VII-F-10073 Perspektiven des Gewerbegebietes Neulindenau

SR Dr. Volker Külow

Unter dem Titel „Tesla & Paintball. Gewerbegebiet Leipzig Neu-Lindenau als städtebauliches Testgelände“ haben Masterstudierende der Bauhaus-Universität Weimar in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung Leipzig im Wintersemester 2023/24 Ideen und Visionen für eine mögliche Perspektive des Gewerbegebiets Neulindenau entworfen. Das entsprechende Modell im Maßstab 1:200 umfasst insgesamt 17 Quadratmeter und ist vom 20. März bis 29. April 2024 im Neuen Rathaus ausgestellt. Durch diese studentische Präsentation wird ein Informationsvorsprung herausgearbeitet und es entsteht ein berechtigtes öffentliches Interesse, zeitnah auch die Position der Verwaltungsspitze zur Zukunft dieses strategischen Wirtschaftsareals zu erfahren.

Fragen an den Oberbürgermeister:

  1. Welchen Stellenwert nimmt das Gewerbegebiet sowohl aus gesamtstädtischer als auch aus Perspektive des Leipziger Westens ein? Bitte speziell die Aspekte Klimaresilienz, zunehmende Überhitzung und abnehmende Biodiversität begründen und behandeln.   
  2. Verfügt die Stadtverwaltung jenseits des studentischen Projekts über eigenständige Vorstellungen zur städtebaulichen und architektonischen Weiterentwicklung des Gewerbegebiets? Wenn ja, welche? Wenn nein, ist deren Erarbeitung geplant?
  3. Sieht die Stadtverwaltung Anknüpfungspunkte aus der Zusammenarbeit mit den Studierenden für die konkrete Umsetzung von einzelnen Ideen und Anregungen?  
  4. Wie gestaltet sich die Eigentümerstruktur im Gewerbegebiet? Über welche eigenen Grundstücke verfügt die Stadt und wie werden diese derzeit genutzt?
  5. Plant die Stadtverwaltung die Erarbeitung einer Potenzialstudie zur nachhaltigen Revitalisierung des Gewerbegebiets Neulindenau ähnlich wie beim Altindustriegebiet um die Ludwig-Hupfeldstrasse (siehe VII-DS-06267)? Wenn ja, gibt es dazu schon nähere Informationen? Wenn nein, warum nicht?

Antwort

1. Welchen Stellenwert nimmt das Gewerbegebiet sowohl aus gesamtstädtischer als auch aus Perspektive des Leipziger Westens ein? Bitte speziell die Aspekte Klimaresilienz, zunehmende Überhitzung und abnehmende Biodiversität begründen und behandeln.

Der derzeitig in Erarbeitung befindliche Stadtentwicklungsplan (STEP) Wirtschaftsflächen stellt das Industrie-/Gewerbegebiet Neulindenau als eines von zehn Schwerpunktgebieten dar. Demnach hat es einen sehr hohen Stellenwert in der Leipziger Wirtschaftsflächenkulisse. Schwerpunktgebiete dienen der Aktivierung von gewerblichen Flächenpotenzialen. Hierbei werden Standorte zusammengefasst, in denen ein hoher Handlungsbedarf besteht. Schwerpunktgebiete sind durch komplexe Problemlagen und erhebliche Flächenpotenziale gekennzeichnet und weisen besonders hohe Chancen für eine weitere städtebauliche Entwicklung auf.

Der Fokus im Industriegebiet Neulindenau liegt auf der Stärkung des robusten Industriegebietes durch nachhaltige und klimagerechte Qualifizierung und Reaktivierung von Wirtschaftsflächen. Bodenpreissteigernde Nutzungen (insbesondere Wohnen) sollen unterbunden werden, um kostenattraktive Flächen für Produktionsstandorte zu sichern.

Die frei zugängliche Planungshinweiskarte https://www.leipzig.de/umwelt-und-verkehr/energie-und-klima/stadtklima beinhaltet die wesentlichen klimarelevanten Zielaussagen für eine mögliche Gebietsentwicklung. Unabhängig davon können unter dem Zielbündel „Nachhaltig und klimagerecht“ die prioritären Handlungsfelder „Begrünen und Versickern“ sowie „Nachhaltige Mobilität“ zusammengefasst werden. In diesem Zusammenhang wird auf die Verbesserung des ÖPNV durch die Verlängerung der Bus-Linie 80 nach Lausen (über Schomburgkstraße) verwiesen.

2. Verfügt die Stadtverwaltung jenseits des studentischen Projekts über eigenständige Vorstellungen zur städtebaulichen und architektonischen Weiterentwicklung des Gewerbegebiets? Wenn ja, welche? Wenn nein, ist deren Erarbeitung geplant?

