Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Dr. Lothar Tippach

Mit dem Haushaltsplanentwurf 2005 ist Leipzig im Spannungsfeld zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der harten Realität angekommen. Und das in mehrfacher Hinsicht. Erstmals für 2005 wurde ein defizitärer Haushaltsentwurf eingebracht.

Mit dem Haushaltsplanentwurf 2005 ist Leipzig im Spannungsfeld zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der harten Realität angekommen. Und das in mehrfacher Hinsicht. Erstmals für 2005 wurde ein defizitärer Haushaltsentwurf eingebracht. Dies entspricht eher der Haushaltswirklichkeit und ist ehrlicher. Faktisch hatte Leipzig in den letzten Jahren immer einen unausgeglichenen Haushalt, wenn er auch formal ausgeglichen war. Dazu kommen weitere erhebliche Haushaltsrisiken. So sind die finanziellen Auswirkungen von Hartz IV für die Stadt Leipzig nicht abzuschätzen.
Langjährige Haushaltskonsolidierungen waren mit einem erheblichen Personalabbau verbunden. Dennoch nahmen die strukturellen Haushaltsdefizite zu. Die Folge sind: Minderung der Dienstleistungsqualität, teilweiser Abbau und massive Einschnitte in die Leistungen der Daseinsvorsorge, Rückgang der Investitionen, Schließung von Einrichtungen, Erhöhung der Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger sowie die regionale Wirtschaft. Die kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten reduzieren sich auf die Erfüllung staatlich vorgegebener Pflichtaufgaben bei Absenkung der Erfüllungsstandards. Seit langem hat die Stadt Leipzig keine finanzielle Leistungskraft mehr. Die Hauptursache liegt in der Politik von Bund und Land gegenüber den Kommunen. Die versprochene Gemeindefinanzreform steht bis heute aus und die Hoffnung, dass sie kommen wird, liegt bei Null. Es fehlt eine ausreichende kommunale Steuerkraft. Darüber hinaus führt die Steuerpolitik des Bundes zugunsten von Großkonzernen zu erheblichen Steuerrückzahlungen auch aus dem städtischen Haushalt. Die Nichteinhaltung des Konnexitätsprinzips belastet im starken Maße die Kommunalfinanzen usw. usf.
Die Kommunen brauchen eine grundlegende Stärkung ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit, d.h. eine nachhaltige Verbesserung ihrer Einnahmesituation und eine Aufgaben- und Ausgabenentlastung. Die Krise der kommunalen Finanzen ist eine Krise der im Grundgesetz garantierten Kommunalen Selbstverwaltung. Kommunale Selbstverwaltung wird zunehmend zu einer Farce. Im „Leitbild für die Stadt der Zukunft“ des Deutschen Städtetags heißt es dazu:“ Ohne die Städte sind Staat und Gesellschaft nicht funktionsfähig. Vom Wohl der Städte hängt der Zusammenhalt unseres Gemeinwesens ab.“

Zum Freistaat: Wir anerkennen, dass in der Dresdner Koalitionsvereinbarung im Blick auf die Kommunalfinanzen in einzelnen Bereichen wesentliche Verbesserungen enthalten sind. Das betrifft u.a. die Erhöhung der Zuschüsse für die Betreuung in den Kindertagesstätten (2,2 Mio. Euro für Leipzig), für die Kultur (3,5 Mio. Euro für Leipzig), sowie für 2005 eine einmalige kommunale Investitionspauschale von 50 Mio. Euro für die Kommunen im Freistaat.

Dringender Handlungsbedarf bleibt in folgenden Feldern:

 Der Freistaat muss sich im höheren Maße über den Finanzausgleich an der Finanzierung des Landeswohlfahrtsverbands beteiligen.

 Der Freistaat muss die den Kommunen zugesagten Bundesmittel für „Hartz IV“ ungekürzt durchreichen.

 Außerhalb des Finanzausgleichsgesetzes ist den Kommunen zur Stärkung ihrer Investitionskraft jährlich eine besondere ungebundene Investitionspauschale vorzuhalten.

