Leipzigs Innenstadt nicht interpretieren, sondern gestalten

Siegfried SchlegelSprecher für Stadtentwicklung

Es ist gut, wenn Handelsgutachten, so sie denn vorliegen, diskutiert und in Planungen berücksichtigt werden. Es gibt aber keinen Grund, kurzfristig die Entscheidung für einen geeigneten Investor zu verzögern. Zunächst muss sich die LWB für einen der vier geeignet scheinenden Investoren entscheiden.

Es ist gut, wenn Handelsgutachten, so sie denn vorliegen, diskutiert und in Planungen berücksichtigt werden. Es gibt aber keinen Grund, kurzfristig die Entscheidung für einen geeigneten Investor zu verzögern. Zunächst muss sich die LWB für einen der vier geeignet scheinenden Investoren entscheiden. Dieser muss über Erfahrungen bei der Entwicklung von Projekten dieser Größe besitzen. Wichtig ist, Mietinteressenten zu binden und finanzierende Banken im Rücken zu haben sowie Willens und in der Lage zu sein, unmittelbar nach dem Abriss der jetzigen Bebauung mit dem Neubau zu beginnen. Städtebaulich sollten der bisherige Kaufhausstandort und die künftige Brühlneubebauung aufeinander abgestimmt sein. Zwei verschiedene Investoren können auch vielfältig von Vorteil sein. 

Nach Eröffnung des Kaufhofes wurde 2002 im Ergebnis einer Studie der Kempers Deutschland GmbH im Auftrag des Deutschen Einzelhandels lediglich die Grimmaische Straße als eine von 144 Straßen in 100 deutschen Städten wegen der Straßenfrequenz von täglich über 10.500 Passanten auf den 10. Platz gesetzt.  Mit der Wiedereröffnung des Karstadtkaufhauses wurde auch die Petersstraße als wichtige Einkaufsstraße definiert. 
„Die Handelsexperten haben bisher die Innenstadt immer nur interpretiert, es gilt sie aber baulich zu verändern.“ 

Bereits im März 1991 beantragte die damalige PDS-Fraktion die „Erarbeitung planerischer Grundsätze für die Entwicklung der Einzelhandelsstruktur in Leipzig“. 1993 wurde eine Einzelhandelskonzeption beschlossen. Mehrfach aktualisiert berücksichtigt sie als Stadtteilzentrenkonzept auch andere Funktionen. Es sollte Anspruch sein, an Stelle einzelner Flaniermeilen das Stadtzentrum auf Grund der „kurzen Wege“ als Ganzes zu entwickeln. Als in anderen Städten die Revitalisierung der Innenstadt diskutiert wurde, war dies in Leipzig bereits beschlossen und zu großen Teilen umgesetzt. So war der Neubau des Kaufhofes zwischen Universitätsstraße und Neumarkt kein Zufall, ebenso dass durch die Stadt Karstadt zur Erneuerung des ehemaligen Centrum-Warenhauses als Großkaufhaus und nicht als beliebiges Einkaufszentrum gedrängt wurde. Auch für die „Blechbüchse“ mit dem gesamten Brühl wird ein eigenständiges Profil angestrebt, um auch das nordwestliche Stadtzentrum attraktiv zu machen.
Dass es neue Passagen, wie der Strohsack, schwer haben, wurde ebenfalls vor Jahren schon erkannt. So wurden Investoren immer wieder gedrängt, neue Passagen oder Malls sparsam zu planen.

Überzogen ist das Argument, dass ausgerechnet das „Blechbüchsen“-Kaufhaus und das Brühleinkaufszentrum zur „Einkaufsinsel“ der Innenstadt werden. Stattdessen werden in den kommenden Jahren nicht nur die Handelseinrichtungen in der Nähe der großen Straßenbahnzentralhaltestellen und dem Hauptbahnhof Magnete sein, sondern jene um die Ausgänge der Hal-tepunkte des City-Tunnel am Hallischen Tor und am Markt hinzukommen.

Ebenso haben sich die Nikolai-, die Reichsstraße und der Neumarkt als Einkaufsstraßen entwickelt. Hingegen ist das westliche Stadtzentrum vorrangig Kneipenmeile geworden. Zu Recht ist aber nachzufragen, inwieweit Bedarf für Handelsflächen zwischen Leuschner- und Rossplatz besteht, wobei immer betont wurde, dass diese keine Konkurrenz zu Einrichtungen in-nerhalb des Ringes werden sollen.      

Urbanes Leben entsteht durch aktives Tun in einem bebautem Umfeld und der Mischung von Funktionen auch in den Gebäuden selbst.