Ein Bildungs- und Bürgerzentrum für Grünau etablieren

Dr. Ilse Lauter

Im Jahr 2015 gab es schon eine Vorlage zum Thema (683/14), die damals noch auf den Prinzipien des Stadtumbaus bzw. gezielten Rückbaus beruhte. Verwaltung favorisierte damals die Einmietung in das Alleecenter und die Aufgabe und anschließende Veräußerung der drei Bibliotheksstandorte.

Einige Änderungsanträge und drei Jahre später haben wir den neuen Vorschlag auf dem Tisch. Inzwischen hat sich die Situation in Grünau geändert. Die Trendwende von der Schrumpfung zum Wachstum füllt auch die ehemaligen Abrissgebiete – sprich Stadtumbaugürtel – wieder. Statt über Abriss wird nun über Wiederaufbau teilweise auf denselben Flächen diskutiert sowie über die Nachverdichtung Grünaus durch Einfamilienhäuser.

Wachstum und Verdichtung in Grünau haben sicherlich nicht nur positive Folgen. Die Punkthochhäuser in der Stuttgarter Allee sind dabei ein sozialer Schwerpunkt, dem sich auch die LWB stellen muss.

Gerade angesichts seiner besonderen Lage halten wir es für gut, im Grünauer Stadtteilzentrum ein eigenes Bildungs- und Bürgerzentrum mit vielfältiger Nutzung zu etablieren.

Also in Grünau alles im grünen Bereich?

Ganz so ist es leider nicht.

Die Abwägung dezentraler und zentraler Angebote bei Betrachtung der finanziellen Machbarkeit umfasst auch die Abwägung diverser Vor- und Nachteilen. Umfangreiches modernes zentrales Bibliotheksangebot versus kurze Wege für kurze Beine – da müssen konstruktive Lösungen gemeinsam mit den betroffenen Bildungseinrichtungen gefunden werden. Deshalb unterstützen wir den Änderungsantrag der SPD, den wir als Ergänzung zu unserem eigenen Änderungsantrag betrachten.

Den Plan, die beiden freiwerdenden Bibliotheken zu verkaufen, halten wir für falsch, gerade weil in den Randlagen Grünau der Bedarf an soziokulturellen Angeboten wächst und deshalb solche Angebote entwickelt werden müssen. Und die kommunalen Grundstücke sind einfach zu schade, um nur als Finanzierungsmittel des Bildungs- und Bürgerzentrums zu dienen. Wir geben kommunales Eigentum im WK VII und VIII aus der Hand, um vielleicht später an derselben Stelle jahrzehntelang Miete zu zahlen. Das hat sich nicht bewährt.

Daher sieht unser Änderungsantrag 4 vor, dass die freiwerdenden Bestandsgebäude nicht veräußert werden.  Für ebenso problematisch halten wir die Tatsache, dass die derzeitigen Mieter der Bibliotheken bisher nicht in die Entscheidungen über ihre Zukunft einbezogen wurden. In der Vorlage ist dazu formuliert:

„Das Liegenschaftsamt wird rechtzeitig Kontakt zu den ggf. betroffenen Mietparteien aufnehmen." (S.10)

Offenbar ist es nicht gelungen, den richtigen Zeitpunkt zu bestimmen.

Wenn Betroffene von ihrem Schicksal mal wieder aus der Zeitung erfahren, ist das nicht nur schlechter Stil, es schadet ernsthaft dem Klima im Stadtteil. Zorn und Unmut richten sich dann nicht gegen die Verantwortlichen, sondern gegen ehrenamtliche Lokalpolitiker und „die Politik“ im Allgemeinen, mit den entsprechenden Folgen.

Hier muss sich Verwaltung ihrer Verantwortung stellen. Es kann ja wohl nicht sein, dass zwar die Bildungs- und Bibliotheksangebote besser werden, dafür aber die zahnärztliche Betreuung ganzer Schulen und Kitas einzubrechen droht, mehrere tausend Bürgerinnen und Bürger ihren Friseur um die Ecke verlieren und sowohl Zahnarztpraxis als auch Friseursalon sich in ihrer Existenz bedroht sehen.

Entsprechende Schreiben der Betroffenen sind Ihnen allen zugegangen, sehr verehrte Stadträte. Hier muss unbedingt nachgesteuert werden. Deshalb fordern wir in unserem Änderungsantrag, die Interessen der Bestandsmieter zu berücksichtigen. Das halten wir für zielführender als die Änderungsanträge von CDU und AfD, die die Prozesse deutlich nach hinten schieben würden.

Zu einem weiteren Problem:

Die in der Vorlage aufgezeigten Flächen laut Raumprogramm (S. 3 von 14) haben aus meiner Sicht einen Nachteil: Sie sind unvollständig. Die in der Anlage erfassten Raumbedarfe (S. 13 von 14) sehen für Besucherinnen und Besucher jeweils 10 qm für Sanitärräume vor – wohlgemerkt im gesamten Gebäude. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist gleich gar kein WC vorgesehen. Auch eine Teeküche für Veranstaltungen – Stichwort Volkshochschulkurse -  fehlt in den Berechnungen. Hier muss im Zuge der Planungen unbedingt nachgebessert werden.

Der Vollständigkeit halbe möchte ich noch erwähnen, dass wir den ersten Teil unseres ÄA – nämlich die geänderte Zeitschiene – zurückgezogen hatten.

Sehr geehrte Damen und Herren, alles in allem tragen wir das Vorhaben mit, bei Berücksichtigung unserer Änderungswünsche.

Rede zur Drucksache DS 04591  „Grundsatzbeschluss Bildungs- und Bürgerzentrum Grünau".