Kopfloser, rasender Troika-Galopp - SPD verabschiedet sich von berechenbarer Politik

Reiner EngelmannStellv. Fraktionsvorsitzender

Wir erinnern die SPD gern an Versprechen und Zusagen aus dem vorjährigen OB-Wahlkampf, Kernbereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge unangetastet für engstirnige privatwirtschaftliche Verwertungsinteressen zu lassen, und fordern weiter „Stoppt den Anteilsverkauf der Stadtwerke".

Das Leipziger Privatisierungsfieber erreicht gefährliche Temperaturen. Während Stadträtin Ingrid Glöckner (SPD) von ihren Kollegen im Stadtparlament Selbstverständliches fordert, nämlich die Einhaltung von Beschlüssen, handelt die SPD so, als gelte dieser Grundsatz für sie selbst nicht. Wie sonst ist es zu erklären, dass jeder, der es hören wollte, in den vergangenen Tagen von einer Reihe SPD-Stadträte erfuhr, sie hätten erhebliche Bauchschmerzen mit der Stadtwerke-Privatisierung und verstünden den plötzlichen Galopp in Richtung LVV-Privatisierung nicht, während diese Partei offiziell zu erkennen gibt, sie teile die nächsten, unlogischen Schritte in dieser Richtung.

In der heutigen Ausgabe der Leipziger Volkszeitung äußert der SPD-Fraktionsvorsitzende Axel Dyck klipp und klar, dass er sich widerstandslos als Nummer Drei in die Privatisierungs-Troika einspannen lässt, die seitens CDU und Bürgerfraktion/FDP schon heftig mit den Hufen scharrt und es gar nicht erwarten kann, das kommunale Eigentum der Stadt Leipzig so schnell wie möglich zu verscherbeln.

Was soll - wie ursprünglich gefordert - an dieser kopflosen Irrfahrt der Troika noch ergebnisoffen sein? Und wie will OB Jung noch den Eindruck erwecken, er halte auf dem Kutschbock die Zügel straff in der Hand, wenn sich die Gäule längst selbst ins Geschirr gespannt haben und ihrerseits auf den Kutscher warten, der offenbar die Orientierung für die rasende Fahrt verloren hat?

Die Linkspartei erwartet, dass bei der SPD endlich Vernunft einzieht. Wir müssen verhindern, dass durch den Verkauf der LVV-Anteile profitgierige Erwerber einen Durchgriff auf den öffentlichen Nahverkehr und das strategische Wirtschaftsgut Trinkwasser in Leipzig erhalten.

Wer meint, wie der CDU-Fraktionsvorsitzende Achminow, mit dem Verkauf des Eigentums der Leipziger Wirtschaftsförderung oder gar Ansiedlungspolitik zu betreiben, sagt die Unwahrheit oder ignoriert leidige Erfahrungen. Alle bisherigen Anteilsverkäufe öffentlicher Unternehmen führten zum Verlust von Aufträgen für die Leipziger Region. Sie dienten stattdessen dazu, überdimensionierte Managerbastionen im Westen weiter zu mästen, denn die wesentlichen Abrechnungsleistungen wanderten dorthin, wo die Wirtschaft sowieso schon florierte, und die Leipziger Stadtwerke mussten Personal abbauen.

 

Wenn die SPD nicht in der Lage ist, sich aus dem CDU-geführten Troika-Gespann zu befreien, dann sollte sie wenigstens dem Bürger vertrauen und diesen über die Verkäufe entscheiden lassen. Ein Bürgerentscheid wäre der beste Weg, dem Wählerwillen Gehör zu verschaffen und die Leipziger darüber abstimmen zu lassen, ob sie weitere Privatisierungsmärchen hören wollen oder durchdachtere Perspektiven für die Kommunalwirtschaft bevorzugen.

Wir erinnern die SPD gern an Versprechen und Zusagen aus dem vorjährigen OB-Wahlkampf, Kernbereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge unangetastet für engstirnige privatwirtschaftliche Verwertungsinteressen zu lassen, und fordern weiter „Stoppt den Anteilsverkauf der Stadtwerke".