Die Bürger erwarten nichts ungewöhnliches, nur Wasser für ihre Dorfteiche

William Grosser

Zurecht erwarten Leipziger Bürger in Hohenheida von uns Stadträten Hilfe in einer Sache, die unser Staat, nicht nur in diesem Ortsteil, grundsätzlich durch rechtliche Spitzfindigkeiten der Bürokratie gründlich vergeigt hat.

Die Bürger erwarten nichts ungewöhnliches, nur Wasser für ihre Dorfteiche.

Jahrhundertelang hat das System der Oberflächenentwässerung und die Bereitstellung von Löschwasser aus Dorfweihern funktioniert - sogar in der DDR-Zeit!

Was hat also das System so durcheinandergebracht?

Schon meine Mutter meinte seinerzeit immer wieder: „Geteilte Verantwortung ist keine Verantwortung!“ Und sie hatte Recht!

Mit dem Zerreißen der Verantwortung über die einzelnen Wassersysteme eines Gemeinwesens nach 1990 machte sich, bedingt auch durch den einhergehenden finanziellen Druck, eine recht chaotische Praxis breit. Es wurde ein Popanz aufgebaut, der die Wirtschaftlichkeit kommunaler Aufgaben viel höher bewertet als die Pflicht des Gemeinwesens zur öffentlichen Daseinsvorsorge – koste es was es wolle.

Jetzt werden Oberflächenwassersysteme, die früher durch die Kommune komplett und komplex gepflegt wurden, eingeteilt in stehende Gewässer (Teiche), in Fließgewässer (Bäche und Senken), in straßeneigene Anlagen (Straßengräben) oder in öffentlichen Abwasseranlagen (Niederschlagswassergräben.

Früher waren es einfach Gräben oder Teiche der Gemeinde, die allesamt und zusammen der Wasserbewirtschaftung dienten.

Die Verantwortung für die Unterhaltungdieser Systeme ist entsprechend auch geteilt:

Fließgewässer und stehenden Gewässer in der Größe unterliegen der Kommune, bei uns dem Amt für Stadtgrün und Gewässer. Straßengräben sind Teil der Straße. Unterhaltspflichtig ist der Eigentümer der Straße: Kommune, Freistaat oder Bund. Im Fall Hohenheida ist es das Leipziger Verkehrs- und Tiefbauamt. Die Umsetzung ihrer Abwasserbeseitigungspflicht und die Unterhaltung der Niederschlagswassergräben hat die Stadt Leipzig wiederum den Leipziger Wasserwerken übertragen.

Systemkomplexe Lösungsansätze werden durch die unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Akteure konterkariert. Keiner der Akteure hat auskömmliche finanzielle Mittel um alles zum Guten zu drehen. Deshalb versucht man u. a. Verantwortlichkeiten zu bestreiten, indem man zum Beispiel die Definition der Aufgabe des jeweiligen Oberflächenwassersysteme in Zweifel zieht.

Bis 1990 war alles in einer Hand. Bis dahin hatten die Gemeinden, oder in der DDR-Zeit die zentralisierten WAB-Betriebe, die Verantwortung komplett.

Der Klimawandel, die Sommertrockenheit 2018 werden als Begrünung für das Trockenfallen der Teiche herangezogen. Da ist was dran, allerdings ist aus meiner Sicht der Klimawandel noch nicht ursächlich. Der Fehler liegt im System. Unsere Stadt hat diesen strukturellen Fehler zwar nicht zu verantworten, muss aber die Folgen tragen, wenn sie ihrer öffentlichen Daseinsvorsorgepflicht entsprechen will.

Um so mehr bin ich gespannt, wie die Stadt Leipzig es schaffen wird, diesen Systemfehler lokal zu beseitigen oder wenigstens auszugleichen.

Na ja, ich werde mich zwar nun nicht mehr unmittelbar als Stadtrat für eine Lösung einsetzen können aber ich werde von draußen schauen, wie sie das schafft. Ich will sehen, dass endlich stadtpolitisch wieder Komplexitäten berücksichtigt und reale Zusammenhänge beachtet werden.

Insofern begrüßen ich den Alternativvorschlag der Verwaltung (VI-A-05886-VSP-01) und erwarte, dass bis Ende des zweiten Quartals 2019 nicht nur das Ergebnis der Prüfung zur kostenlosen Einleitung von Regenwasser in die Teiche vorgelegt wird, sondern eine Lösung.

Ich denke, dass eine Neuorganisation des komplexen Problems eine machbare Herausforderung der nächsten fünf Jahre sein sollte. Es wäre auch einmal ein Thema des Städtetages, Herr Oberbürgermeister.

Ich werde sowohl dem Antrag des Ortschaftsrates als auch dem Verwaltungsstandpunkt zustimmen. Meine Fraktion DIE LINKE stimmt dem Verwaltungsvorschlag zu.

Rede zum Antrag des OR Seehausen A 05886 „Kostenlose Einleitung von Regenwasser für die Grundstückseigentümer von Hohenheida in den Rühler -, Kirch- und Sperlingsteich.“