Einstieg in den Ausstieg im Stadtumbau Ost Abrissstop für Häuser von vor 1918 ist lebensfremd und hinderlich

Siegfried SchlegelSprecher für Stadtumbau

„Altbauten der Gründerzeit, die vor 1918 gebaut wurden und Baudenkmale sind, dürfen nicht mehr mit Fördermitteln abgerissen werden“. Diese Forderung leitet faktisch den Einstieg in den Ausstieg aus dem Stadtumbau-Ost ein.

 „Altbauten der Gründerzeit, die vor 1918 gebaut wurden und Baudenkmale sind,  dürfen nicht mehr mit Fördermitteln abgerissen werden“. Diese Forderung leitet faktisch den Einstieg in den Ausstieg aus dem Stadtumbau-Ost ein.
Abgesehen davon, dass die „Gründerzeit“ nach dem „Gründerkrach“ bereits nach wenigen Jahren 1880 schon wieder beendet war, ist nicht nachvollziehbar, warum eine solche unlogische Strategie alte abgeschriebene und wirtschaftlich nicht sanierungsfähige „Gebäudemumien“ erhalten will. Es ist rechtlich geklärt und unstrittig, dass Baudenkmale und wichtige, das Stadtbild prägende, Gebäude erhalten werden sollen. Bei diesen ist eine Gebäudesicherung auch für einige Jahre sinnvoll. In Leipzig wurde dies auch auf Anregung von Stadträten bereits 2000 im ersten „Stadtentwicklungsplan Gründerzeitgebiete“ festgeschrieben. Darüber hinaus erfolgt eine Stadtumbauförderung bisher nur für solche Gebäude, deren Abriss die Stadt zugestimmt hat und die sich in einem ausgewiesenen Umgestaltungsgebiet befinden.
So sind auch die Attacken gegen den Freistaat Sachsen differenziert zu sehen. Seit Beginn der Sächsischen Stadtumbauförderung wurde auch von der Linksfraktion im Stadtrat das völlig unzureichende Verhältnis zwischen 90 % Abriss zu 10 % Aufwertung kritisiert. So wurden z. B. vernünftige, attraktive städtebauliche Lösungen für die Wohnkomplexe 7 und 8 in Grünau verhindert.

Wir teilen die Haltung des Sächsischen Innenministeriums, keine Altersbegrenzung für Gebäudeabrisse zu verfügen. Es ist nicht akzeptabel, massenweise leer stehende Altbaugebäude für Jahre zu sichern, wenn absehbar ist, dass sie zukünftig nicht sanierbar sind und stattdessen ausschließlich intakte sowie sanierte bzw. sanierungsfähige Wohnungen abzureißen.  Damit wird die Verschuldung der kommunalen Wohnungsunternehmen sowie Genossenschaften, die überwiegend den Stadtumbau getragen haben und damit Vermögensvernichtung hinnehmen mussten, nicht abgebaut. Diese sind aber gefordert, langfristig bezahlbare Wohnungen mit zeitgemäßem Standard auch für sozial schwächere Haushalte zur Verfügung stellen. Dies ist um so wichtiger, da sich die Lebensverhältnisse in Ost und West annähern müssen. Aber dieses Anliegen erscheint bei Herrn Tiefensee auch nur halbherzig verfolgt zu werden.  
Eine solche Politik erinnert an Fehler der DDR, wo ab 1980 Wohngebäudeabriss gesetzlich verboten war. Noch heute stehen Gebäude aus dieser Zeit nicht nutzungsfähig leer. Es gehört zu den unbestrittenen Erfolgen nach 1990, dass bis heute in Leipzig über 80 % der Altbauten attraktiv saniert und modernisiert wurden, unterstützt durch Direktförderung sowie Steuerabschreibungen für private Investoren. Deshalb dürfte die Frage erlaubt sein, ob der jetzige für Stadtentwicklung und Ostländer zuständige Bundesminister Tiefensee als Leipziger Oberbürgermeister die Debatten der Fachleute im  Stadtrat zu Stadtumbaustrategien nicht mitverfolgt hat. Anerkannt war, dass Stadtumbau umso  behutsamer und erträglicher erfolgt, wenn sich alle Stadtteile daran beteiligen und die Herausforderungen auch als Chancen für Stadterneuerung genutzt werden.