2006“ noch zu diskutieren. Allerdings wurden die inhaltlichen Ansätze dieser Strategie bereits der Haushaltsplanung 2004 zugrunde gelegt. Deshalb einige Gedanken. Für eine breite Verunsicherung hat beispielsweise die von Ihnen, Herr Oberbürgermeister, vertretene These gesorgt, dass das Ziel „Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit“ nachrangig der „Förderung der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger“ sei.. Damit wurde der Eindruck vermittelt, als ob es Zielstellung der Stadt sei, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit zu Lasten der Sicherung und Entwicklung der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger zu entwickeln. Völlig verkannt wird damit, dass eine hohe Lebensqualität selbst im großen Maße für ansiedlunsgwillige Investoren, junge Familien, die nach Leipzig übersiedeln wollen, und auch Studenten, die einen Studienplatz in Leipzig belegen, ein wesentliches Entscheidungskriterium ist. Nach dieser Logik müssten junge Familien von Leipzig weggehen, und nach einer bestimmten Zeit zurückkommen, um förderungswürdig zu sein. Sicherlich ist das nicht gewollt, aber das ist die Logik des Denkansatzes. Für uns bleibt die Bürgerschaft Hauptakteur, Hauptzielgruppe und Hauptpartner unseres kommunalpolitischen Wirkens. Das Fehlen eines solchen Leitbilds hat Auswirkungen auf die Kontinuität von Kommunalpolitik. Nur auf dieser Grundlage lassen sich nachvollziehbar Prioritäten und Nachrangigkeiten in der Kommunalpolitik bestimmen. In den vergangenen Monaten wurde durch die Stadtverwaltung eine Reihe von Grundsatzvorlagen zu diesem Thema in die öffentliche Diskussion gegeben. Zur Strategie und auch zum Organisations- und Personalentwicklungskonzept wird im Stadtrat noch zu beraten sein. Wir wollen ausdrücklich unterstützen, dass damit die Diskussion zu grundlegenden Fragen der Kommunalpolitik angestoßen worden ist, die immer wieder, auch von uns gefordert wurde, z. B. zum Personalentwicklungskonzept. Das ist festzuhalten, auch wenn wir Auffassungsunterschiede zu den Vorgehensweisen haben. So kritisieren wir am Personalentwicklungskonzept, dass der Personalbedarf nicht aus aufgabenkritischen Betrachtungen heraus entwickelt wurde, sondern für die Personalentwicklung ein fiskalischer Ansatz gewählt worden ist. Das ist für uns der falsche Ansatz. Wir werden die Diskussion dazu in der Ratsversammlung im Dezember führen.

Näher betrachtet werden sollen in der Folge ausgewählte kommunalpolitische Schwerpunkte.
Erstrangiger kommunal- und damit haushaltspolitischer Schwerpunkt ist die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik. Nicht nur, dass Leipzig einen sächsischen Spitzenplatz in der Höhe der Arbeitslosenquote und dem Anteil an Sozialhilfeempfängern einnimmt. Nach einer dpa-Meldung vom 17. November 2003 hat der Regierungsbezirk Leipzig gemeinsam mit drei anderen ostdeutschen Regionen 2002 einen EU-weiten Spitzenplatz eingenommen und dabei die Quoten der am schlechtesten platzierten Regionen in den Beitrittsländern übertroffen.
Die negative Entwicklung scheint sich zu verstetigen. Vor diesem Hintergrund hatte die PDS- Fraktion schon im März beantragt, der Oberbürgermeister möge im Stadtrat halbjährlich " über die beschäftigungspolitischen Aktivitäten der Stadt Leipzig und deren Ergebnisse " berichten. Nach mehrfacher Verschiebung liegt uns heute ein Informationsbericht vor. Ich entnehme dem Bericht: Entgegen den ursprünglichen Planungen, die von 5.100 geförderten Personen ausgingen, wurden per 31.8. lediglich ca. 3.300 im Durchschnitt gefördert. Dabei waren die 5 100 zu fördernden Personen schon eine Mindestgröße. In diesem Zusammenhang wird wiederholt auf die geringen Handlungsmöglichkeiten der Stadtverwaltung und die gesetzlichen Rahmenbedingungen verwiesen. Die Möglichkeiten kommunaler Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik sind beschränkt. Dennoch lässt sich einiges tun. Die arbeitsmarktpolitische Hauptverantwortung liegt in Brüssel, Berlin und Dresden. Aber eine Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, die sich an den Interessen und Bedürfnissen von Menschen und der Umwelt orientiert, ist auf das aktive Engagement möglichst vieler Akteure vor Ort angewiesen. Die Kommunen spielen dabei eine wichtige Rolle. Das setzt voraus, dass auf Basis klarer konzeptioneller wirtschafts- und beschäftigungspolitischer Aussagen gearbeitet wird.