Für das Gewerbegebiet Leipzig Neu-Lindenau bestehen über die Inhalte des in Erarbeitung befindlichen STEP Wirtschaftsflächen hinaus keine konkreten Vorstellungen.

Für die direkt nördlich angrenzenden Gewerbe- und Industrieflächen an der Ludwig-Hupfeld-Straße wurde eine Potenzialstudie erstellt. Die daraus resultierenden Handlungsfelder und konkreten Maßnahmen werden derzeit in der Stadtverwaltung evaluiert. Dabei wird auch diskutiert, ob diese Herangehensweise beispielgebend für ähnliche Gewerbegebiete wie das in Neulindenau sein kann.

Letztlich ist die städtebauliche Weiterentwicklung stark von den standortkonkreten Aktivitäten der privaten Eigentümer abhängig. Mit einigen Eigentümern im Gebiet steht insbesondere das Dezernat Wirtschaft, Arbeit und Digitales im Austausch und verweist bei Unternehmensanfragen auf potentielle Flächenentwicklungen.

3. Sieht die Stadtverwaltung Anknüpfungspunkte aus der Zusammenarbeit mit den Studierenden für die konkrete Umsetzung von einzelnen Ideen und Anregungen? 

Die Studierenden der Bauhaus-Universität entwickelten anhand eines großmaßstäblichen Modells ihre eigenen städtebaulichen Entwürfe eines nachhaltigen Gewerbegebietes. Zielstellung des Studentenprojektes war es nicht, mit Eigentümern und Stadtverwaltung die Entwürfe abzugleichen oder auf zeitnahe oder konkrete Umsetzung zu planen.

Ansätze wie z.B. Erhalt der Gebäudestruktur, PV-Anlagen auf Dachflächen und über einzelnen Straßenabschnitten, Begrünung von bestehenden Hallendächern, Renaturierung von Brachflächen, zukunftsweisende Entwässerungskonzepte und zirkuläres Bauen wurden von den Studierenden gewählt, um ein nachhaltiges Gewerbegebiet umzusetzen.

Weitere Ideen der Studierenden, die grundstücks- und eigentümerübergreifend gedacht sind, sind grundsätzlich auch städtebaulich wünschenswert, wie z.B: die Zusammenlegung der Speisenversorgung (Imbissbuden), die Schaffung von weiteren Frei- und Aufenthaltsflächen, Aktivierung der Wegebeziehungen auf den ehemaligen Gleisfingern, die Reduzierung von notwendigen Stellflächen und die Reduzierung von Verkaufsflächen, um vorhandene Gebäude statt Neubau zu favorisieren.

Andere Anregungen sind wegen der eigentümerübergreifenden Vorstellungen für die Stadtverwaltung nur schwer fortzuführen.  

4. Wie gestaltet sich die Eigentümerstruktur im Gewerbegebiet? Über welche eigenen Grundstücke verfügt die Stadt und wie werden diese derzeit genutzt?

Das untersuchte Gewerbegebiet ist nahezu vollständig im privaten Besitz. Lediglich das Grundstück der Berufsschule in der Pansastraße und die Erschließungsstraßen sind im städtischen Eigentum. 

5. Plant die Stadtverwaltung die Erarbeitung einer Potenzialstudie zur nachhaltigen Revitalisierung des Gewerbegebiets Neulindenau ähnlich wie beim Altindustriegebiet um die Ludwig-Hupfeldstrasse (siehe VII-DS-06267)? Wenn ja, gibt es dazu schon nähere Informationen? Wenn nein, warum nicht?

Im Zuge des STEP Wirtschaftsflächen werden standortkonkrete Gebietspässe erarbeitet und mit den Zielen, Handlungsfeldern und Umsetzungsstrategien des STEPs abgestimmt. Die Gebietspässe werden Eigentümern, Investierenden sowie Entscheidungsträgern aus Politik und Verwaltung Informationen zur standortgerechten Entwicklungen geben.

Da die Problemlagen und private Eigentümerstruktur in beiden Gebieten ähnlich gelagert sind, wird in einem ersten Schritt die Potenzialstudie zum Gewerbe- und Industriegebiet Ludwig-Hupfeld-Straße evaluiert (Auswertung von Maßnahmen und Abstimmung mit betroffenen Ämtern), um die weitere Vorgehensweise im Industriegebiet Neulindenau darauf abzustimmen. In beiden Gebieten ist die städtebauliche Weiterentwicklung vorrangig von den Aktivitäten der privaten Eigentümer abhängig.