Bitte geben Sie Ihre Rechte nicht aus der Hand! (Kopie 1)

Dr. Ilse Lauter

Kurz vor Toresschluss – so war es zumindest gedacht - beschließt die Ratsversammlung eine neue Hauptsatzung, mit der Geschäftsordnung das wichtigste Regelwerk für unser künftiges Arbeiten.

In ihr werden die Rechte und Zuständigkeiten im vielfältigen Beziehungsgeflecht OBM - Stadtverwaltung – kommunale Beteiligungen - Stadtrat – Ausschüsse – Bürgerbeteiligung gegeneinander abgewogen.

Naturgemäß ist die Interessenslage der Beteiligten nicht identisch, und deshalb ist ein gewisses Tauziehen um die Rechte der einzelnen Akteure und ihre Begrenzung normal.

Anlass und Grund für die geplanten Änderungen sind zum einen die geänderte Sächsische Gemeindeordnung, zum anderen Änderungswünsche der Fraktionen, zum dritten redaktionelle Fragen, so die Einleitung der Vorlage.

Viele Änderungen sind sinnvoll, doch bei einigen Fragen wollen wir gegensteuern. Nämlich dann, wenn es um die Beschneidung der Rechte der Stadträte geht.

Nicht geändert wurde ja § 28 (1) der Sächsischen GemO
„Der Gemeinderat legt die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm der Gemeinderat bestimmte Angelegenheiten überträgt.“

Doch offenbar sieht das die Verwaltung manchmal anders:

Fall 1 bei den Wertgrenzen, ab derer Stadtrat bzw. Verwaltungsausschuss entscheiden:

Diese sollen nach Willen der Verwaltung erhöht werden, offenbar damit der Stadtrat sich nicht mehr so sehr mit Finanzen befassen muss und mehr Zeit für Wesentliches hat. (zum Beispiel Kammmolchfragen zu klären)

War das der Wunsch der Fraktionen? Ist das redaktionell? Wird das so in der neuen Gemeindeordnung gefordert?

Nein, das wird es nicht. Deshalb wird auch auf den Kommentar von Professor Hansdieter Schmid zur SächsGemO verwiesen. Das ist ein bejahrter und verdienstvoller Emeritus, ehemals Jura-Professor an der Verwaltungshochschule Ludwigsburg. Inwieweit er mit den täglichen Fragen kommunaler Haushaltsführung oder der Doppik vertraut ist, sei dahingestellt.

Der Unterschied zwischen 2 oder 5 % mag nicht viel klingen. In Euro ausgedrückt ist das ein Unterschied zwischen 28 Mio. € und 70 Millionen, über die wir entscheiden oder künftig nicht entscheiden.

Dieses Recht lassen wir uns nicht nehmen und fordern in unserem ÄA 5 gemeinsam mit den Bündnisgrünen den Beibehalt der alten Regelungen.

Fall 2 bei der Weisungshoheit des Stadtrates

Auf Seite 8 finden Sie den Vorschlag, das Weisungsrecht des Stadtrates an die Vertreter der Stadt in der Gesellschafterversammlung bei wichtigen Angelegenheiten zu streichen.

Und dazu kommt die Verwaltung sozusagen von hinten durch die Brust ins Auge. In der Einleitung keine Erwähnung, im Alt-Neu-Vergleich des Textes ein irreführender Verweis…. In den Ausschüssen nicht erläutert. Böse Zungen behaupten sogar, dass sich diese Streichung erst spät und unerkannt in die Satzung geschlichen habe. Ein Schelm, wer arges dabei denkt.

War das der Wunsch der Fraktionen? Ist das redaktionell erforderlich? Wird das so in der neuen Sächsischen Gemeindeordnung geregelt?

Nichts von alledem. In § 98 (1) der SächsGemO Vertretung der Gemeinde in Unternehmen in Privatrechtsform steht nach wie vor der Passus „In anderen Angelegenheiten kann der Gemeinderat dem Bürgermeister sowie weiteren Vertretern Weisung erteilen.“

Und das wollen wir auch so beibehalten. Deshalb unser gemeinsamer ÄA 6, der das ursprüngliche Weisungsrecht sichern will.

Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, eine eindringliche Bitte;

Bitte geben Sie Ihre Rechte nicht aus der Hand. Nicht für den jetzigen Stadtrat. Und nicht für den künftigen.

Rede zur Drucksache DS V/3871 "Hauptsatzung der Stadt Leipzig"