Zunehmender Bearbeitungsstau bei Widersprüchen zu Hartz IV-Bescheiden Weitere Personalaufstockung und organisierter Erfahrungsaustausch dringend erforderlich

Dr. Dietmar PellmannSozialpolitischer Sprecher

Seit der Einführung von Hartz IV hat es in Leipzig mittlerweile ca. 20.000 Widersprüche gegen Bewilligungsbescheide zum Arbeitslosengeld II gegeben. Wie aus der Leipziger Volkszeitung hervorgeht, gehen täglich mehr Widersprüche ein als bearbeitet werden, so dass der Berg unerledigter „Fälle“ weiter anwächst.

Seit der Einführung von Hartz IV hat es in Leipzig mittlerweile ca. 20.000 Widersprüche gegen Bewilligungsbescheide zum Arbeitslosengeld II gegeben. Wie aus der Leipziger Volkszeitung hervorgeht, gehen täglich mehr Widersprüche ein als bearbeitet werden, so dass der Berg unerledigter „Fälle“ weiter anwächst. Hinzu kommen fast 1.000 Klagen beim Leipziger Sozialgericht.
Die Misere, in der sich die Leipziger ARGE, aber nicht nur diese, befindet, ist seit langem bekannt. Bereits Mitte vergangenen Jahres hatte die Linkspartei im Stadtrat einen Antrag durchgesetzt, der eine dringende personelle Aufstockung der Widerspruchsstelle der ARGE verlangte. Offensichtlich ist dieser Antrag nur unzureichend umgesetzt worden. Deshalb fordern wir eine Verdopplung des Personalbestandes der Widerspruchsstelle. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Angleichung des Regelsatzes auf 345 Euro per 1. Juli zu weiteren Schwierigkeiten führen dürfte. Noch wesentlich angespannter könnte sich die Situation bei der Bewilligung der Kosten der Unterkunft und Heizung vor dem Hintergrund erheblicher Preissteigerungen bei Fernwärme, Wasserversorgung oder Müllentsorgung gestalten, so dass eine weitere Zunahme der Zahl von Widersprüchen nicht auszuschließen ist.

Bei alledem kann die Flut der Widersprüche nur für jene überraschend kommen, die Hoffnungen in Hartz IV gesetzt haben. Selbst konservative Politiker müssen nunmehr einräumen, dass Hartz IV gescheitert ist, weil keines der ursprünglich anvisierten Ziele erreicht wurde. Die Linkspartei, die von Anfang an gegen Hartz IV war, bleibt bei ihrer Grundsatzposition, dass diese Gesetzlichkeit so schnell wie möglich wieder abgeschafft werden muss. Solange es dafür aber keine parlamentarischen Mehrheiten gibt, müssen wenigstens die schlimmsten Auswirkungen auf die Betroffenen beseitigt werden. Wir brauchen daher auch und gerade in Leipzig diesbezügliche gemeinsame Anstrengungen von Parteien, Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbünden. Wenig hilfreich ist deshalb das immer wieder aufflammende Gefasel aus CDU- und FDP-Kreisen nach einer Abschaffung der ARGE. Obwohl dies rechtlich gegenwärtig überhaupt nicht möglich ist, würde es eher noch mehr Schwierigkeiten für die Mitarbeiter und die Leistungsberechtigten bringen. Viel sinnvoller wäre es deshalb, ein Netzwerk des Erfahrungsaustausches zu schaffen, um Ursachen der Widerspruchsflut möglichst abzustellen. Ganz offensichtlich erfüllt gegenwärtig der Beirat der ARGE diese Voraussetzung nicht.