Ein Beispiel für die Fehlwirkung von Konzepten sind die Hartz-Konzepte, an denen Sie, Herr Oberbürgermeister, bekanntlich verantwortlich mitgearbeitet haben. Hinzu kamen vorauseilender Gehorsam, wenn an die für die Ratsversammlung am 11.11.2002 eingebrachten Vorlagen zur Umsetzung des Hartz-Konzeptes erinnert werden darf. Nehmen wir Hartz I und II, dann wird durch die Stadtverwaltung selbst zur Begründung des Mehrbedarfs in der Sozialhilfe und Mindereinnahme in der Grundsicherung im Haushaltsjahr 2003 festgestellt, dass die eingeplanten Entlastungseffekte bisher nicht eingetreten sind (Sonderprogramm „Jump Plus und Arbeit für Langzeitarbeitslose“, Personalserviceagenturen). Ich zitiere: “Im Gegenteil die Veränderungen in den Anforderungen an AB-Maßnahmen und die konsequente Umsetzung der Hartz I und II-Gesetzgebung führten zwar statistisch zu einer Verringerung der Zahl der registrierten Arbeitslosen beim Arbeitsamt, erhöhten jedoch die Zahl der Hilfebedürftigen, die zumindest zeitweise Leistungen der Sozialhilfe beziehen.“ Also ein Verschiebebahnhof. Hartz IV lässt grüßen und manches in dieser Richtung noch erwarten. Soviel zur Agenda 2010. All das ist unmittelbar mit einem weiteren Sinken der Binnennachfrage mit den Negativwirkungen auf die regional verankerten Branchen verbunden.
Wir erwarten keine vollmundigen Erklärungen, sondern dass eine solide intelligente, aktive Arbeitsmarktpolitik im Haushaltsjahr 2004 unter sich weiter verschlechternden Rahmenbedingungen betrieben wird. Wohin mehr oder minder konzeptionsloses Agieren führt, hat der Bericht des Zeitweiligen beratenden Ausschuss bfb gezeigt.

Ein zweiter Schwerpunkt ist die Kinder- und Jugendpolitik.Ausgehend von den 10 Empfehlungen für die Kinder- und Jugendhilfe im 21. Jahrhundert, wie sie im 11. Kinder- und Jugendbericht formuliert wurden, sollen zwei Empfehlungen hervorgehoben werden, die für die PDS-Fraktion Grundlage für die Haushaltsplanung sind:

1. Alle in Deutschland lebenden Kinder und Jugendlichen haben ein Recht auf umfassende Teilhabe an den sozialen, ökonomischen, ökologischen und kulturelle Ressourcen der Gesellschaft.

2. Politik hat nicht nur die Aufgabe, gesetzliche Aufträge zu formulieren, sondern ebenso die Pflicht, die erforderlichen Voraussetzungen für die Umsetzung der gesetzlichen Aufträge zu schaffen. Es muss der Grundsatz gelten, dass die Ausgaben den Aufgaben zu folgen haben. Dieser Grundsatz gilt sowohl zwischen Bund und Ländern wie auch zwischen Ländern und Kommunen, aber auch zwischen kommunalen Vertretungskörperschaften und öffentlichen und freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe.

