Das Thema Kinderbetreuung ist für viele Menschen in unserer Stadt ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt ihres Alltags

William Rambow

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Beigeordnete, liebe Zusehende,

 

Eigentlich bin ich befangen bei diesem Thema. Denn es geht um die Kita meines Sohnes, sie soll geschlossen werden. Ende letzten Jahres war das Jugendamt bei der Kita-Leitung zu Gast und hat mitgeteilt, dass der Mietvertrag der Kita – die in einem städtischen Gebäude eingemietet ist – Ende 2024 ausläuft und nicht verlängert werden soll.

Da ist man schon erstmal schockiert als Eltern, wenn man sich wenige Wochen nach dem Ende der Eingewöhnung plötzlich wieder Gedanken über die Kita-Suche machen muss. Es kommen Fragen auf: Soll man um die Kita kämpfen? Oder lieber gleich eine neue Einrichtung suchen? Was passiert mit den Erzieherinnen, die das Kind so liebgewonnen hat? Was machen die Freundinnen und Freunde aus der Gruppe?

Das Thema Kita ist nicht irgendein Thema. Es ist für viele Menschen in unserer Stadt ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt ihres Alltags. Es ist ein höchst emotionales Thema. Schließlich legen wir Eltern für fünf Tage die Woche für sechs, neun oder gar zehn Stunden unser volles Vertrauen in unsere Kita und die Erzieherinnen und Erzieher, indem wir unsere Kinder in ihre Obhut geben. Die Erzieherinnen und Erzieher wiederum stecken ihr ganzes Herzblut in die Erziehung unserer Kinder.

Bei allem, was wir als Stadt Leipzig tun, müssen wir daher planvoll, transparent und rücksichtsvoll vorgehen. So überraschend, wie die sinkenden Geburtenzahlen zum Problem geworden sind – wir sollten uns keine Schnellschüsse erlauben, sondern lieber einmal länger abwägen, einmal mehr das Gespräch suchen.

Dieses planvolle Handeln, die Transparenz gegenüber dem Stadtrat, gegenüber den Trägern und vor allem gegenüber den Eltern – das habe ich in den vergangenen Wochen vermisst. Wir wissen noch immer nicht genau, wo es hingehen soll – denn das aktualisierte Kitabauprogramm und die überarbeitete Langfristplanung Kita liegen uns noch nicht vor. Wir kennen nur Ankündigungen in einzelnen Einrichtungen und das Wenige, was in dieser Bedarfsplanung steht.

Natürlich löst das Sorge bei den Trägern aus. Natürlich sorgt es für Unsicherheit bei den Eltern. Einiges ist inzwischen korrigiert worden. Der angekündigte Runde Tisch Kita ist ein richtiger Ansatz. Ich finde es auch gut, Frau Felthaus, dass sie gestern im Jugendhilfeausschuss eine große Ehrlichkeit für diesen Runden Tisch angekündigt haben. Ich denke, es ist auch richtig, dass wir mit einem gemeinsamen Änderungsantrag von Linken, Grünen und SPD die konkreten Maßnahmen aus der Begründung der Bedarfsplanung streichen und so die Diskussion dorthin verschieben, wo sie hingehört: in die Langfristplanung, in die strategische Diskussion um die Kitas in unserer Stadt. Und auch in der Kita meines Sohnes gab es nun zumindest erste konstruktive Gespräche über eine Zukunftsperspektive. Da frage ich mich nur: Warum nicht gleich so?

Ich würde mir so sehr wünschen, dass wir es mal aus dem Krisenmodus schaffen. Endlich über Qualität reden. Nicht aus dem Modus „Bauen, bauen, bauen“ direkt in den Modus „Schließen, schließen, schließen“. Ich vernehme zum Glück eine recht große Einigkeit in diesem Rat, dass wir die sinkende Auslastung unserer Kitas als Chance begreifen wollen.

Der Beschluss unseres Antrags im Dezember, in Schwerpunktgebieten den Betreuungsschlüssel zu erhöhen, ist ein erster wichtiger Ansatz. Aber wir müssen weitergehen, davon sind wir als Fraktion fest überzeugt. Es gäbe so viel zu gewinnen, wenn wir die Kitas entlasten könnten:

  • Erzieherinnen und Erzieher könnten sich stärker auf die Kinder konzentrieren, anstatt nur den Mangel verwalten zu müssen
  • Wir könnten die Ausfallzeiten für Eltern reduzieren und sie damit entlasten
  • Und vor allem könnten wir viele Probleme bei Kindern oder in Familien frühzeitig und damit viel effektiver bearbeiten.

Selbst wenn Sie das Kindeswohl ausblenden und das Ganze nur ökonomisch betrachten – ich schaue mal Richtung mitte-rechts – lohnt die Investition. Was sie jetzt in die Kitas investieren, werden sie in 30, 40 Jahren bei anderen Hilfeleistungen um ein Vielfaches einsparen.

Natürlich braucht es die Unterstützung vom Land. Es wird unsere gemeinsame Aufgabe sein, die Landesregierung auf die Versprechungen festzunageln, die in den vergangenen Wochen in der Presse gemacht wurden. Aber wir dürfen uns auch nicht darauf ausruhen. Wir investieren als Stadt viel in unsere Kitas, wir haben auch in den vergangenen Jahren einiges erreicht. Auch gegen schlechte Entscheidungen anderer Ebenen – ich sage nur Stichwort Sprach-Kitas. Und trotzdem stehen auch hier in Leipzig aller zwei Wochen Erzieherinnen und Erzieher unter dem Motto „Es donnert in den Kitas“ auf der Straße.

Die jetzige Debatte, die jetzige Situation müssen wir als Impuls verstehen, Kitas zu stärken, Erzieherinnen und Erzieher nennenswert zu entlasten und die Leipziger Kitas so zu Bollwerken gegen die Probleme unserer Zeit zu machen.

Es braucht dafür Ehrlichkeit, gute Kommunikation und die Bereitschaft von uns als Stadt – aber auch der Eltern und der Träger. So ist es gelungen, für alle Kinder einen Kita-Platz bereitzustellen: gemeinsam. Vielleicht schaffen wir es ja, aus der aktuellen Situation ein gemeinsames Bündnis für gute Kitabetreuung zu schmieden.

 

Vielen Dank!