A 6/7 Konzept für die weitestgehend dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern und Geduldeten in Leipzig (Neufassung)

Fraktion DIE LINKE

 1. Die Verwaltung erarbeitet ein Konzept zur weitgehend dezentralen Unterbringung von Asylsuchenden und Flüchtlingen und legt dieses dem Stadtrat bis III. Quartal 2010 zur Beschlussfassung vor. Das Konzept benennt vorhandene und zu schaffende Unterbringungsformen und betrachtet neben der prioritären dezentralen Wohnungsunterbringung die Gemeinschaftsunterbringung als Hausgemeinschaft bis maximal 50 Bewohner, Wohngemeinschaften und Not- und Erstaufnahmeeinrichtungen sowie die Zukunft der Standorte Torgauer und Liliensteinstraße.

2. Der Ausschuss Jugend, Soziales Gesundheit und Schule beruft ein geeignetes Gremium aus Vertretern der Verwaltung, der Stadtratsfraktionen, des Migrantenbeirates und Akteuren der Flüchtlingsarbeit, das verbindlich an der Konzepterarbeitung beteiligt wird und die Umsetzung begleitet.

3. Der Stadtrat bekräftigt gegenüber dem Sächsischen Staatsministerium des Innern die Eigenständigkeit der Stadt Leipzig bei der Art der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylsuchenden.


Ergänzend zur Begründung der Ursprungsanträge:

Die erfolglose Ausschreibung für die Errichtung und Betreibung eines Asylbewerberheimes in der Wodanstraße hat gezeigt, dass die Unterbringung von Asylsuchenden und Flüchtlingen in einer
Massenunterkunft nicht nur aus humanitären und sozialen Gründen problematisch, sondern auch wirtschaftlich nicht zu leisten ist. Dies sollte Anlass für eine gründliche Analyse der bestehenden zentralen und dezentralen Wohnverhältnisse sein und die Suche nach geeigneten alternativen Wohnformen und Standorten einschließen.

Selbstbestimmtes und menschenwürdiges Wohnen ist eine der essentiellen Grundlagen einer fortschrittlichen und human orientierten Gesellschaft, die zwangsweise Heim-Unterbringung ist mit der Würde des Menschen nicht vereinbar. Für die Betroffenen, die sich sowieso in einer Situation großer Unsicherheit über ihre Lebensperspektiven befinden, bedeutet die Unterbringung in Sammelunterkünften zusätzliche psychische Belastung. Privatsphäre und Bewegungsfreiheit bleiben ihnen weitestgehend verwehrt. Die konzentrierte und isolierte Unterbringung verhindert außerdem Kontakte zur übrigen Leipziger Bevölkerung und die gleichberechtigte Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben der Stadt. Die restriktiven Kontrollmaßnahmen in und um die Sammelunterkünfte vermitteln den Betroffenen das Gefühl des Ausgeliefertseins. Neben dieser unhaltbaren humanitären Situation, die es im Sinne der Betroffenen zu verändern gilt, sollten auch wirtschaftliche Gründe in den Blick genommen werden. Die dezentrale Unterbringung in Wohnungen kann für die Kommune kostengünstiger sein als die Unterbringung in Sammelunterkünften.

Bei der Erstellung des Unterbringungskonzeptes sind fachlich kompetente und vertrauenswürdige freie Träger anzuhören und einzubeziehen. Echte Beteiligung von Fachleuten erfordert formale Voraussetzungen, die bei einer informellen Einbeziehung mitnichten gegeben sind. Dazu gehören stete Mitgliedschaft, Geschäftsordnung und Mitsprache mit Beschlussfassung in empfehlenden Rang für die politischen Gremien des Stadtrates. Die Antragsteller verweisen auf erfolgreich praktizierte Beteiligungsmodelle wie die AG Recht auf Wohnen, den Kinder- und Familienbeirat und den Beirat zur Fördermittelvergabe beim Kulturamt.

Die bislang durch die Verwaltung genutzten Ermessensspielräume bei der Wahl der Art der Unterbringung von Asylsuchenden und Flüchtlingen wird durch die politische Bekräftigung gestärkt, dem Freistaat darüber hinaus signalisiert, dass die Aussagen des neuen Ausländerbeauftragten,
Herrn Martin Gillo, zur dezentralen Unterbringung begrüßt werden und Konsequenzen bei der Exekutivausübung des Sächsischen Staatsministeriums des Inneren erwarten lassen. Die Fachaufsicht der Landesdirektion wird mit der Bekräftigung der Eigenständigkeit nicht in Frage gestellt.

 (Gemeinsamer Antrag mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen)

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Der Antrag wurde auf der Ratsversammlung am 16.06.2010 beschlossen.