Wir lehnen die Einführung von Zugangskriterien und die Verkürzung der Regelbetreuungszeit um drei Stunden in den Kitas der Stadt Leipzig ab und kritisieren die Vorgehensweise. Ein entsprechender Antrag wurde von uns gestellt. Sie ist ein Beispiel, wie mit der Zukunftsfähigkeit der Stadt umgegangen wird und für ein plan- und kopfloses Agieren. In Talkshows wird, wie am vergangenen Sonntag bei Frau Christiansen, mit Bezug auf PISA die Forderung erhoben, dass Kindertagesstätten keine Aufbewahrungsanstalten sein sollen. Die Praxis sieht anders aus oder soll anders aussehen. Auch wenn die Vorlage zurückgezogen worden ist, bleibt das Problem. Hinzu kommt der grenzenlose Populismus der CDU. Die Sozialministerin fordert unisono mit der stellvertretenden Landesvorsitzenden und der Leipziger Jungen Union die Verwaltung auf, Krippen- und Hortbetreuung bedarfsgerecht zu ermöglichen und die Betreuungszeiten in den Kindergärten so zu gestalten, dass der Bildungs- und Erziehungsauftrag erfüllt werden kann. Gleichzeitig wird abgelehnt, den Kommunen klare Vorgaben per Gesetz zu machen, denn, dann müsste man auch die Kosten dafür übernehmen. Da fällt das spanische Sprichwort ein: Mit dem Geld aus anderen Taschen ist leicht zahlen.Für die Sanierung der 201 Kindertagesstätten in Leipzig stehen lediglich eine Million Euro im Vermögenshaushalt zur Verfügung. 6 bis 8 Millionen jedes Jahr wären erforderlich, um die Kindertagesstätten mittelfristig instand zu setzen. Wir haben die Erhöhung der Mittel für Sanierungsmaßnahmen in den KITA`s beantragt.

„Zukunft braucht Schule“ hieß die Elterinitiative, die per Volksentscheid eine Veränderung in der sächsischen Schullandschaft erreichen wollte. Nunmehr stehen wiederum Schulschließungen an. Damit wird deutlich: Das Problem Schulschließung wird uns weiter über Jahre beschäftigen, da Stadtverwaltung und Landesregierung hier Einsparquellen sehen. Der eine bei Betriebskosten und Personalkosten für Hausmeister, Schulsekretärinnen und Horterzieher, der andere bei Personalkosten der Lehrer. Diese kurzsichtige fiskalische Betrachtung von Bildungserfordernissen hat Deutschland bereits ein PISA beschert. Ja, „Zukunft braucht Schule“.
Wir lehnen aus inhaltlichen Gründen weitere Schulschließungen ab. Auch hier ist planloses Agieren erkennbar. Statt kreativem Suchen nach Alternativen wird der einfache Weg gegangen. Hinzu kommt, dass Haushaltsmittel verschwendet werden. Exemplarisch hierfür ist die Umgestaltung des Schulhofes im Klingergymnasium im vergangenen Jahr. Wir kritisierten den Einsatz von 500 T € als überzogen. Begründet wurde die Art und Weise der Umgestaltung vor allem auch mit der inhaltlichen Ausrichtung des Gymnasiums. Jetzt soll es geschlossen werden.

Wiederum sollen die Zuschussmittel für Vereine und Verbände gekürzt werden. Erst werden Aufgaben an freie Träger gegeben und dann lässt man sie hängen. Das scheint die Logik zu sein.
Beispielhaft hierfür soll der Jugendhilfebereich stehen.Die Kürzung der Zuschüsse an Vereine und Verbände (mehr als 10 %) trägt dazu bei, dass der Jugendhilfeplan, im vergangenen Jahr vom Stadtrat beschlossen, nicht umgesetzt werden kann. Es wird zur Streichung von Maßnahmen und Projekten kommen, die im Bedarfsplan als erforderlich ausgewiesen sind. Auf dem Tisch des Jugendhilfeausschusses liegt eine Schließliste, wie es sie in den vergangenen 13 Jahren nicht gegeben hat. Zahlreiche Einrichtungen und Dienste im Bereich der freien Träger der Jugendhilfe stehen zur Disposition. Darunter mehrere offene Treffs, eine Beratungsstelle und andere. Die Jugendkulturzentren, wie Haus Steinstraße, Werk II, KAOS e. V. u. a., werden so stark gekürzt, dass die Arbeitsfähigkeit äußerst gefährdet ist.

Gerade die wachsenden Sozialhilfezahlen belegen, dass Leipzig durch den Freistaat benachteiligt wird. Nicht zum ersten Mal mahnen wir den Oberbürgermeister, sich beim Freistaat endlich für eine Korrektur des gegenwärtig bestehenden Soziallastenausgleichs stark zu machen. Hinzu kommen die Gelder für die Umlage zum Landeswohlfahrtverband. Ebenso sind wir strikt gegen die Überführung der kommunalen Schwangerschaftsberatung in freie Trägerschaft, nur weil diese widerrechtlich nicht durch den Freistaat gefördert wird.

