Sozialreport verschleiert wirkliches Ausmaß von Armut in Leipzig

Dr. Dietmar PellmannSozialpolitischer Sprecher

Überraschend hat der Leiter des Jugendamtes, Dr. Siegfried Haller, gestern einen Sozialreport für Leipzig den Medien vorgestellt, ohne dass dies vorher im Stadtrat oder seinen Ausschüssen angekündigt worden ist. Immerhin handelt es sich um einen Auftrag der Ratsversammlung an die Stadtverwaltung aus dem Jahr 2003.

Überraschend hat der Leiter des Jugendamtes, Dr. Siegfried Haller, gestern einen Sozialreport für Leipzig den Medien vorgestellt, ohne dass dies vorher im Stadtrat oder seinen Ausschüssen angekündigt worden ist. Immerhin handelt es sich um einen Auftrag der Ratsversammlung an die Stadtverwaltung aus dem Jahr 2003, so dass die Stadträte zuerst das Recht der Debatte zu diesem Material gehabt hätten. Deshalb muss die Vorgehensweise der Veröffentlichung als eine Brüskierung des Stadtrates durch den Leiter des Jugendamtes angesehen werden, die von uns nicht hingenommen werden wird.

Eine allererste Beschäftigung mit dem Sozialreport selbst lässt erhebliche Zweifel an seinem Nutzen aufkommen. Es handelt sich offensichtlich um eine Aneinanderreihung von Daten ohne notwendige Handlungsempfehlungen. Damit bestätigt sich unsere bereits vor Jahren geäußerte Position, dass der Verzicht auf die Fortschreibung des einst vorbildlichen Leipziger Lebenslagenreports negative Folgen für sozialpolitische Entscheidungen hat.

Wenn Dr. Siegfried Haller überdies behauptet, dass die Charakterisierung Leipzigs als sächsische Armutshauptstadt durch die Linkspartei zu pauschal sei, führt er für seine These keinerlei Gegenbeweise an. Stattdessen greift er auf veraltetes Datenmaterial zurück, das z. B. die verheerenden Folgen von Hartz IV seit Anfang 2005 völlig ausblendet. Deshalb geht die Feststellung, dass lediglich 10 Prozent der Leipzigerinnen und Leipziger zumindest als einkommensarm gelten, völlig an den Realitäten vorbei. So gelten allein schon die mehr als 80.000 Personen, die in Leipzig unmittelbar von Hartz IV betroffen sind, als arm. Hinzu kommen weitere Personengruppen, so dass in unserer Stadt mindestens jeder Fünfte unmittelbar von Armut betroffen ist. Schließlich zeugte die Aussage des Jugendamtsleiters, dass man in Leipzig nicht von sozialen Brennpunkten sprechen könne, von wenig Realitätssinn.

Wir werden trotz aller Vorbehalte den Sozialreport in der Fraktion gründlich auswerten und drängen auf eine Behandlung im Stadtrat und seinen Ausschüssen. Darüber hinaus behalten wir uns vor, erneut einen Antrag auf Fortschreibung des Lebenslagenreports zu stellen, der nicht nur auf einer aktuelleren Datenbasis fußt, sondern auch notwendige Handlungsempfehlungen beinhaltet.