 Der Finanzausgleich für kreisfreie Städte bedarf einer Neuregelung, u.a. der Soziallastenausgleich.

 Förderquoten und Fördertatbestände müssen überprüft werden, um kommunale Investitionen besser zu ermöglichen, wenn Eigenanteile fehlen. Kommunale Schwerpunkte, z.B. Sanierung von Kindertagesstätten, müssen förderfähig gemacht werden.

Es muss endlich zu einem gerechteren Soziallastenausgleich zwischen den sächsischen Landkreisen und kreisfreien Städten kommen, der vom Freistaat zu finanzieren wäre. Es kann nicht länger hingenommen werden, dass Leipzig doppelt so hohe Sozialausgaben wie die Landeshauptstadt hat.
Seit dem Jahre 2001 sind Mittel des ehemaligen Investitionsfördergesetzes Aufbau Ost (IFG) in den Bundesgaushalt zurückgeflossen und werden seitdem nicht mehr gesondert ausgewiesen. Für den Freistaat Sachsen betrifft dies Mittel in Höhe von 882 Mio. Euro jährlich. Das begründet die Notwendigkeit der Investitionspauschale.

Wenngleich die Hauptursachen für die Finanzkrise bei Bund und Land zu suchen sind, bleiben hausgemachte Gründe:
Leipzig hat über Jahre hinweg, über seine Verhältnisse gelebt. Es galt das Prinzip Hoffnung! Ein Großprojekt nach dem anderen wurde begonnen, ein Event nach dem anderen fand statt. Erhebliche Mehraufwendungen für Bauprojekte konnten anscheinend ohne größere Probleme ausgeglichen werden. Es musste der Eindruck entstehen, dass Leipzig aus dem Vollen schöpfen kann. Seit langem kritisieren wir diesen Politikstil als „Festivalisie-rung der Stadtpolitik“. Wenn dabei der Blick für den Alltag verloren geht, führt das zu Realitätsferne. So wird immer davon gesprochen, dass Leipzig eine Stadt mit europäischer Geltung werden soll. Realistisch betrachtet, sind wir weit davon entfernt. Natürlich muss man sich in der Stadtpolitik hohe Ziele zu stellen, um langfristig voranzukommen. Dazu braucht man ein Leitbild. Wir bekräftigen unseren Standpunkt, dass ein solches Leitbild entwickelt werden muss . Damit wird eine verlässliche Grundlage für Ziele, Strategien und langfristige Programme der Stadtentwicklung gegeben. Erst dann können und müssen Prioritäten und Nachrangigkeiten in der Kommunalpolitik auch für den Haushalt bestimmt werden. Die gegenwärtige Diskussion im Zeitweiligen beratenden Ausschuss „Strategische Kommunalpolitik …“ halten wir bei aller Kritik, die wir an den inhaltlichen Ausgangspunkten haben, für wichtig. Sie leidet jedoch darunter, dass dieses Leitbild nicht existiert. Daher muss diese Diskussion im Jahre 2005 in eine Leitbildentwicklung münden. Ein entsprechender Stadtratsbeschluss ist auf Anregung der PDS-Fraktion erfolgt. Die Bürgerinnen und Bürger müssen erkennen können, welche Prioritäten und Nachrangigkeiten warum gesetzt werden und sie müssen die Möglichkeit haben, sich an der Diskussion daran zu umfassend zu beteiligen.
Auch wenn in den letzten Jahren ein erheblicher Spardruck bei den Ausgaben auf die Verwaltung ausgeübt worden ist, scheint dies nicht für alle Aufgaben gleichermaßen zu gelten. Aus diesem Grunde wurden von uns eine Reihe Anträge gestellt, die zu einer nachhaltigen Ausgabensenkung führen können. Dazu gehören die Absenkung der Mieteinnahmen, die Senkung der Ausgaben für die Nutzung von PkW, Ausgabenbegrenzung beim Stadt- und Standortmarketing u.a.

Zu drei Themen, die die gegenwärtige Haushaltsdiskussion mit bestimmen.