Das Jahr 2003 war im Kulturbereich entscheidend geprägt durch den Einsatz der Fraktion zur ungekürzten Erhaltung der Zuschüsse an Vereine und Verbände. Dieses Engagement sowohl für die „Soziokultur“, wie auch für die „Freie Szene“ ist Ausdruck unserer Haltung zu diesem für uns wichtigen Teil der Leipziger Kulturszene. Wir wollen nicht zusehen, wie das kulturelle und soziokulturelle Leben, das die Bürgerkultur unserer Stadt im Wesentlichen mitbestimmt, systematisch „ausgetrocknet“ wird. Diese Gefahr ist angesichts der weiteren Kürzungen, die der Haushaltsentwurf vorsieht, real. Und das eben deshalb, weil wir der Möglichkeit zu bezahlbarer aktiver künstlerischer Betätigung und Verwirklichung der Bürgerinnen und Bürger sowie Gäste unserer Stadt genauso viel Bedeutung beimessen, wie der Möglichkeit des erschwinglichen Kunstgenusses im Bereich der so genannten Hochkultur für die Leipzigerinnen und ihrer Gäste.

Ein spezifisches Thema ist das Naturkundemuseum. Wir geben uns keinesfalls damit zufrieden, dass diesem Museum mit seinem wichtigen Bildungsauftrag ein Tod auf Raten verordnet werden soll. Wir verlangen gemäß unseres Antrags eine Entwicklungskonzeption für dieses Museum.
Hinsichtlich der Bibliotheken erwarten wir vom Bibliotheksentwicklungskonzept eine Stärkung der Bibliotheken als wichtige Bildungseinrichtungen und keine Schwächung. Wir sehen die Schließung von Stadtteilbibliotheken kritisch. Sie gehören zu den kulturellen Mittelpunkten in den Stadtteilen.

Stadtumbau muss immer auch zukunftsgerichtete Stadterneuerung einschließen. Er muss eng mit dem Konzept der Olympiabewerbung, der kompakten Spiele in der Stadt, verknüpft werden. Leipzigs Chancen gegen die großen Metropolen als Mitbewerber bestehen gerade darin, dass die Spiele inmitten einer lebenswerten Stadt stattfinden. Eine intakte und erneuerte Infrastruktur gehört ebenso, wie die finanzielle Ausstattung zur Betreibung dazu.Stadterneuerung muss nicht nur für die Menschen, sondern vor allem mit ihnen gestaltet werden. Die derzeitige Förderpolitik des Freistaates ist kontraproduktiv und gegen die Wohnungsunternehmen sowie die Mieter im Freistaat gerichtet.
Die einfache Reproduktion der Straßen in Leipzig ist nicht mehr gegeben. Im Haushalt finden wir zwar 1,7 Mio. € auf der Einnahmenseite für Ausbaubeiträge, aber ein Äquivalent an Ausgaben finden wir nicht. Es verstärkt sich die Tendenz, dass über die Ausbaubeitragssatzung die Kosten immer mehr auf die Bürger umgelegt werden.

