Faire Ausbildung und Arbeit für Menschen mit Migrationsgeschichte: Linker Antrag beschlossen

Juliane Nagel

In Leipzig hat sich die Anzahl erwerbstätiger Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte in den letzten zehn Jahren auf 28.500 Personen vervierfacht. Azubis und Beschäftigte mit Flucht- und Migrationsgeschichte sind häufiger von Niedriglohn und problematischen Arbeitsbedingungen betroffen.
Heute hat der Stadtrat den Antrag „Faire Ausbildung und Arbeit für Menschen mit Migrationsgeschichte: Diskriminierung abbauen, Zugänge ermöglichen“ der Linksfraktion im Leipziger Stadtrat in der Form des Verwaltungsstandpunktes beschlossen. Damit wird die bessere Information von Beschäftigten mit Flucht- und Migrationsgeschichte in verschiedenen Sprachen sowie die Prüfung eines Modellprojektes Spurwechsel auf den Weg gebracht.

Juliane Nagel, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion, erklärt: „Gerade geflüchtete Menschen sind aufgrund von Sprachproblemen oder der mangelnden Anerkennung von Qualifikationen oft auf Hilfsjobs im Niedriglohnbereich zurückgeworfen. Die Arbeitsbedingungen bei Versandhändlern, wie Momox oder Amazon sowie einigen anderen Firmen dieser Stadt, sind oft problematisch, auch rassistische Diskriminierung am Arbeitsplatz ist Thema. Die eigenen Rechte als Azubi oder Beschäftigter sind oft wenig bekannt und der Mut, sie einzufordern und sich zu wehren, für Menschen mit vielleicht unsicheren Aufenthaltsstatus gering. Es muss besser informiert und empowert werden, die eigenen Rechte wahrzunehmen. Die Infos müssen in den Communities, in den Berufsschulen, im Jobcenter oder den Orten der Sprachkurse platziert werden.

Zum Modellprojekt Spurwechsel: Es wird viel über Fachkräfteeinwanderung geredet. Wir nehmen die in den Blick, die schon hier sind. Zum Jahresende 2023 lebten in Leipzig fast 2000 Geduldete, d. h. Menschen, deren Abschiebung vorübergehend ausgesetzt ist. Viele von ihnen leben bereits seit langer Zeit hier, eine Rückkehr ist unwahrscheinlich. Gleichzeitig sind sie zum Teil von Integrationsleistungen ausgeschlossen, erhalten niedrige Sozialleistungen, dürfen zum Teil nicht arbeiten. Einen Antrag auf den so genannten Chancenaufenthalt1 hat im letzten Jahr nicht mal die Hälfte der Geduldeten beantragt. Mit dem Modellprojekt wollen wir die Gruppe der Geduldeten gezielt in den Blick von Integrations- und Qualifizierungsmaßnahmen nehmen und Wege in Ausbildung und Arbeit ermöglichen. Es sind kleine Stellschrauben, die wir aber nutzen sollten, damit Menschen, die nach Leipzig geflüchtet oder migriert sind, schnell auf eigenen Beinen stehen.“

 

1Das Chancenaufenthaltsrecht gilt seit Anfang 2023 und gibt mindestens fünf Jahre Geduldeten eine Aufenthaltsperspektive. Innerhalb einer 18-monatigen Chancen-Aufenthaltserlaubnis müssen sie nachweisen, dass sie die Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleibeberecht erfüllen, dazu gehören Sprachkenntnisse, ein gesicherter Lebensunterhalt und eine geklärte Identität.