Verkommt der Leipziger Arbeitsmarkt im Wahlkampf zum Experimentierfeld für Hartzsche Rezepte?

Dr. Lothar Tippach

Was mit der Eröffnung des Leipziger Job-Centers als Offensive für den desaströsen Leipziger Arbeitsmarkt verkauft werden soll, erweist sich bei näher Betrachtung als billiger Aktionismus mit all zu offensichtlichen Wahlkampfzwecken.

Wie der Leipziger Volkszeitung vom 12. September zu entnehmen ist, soll in Leipzig am kommenden Dienstag im Beisein von Bundesarbeitsminister Walter Riester eines der bundesweit ersten, von der Hartz-Kommission vorgeschlagenen Job-Center entstehen. Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit und der Stadtverwaltung sollen durch den Ausbau der bereits existierenden Gemeinschaftsstelle des Arbeits- und Sozialamtes in der Großen Fleischergasse gebündelt werden. Als Koordinator hat Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee den Betriebsleiter des städtischen Betriebes für Beschäftigungsförderung bfb Hartmut Siemon eingesetzt.

Was hier als Offensive für den desaströsen Leipziger Arbeitsmarkt verkauft werden soll, erweist sich bei näher Betrachtung jedoch als billiger Aktionismus mit all zu offensichtlichen Wahlkampfzwecken. Vor dem Hintergrund einer Arbeitslosenrate im Hauptamt Leipzig, die mit 18,7 Prozent deutlich über dem ostdeutschen und sächsischen Durchschnitt liegt und zu einem nicht unwesentlichen Teil auf die brachliegende Beschäftigungspolitik der Stadtverwaltung zurückzuführen ist, wirkt dies eher beschämend. Unter den sächsischen Großstädten hat die Messestadt einen traurigen Negativrekord inne. 6000 durch die Stadt mitgetragene Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen hatte Oberbürgermeister Tiefensee noch vor Monaten zugesichert. Durch einen Ratsbe-schluss vom Dezember 2001 wurden sie sogar verbindliche Vorgabe für die Stadtverwaltung, ohne dass bislang greifbare Ergebnisse erkennbar sind. Statt dessen agiert der OBM bei Arbeitsmarktpolitik der Messestadt völlig am Stadtrat vorbei und macht sie zu einem Experimentierfeld für Hartzsche Rezepte. Dabei müsste er eigentlich wissen, dass das Defizit im Osten Deutschlands nicht in der Organisation der Arbeitsverwaltung sondern vor allem in fehlenden Arbeitsplätzen besteht. Die Bestellung von Hartmut Siemon wirft zudem die Frage nach seiner Auslastung im bfb auf. Oder sucht man für dessen Betriebsleiter mangels dortiger Zukunft eine neue Beschäftigung?

Statt auf den Wahlkampf muss sich der Oberbürgermeister wieder auf seine beschäftigungspolitischen Hausaufgaben konzentrieren, damit der derzeitige Arbeitslosenrekord nicht bereits in den nächsten Monaten von einem neuen überholt wird.