Ein Wort zu Olympia.
Die PDS-Fraktion hält an ihrer Zustimmung zu Olympia fest und sieht nach wie vor in Olympia eine große Entwicklungschance für die Stadt und Region Leipzig. Diese Chance darf nicht leichtfertig verspielt werden, wie die Ereignisse der letzten Wochen gezeigt haben. Wir haben im Interesse der Olympiabewerbung eine zeitnahe transparente lückenlose Aufklärung aller Vorwürfe, einschließlich der Klärung der Verantwortlichkeiten, gefordert. Das sind wir alle den zehntausenden von Bürgerinnen und Bürgern schuldig, die am 12. April den Sieg in der nationalen Bewerbung gefeiert haben. Wir haben uns an politischen Schlammschlachten nicht beteiligt und das wird auch so bleiben. Olympia gehört den Bürgerinnen und Bürgern und nicht profilierungssüchtigen Politikern und Funktionären. Die gestrige Aufsichtsratssitzung lässt hoffen, dass jetzt ein neuer Schwung geholt wird, um eine erfolgreiche Olympiabewerbung zu erreichen.
Im Blick nach vorn will ich einige Problemkreise ansprechen, die im Zusammenhang mit dem Haushalt stehen.Die Risiken, vor allem die finanziellen, müssen deutlich überschaubar und vertretbar sein. Das entsprechend des neuen Bewerbungskonzeptes überarbeitete Finanzkonzept muss darüber Aufschluss geben.
Olympia muss zur nationalen Aufgabe und Herausforderung werden. Deshalb ist es dringend geboten, dass der lange angekündigte Olympiagipfel noch in diesem Jahr stattfindet. Ein Hauptschwerpunkt muss die Finanzierung sein. Wir begrüßen im Kern sehr das Sofortprogramm in Höhe von 220 Mio. €. Damit werden in der Region und Stadt Arbeitsplätze erhalten und die technische Infrastruktur verbessert. Sehen es jedoch als großes Problem an, wenn die Finanzierung der Olympiabewerbung von Bund und Land den allgemeinen Förderbedingungen folgt. Auf eine Anfrage der PDS-Fraktion im sächsischen Landtag zur Finanzierung für ein „Programm olympiabedingter Sofortmaßnahmen“ hat die Staatsregierung am 23. September geantwortet, dass „die Realisierung der Maßnahmen dabei im wesentlichen davon abhängt, in welchem Umfang die Stadt Leipzig zur Finanzierung dieser ´Sofortmaßnahmen´ Mittel zur Finanzierung des kommunalen Eigenanteils aufbringen wird.“ So wird der schwarze Peter der Stadt zugeschoben, statt nach Lösungen zu suchen, die der Olympiabewerbung als nationaler Aufgabe adäquat sind.
Wir erwarten, dass auf dem Gipfel eine Vereinbarung getroffen wird, dass für Olympia ein gemeinsamer Fonds - ein Olympiafonds - eingerichtet wird, der sich aus Mitteln des Bundes, der Länder und der Wirtschaft speist. Olympia darf sich nicht im Förderdschungel verirren und untergehen. So sehr die Bereitstellung der Mittel für das Sofortprogramm zu begrüßen ist, bleibt es dann fragwürdig, wenn im Zusammenhang mit dem Haushalt Zuschusskürzungen des Landes erfolgen, die zu Lasten der unabdingbaren Aufgaben zum Erhalt der sozialen, kulturellen und sportlichen Infrastruktur führen.
Hinzu kommt, dass die Finanzierung von Olympia die Leipziger Finanzkraft nicht überfordern darf und zu Lasten der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger geht. Es darf auch nicht der Anschein entstehen, dass Olympia alle anderen kommunalen Aufgaben überdeckt. So stehen Olympia und die beabsichtigte Schließung von Schwimmhallen, die auch als Trainingsstätten für den sportlichen Nachwuchs dringend erforderlich sind, im eklatanten Widerspruch. Wir lehnen die Schließung der Schwimmhallen ab. Das seit 2002 angekündigte Bäderkonzept liegt bis heute nicht vor. Es wird auch in diesem Jahr nicht gelingen einen sichtbaren Fortschritt bei der Sanierung wichtiger Sportstätten zu tun. Nach wie vor bleibt z. B. das Schicksal der Radrennbahn unklar. Wir fordern die Erfüllung des auf einen Antrag der PDS-Fraktion herbeigeführten Beschlusses, dass zur Radrennbahn ein entsprechendes Konzept bis zum 31. März 2003 vorgelegt werden sollte.
Wichtig bleibt für uns, auch für die Beibehaltung der großen Zustimmung zur Bewerbung, die Verbesserung der Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen und Verbänden. Ortsansässige Vereine und Verbände, Initiativen und interessierte Bürgerinnen und Bürger haben uns gegenüber oft beklagt, dass sie sich von den olympischen Planungen und Entscheidungen ausgegrenzt fühlen.

Wieder einmal hat es die Stadtverwaltung fertig gebracht, gegen die Sächsische Gemeindeordnung und eigene Festlegungen zu verstoßen, indem sie den Ortschaften keine ortsteilbezogenen Haushaltansätze übergab. Damit werden die Ortschaftsräte ihres Rechtes beraubt, bei der Aufstellung der ortsteilbezogenen Haushaltsansätze gehört zu werden und danach eigene Entscheidungen zu treffen.

Abschließend wollen wir wie in jedem Jahr die Gelegenheit nutzen, uns bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung zu bedanken, dass es bei einer ungleich schwierigeren Ausgangssituation gelungen ist einen Planentwurf so vorzulegen, dass der Haushaltsplan noch in diesem Jahr beschlossen werden kann. Keine Selbstverständlichkeit!

Dank auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung, der Eigenbetriebe und städtischen Gesellschaften für ihr großes Engagement in diesem Jahre.