A 132 Erweiterung der Hauptsatzung der Stadt Leipzig durch eine Regelung zu Bürgerentscheiden (Neufassung)
Die Hauptsatzung des Stadtrates wird unter Punkt 4 um einen Passus zur Regelung von Bür-gerentscheiden im Falle von geplanten Privatisierungen kommunaler Unternehmen wie folgt erweitert:
„§ 4 b Obligatorischer Beschluss über Bürgerentscheid
(1) Die Veräußerung eines Unternehmens der Stadt Leipzig setzt voraus, dass der Stadtrat da-zu ein Beschlussverfahren zum Bürgerentscheid nach § 24 Abs. 1 SächsGemO durchgeführt hat.
(2) Die Vorschrift des Absatzes 1 gilt nur für Unternehmen, die der Daseinsvorsorge dienen, in-dem sie Verkehrsleistungen oder Versorgungs- und Entsorgungsleistungen für die Allgemein-heit erbringen. Hierunter fallen auch Unternehmen die Beiträge zur wirtschaftlichen, verkehrli-chen, sozialen oder kulturellen Infrastruktur leisten. Dies gilt nicht, sofern diese Beiträge unwe-sentlich sind.
(3) Veräußerung eines Unternehmens im Sinne des Absatzes 1 ist auch die unmittelbare und mittelbare Veräußerung von Mehrheitsanteilen.
(4) Die weiteren Voraussetzungen der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen für die Veräußerung von Unternehmen bleiben unberührt."
Begründung:
Der neu gewählte Präsident des Deutschen Städtetages, Christian Ude, hat sich dafür ausge-sprochen, die kommunale Demokratie durch verbesserte Bürgerbeteiligung zu stärken, ohne die politischen Gremien zu schwächen. „Wir müssen uns immer fragen, ob wir vorhandene In-strumente besser nutzen und zusätzliche Instrumente schaffen sollten. Dazu gehört eine frühe-re und bessere Information, die tatsächlich alle Zielgruppen der Gesamtbevölkerung erreicht, eine Herstellung von Öffentlichkeit in Zukunftsfragen und eine Dialogbereitschaft, bevor die Würfel fallen.“
Für Bürgerentscheide forderte Oberbürgermeister Ude konkret:
„Bei den hervorragenden Instrumenten des Bürgerbegehrens und Bürgerentscheids darf es keine Hürden geben, die kaum überwindbar sind… Wenn wir Kommunalpolitiker un-sere Legitimation auch bei verheerend niedriger Wahlbeteiligung nicht in Zweifel ziehen, dürfen wir bei Einzelentscheidungen der Bürgerschaft keine höheren Prozentsätze ver-langen, als sie uns selber als Legitimationsbasis zur Verfügung stehen.“
Diesem Ansinnen des Deutschen Städtetages folgt der Antrag.
Mit dem Bürgerentscheid von 2008 hatten mehr als 148.000 Leipzigerinnen und Leipziger deut-lich gemacht, welchen Stellenwert sie den kommunalen Unternehmen im Bereich der Daseins-vorsorge zumessen. Dieser Bürgerentscheid wurde seinerzeit über ein Bürgerbegehren gegen die Mehrheit des Stadtrates erreicht. Für dieses Bürgerbegehren waren 25.000 Stimmen not-wendig, etwa 42.000 wurden erreicht. Ohne sein Zustandekommen hätte der Stadtrat aller Wahrscheinlichkeit nach mit denkbar knapper Mehrheit 49,9 % der Stadtwerke Leipzig (SWL) veräußert und damit gegen den deutlichen Mehrheitswillen der Bürgerinnen und Bürger gehan-delt. Diesen Erfahrungen folgend, soll es künftig obligatorisch sein, dass der Stadtrat im Fall von geplanten Privatisierungen im oben genannten Sinn entscheidet, ob er einen Bürgerent-scheid durchführen will. Bei positivem Votieren würde ein vorgeschaltetes Bürgerbegehren und damit eine Hürde für den Bürgerentscheid entfallen.
Die von uns vorgeschlagene Satzungsänderung soll dabei nicht das „Ob“ eines Bürgerent-scheides vorwegnehmen, sondern nur regeln, dass über das „Ob“ in den angegebenen Fällen stets förmlich im Stadtrat zu entscheiden ist. Dadurch bleiben die grundlegenden Vorausset-zungen des § 24 Abs. 1 SächsGemO gewahrt.