F 510 Medizinische Versorgung von Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus und EU-Bürger_innen ohne Krankenversicherung

Juliane Nagel

Die Inanspruchnahme medizinischer Versorgung durch Menschen ohne gültigen Aufenthaltstitel ist fortwährend geprägt von der Angst vor Abschiebung. Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG § 4 und § 6) werden – trotz bestehender Leistungsberechtigung – aufgrund der Angst vor Übermittlung personenbezogener Daten durch das Sozialamt an die Ausländerbehörden (gemäß § 87 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz) – häufig, trotz akuter Erkrankung, nicht in Anspruch genommen. Diesen Missstand hatte der Gesetzgeber unter anderem vor Augen, als er die allgemeine Verwaltungsvorschrift (AVV) zum Aufenthaltsgesetz (AufenthG) vom 26.10.2009 verabschiedete (GMBL Nr. 42-61, S 878 ff.)
Diese stellt unter Ziffer 88.2.1 klar, dass bei der Abrechnung der Kosten für medizinische Leistungen, die für und an Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus erbracht wurden, der „verlängerte Geheimnisschutz“ gilt. Öffentliche Stellen dürfen keine personenbezogenen Daten übermitteln, welche sie von einer im § 203 StGB Abs. 1, 2, 4 bis 6 konkretisierten schweigepflichtigen Person oder deren berufsmäßig tätigen Gehilfen erhalten haben (vgl. AVV AufenthG Ziffer 88.2.3). Diese Anfrage will klären, wie die Leipziger Sozial- und Gesundheitsbehörden die allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz in der Praxis umsetzen.

Eine weitere Personengruppe, welche keinen regulären Zugang zur Medizinischen Versorgung hat, sind nicht krankenversicherte EU-Bürger_innen. Sie halten sich zwar legal in Deutschland auf, haben jedoch weder hier noch im Heimatland eine Krankenversicherung.
Laut SGB XII §23 ist Ausländer_innen, die sich tatsächlich im Inland aufhalten, Hilfe bei Krankheit zu leisten. § 25 SGB XII besagt nun, dass Krankenhäuser, als Leistungserbringer im Eilfall, ihre Kosten im gebotenen Umfang erstattet bekommen, „die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären“ (§25 SGB XII). Diese Anfrage soll Möglichkeiten erfragen, wie die Nothilfe beantragt werden kann.

Wir bitten um Beantwortung folgender Fragen:

Zur Umsetzung des sogenannten „verlängerten Geheimnisschutzes“ gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz vom 26.10.2009 (Drucksache 669/09) Ziffer 88.2 ff.:

1. Welche Informationen über die Patientin/den Patienten ohne gesicherten Aufenthaltsstatus werden für einen Antrag auf Kostenerstattung beim Sozialamt benötigt?
2. In welcher Form müssen Nachweise über nicht existierende Krankenversicherung und Mittellosigkeit erbracht werden und wie werden sie überprüft?
3. Werden Daten an die Ausländerbehörde übermittelt? Falls ja, welche Daten, in welcher Form und auf welcher gesetzlichen Grundlage?
4. Wer entscheidet nach welchen Kriterien über das Vorliegen eines Notfalles, demzufolge einer unaufschiebbaren Krankenbehandlung?
5. Wird eine ambulant erfolgte unaufschiebbare Behandlung als Notfall gewertet? Falls nein, warum nicht?
6. Wurden die Krankenhäuser über die neue Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz vom 26.10.2009 informiert? Falls ja, in welcher Form?
7. Gibt es standardisierte Formulare für die Abrechnung? Falls ja, bitte der Antwort hinzufügen. Wurden diese den Leistungserbringern (z. B. Krankenhäusern) bekannt gemacht?
  
Zur Erstattung von Aufwendungen eines Nothelfers für medizinische Versorgungsleistungen nach § 25 SGB XII.

8. Wer ist berechtigt, einen Antrag nach §25 SGB XII zu stellen?
9. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit die Aufwendungen eines Nothelfers vom Sozialamt erstattet werden?
 9.1  Welche Personen gelten als Hilfebedürftige?
      Unter welchen Voraussetzungen können nicht krankenversicherte EU- Bürger_innen zu dieser Personengruppe zählen?
 9.2  Welche Nachweise für Hilfebedürftigkeit müssen dem Antrag hinzugefügt  werden und in welcher Form?
 9.3  Wer entscheidet nach welchen Kriterien darüber, ob Hilfe im Eilfall vorliegt,        und wie kann sie vom Antragssteller nachgewiesen werden?
 9.4  Wird auch eine ambulant erfolgte unaufschiebbare Behandlung als Eilfall  gewertet? Falls nein, warum nicht?
 9.5  Welche Frist erachtet das Sozialamt als „angemessen“ für die Beantragung der  Kostenerstattung gemäß § 25 SGB XII?
10. Gibt es standardisierte Abrechnungsverfahren für diese Leistungen? Falls ja, bitte der Antwort hinzufügen. Wurden diese den Leistungserbringern (Krankenhäusern) bekannt gemacht?

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