Den Abbau von 440 Stellen lehnen wir ab. Nicht nur wegen der überdurchschnittlich hohen Arbeitslosenquote in Leipzig, vor allem wegen der damit verbundenen Leistungsverdichtung und dem Abbau von Leistungen auch im Bereich der Daseinsvorsorge.
Angesichts der komplizierten Haushaltslage unterstützen wir die Aufnahme von Verhandlungen für einen beschäftigungssichernden Tarifvertrag, auch wenn Arbeitszeitverkürzungen ohne Lohnausgleich keine dauerhaften Lösungen sind. Als Ergebnis soll der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen stehen. Dabei muss man den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine mittel- bzw. langfristige Perspektive geben. Wir fordern die Verwaltungsspitze auf, die Kommunikation mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu verbessern, vor allem dort, wo bereits jetzt erhebliche Arbeitsüberlastungen vorhanden sind.
Wir wollen eine handlungsfähige Stadtverwaltung. Das schließt hoch motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein.Geradezu gespenstisch ist daher die Diskussion um einen weiteren Personalabbau, die durch Anträge der CDU und FDP hervorgerufen wird. Es ist unsolide, wenn nach dem Prinzip verfahren wird: Aufgaben bleiben, aber Personal muss weg! Die FDP geht noch einen Schritt weiter. Leistungen sollen privatisiert werden und da man per se der Auffassung ist, dass private Auftragnehmer billiger sind, wird gleich vorgegeben, dass nur noch 90 % der Personalkosten eingestellt werden sollen. Damit fallen die leistungsbezogenen Sachausgaben und 10 % der Personalausgaben weg. Was dies mit soliden Analysen und Überlegungen zu tun hat, bleibt das Rätsel der FDP. Privat ist besser als öffentlich rechtlich! – scheint das Motto der Privatisierer in diesem hohen Hause zu sein. Dieser Satz ist genauso falsch, wie die Umkehrung, dass öffentlich rechtliche Unternehmen immer besser sind. Damit sind wir bei der gegenwärtig sehr ideologisch geführten Privatisierungsdebatte öffentlicher Leistungen. Wir erklären zum wiederholten Male, dass wir jegliche Privatisierungen auch Teilprivatiserungen von Bereichen der Daseinsvorsorge ablehnen. Das betrifft vor allem die Unternehmen des LVV-Verbunds. Hinzu kommt, dass auch in wirt-schaftlich schwierigen Zeiten das Tafelsilber nicht verkauft wird! Private Beteiligungen machen nur Sinn, wenn damit die strategischen Positionen der Unternehmen gestärkt werden. Unternehmen bzw. Unternehmensbeteiligungen, die nicht mehr erforderlich sind, sollten abgegeben werden. Beispiel ist für uns die PUUL GmbH. Die Aufgaben dieses Personaldienstleisters können heute auch von privaten Gesellschaften erfüllt werden. Zumal die PUUL GmbH erhebli-che Zuschüsse aus dem Stadthaushalt erhält. Das betrifft auch andere Gesellschaften, die ehemals sinnvoll waren, heute nicht mehr notwendigerweise betrieben werden müssen. Wir regen an, dass mit allen Gesellschaften, die Zuschüsse der Stadt Leipzig erhalten, auch den Eigenbetrieben, Leistungsverträge ähnlich dem Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag abgeschlossen werden. Es geht also immer um eine Einzelfallbetrachtung. Der Haushaltsentwurf ist in das „Mittelfristige Haushaltssicherungskonzept 2005 – 2007“ eingebettet. In diesem Zusammenhang wurde die Anhebung der Hebesätze von Grund- und Gewerbesteuer durch den Oberbürgermeister vorgeschlagen. Dies lehnen wir aus zwei Gründen ab.Bei der Erhebung von Abgaben ist nach der Sächsischen Gemeindeordnung, Rücksicht auf die wirtschaftlichen Kräfte der Abgabepflichtigen zu nehmen. So steigen durch die beabsichtigte Anhebung des Hebesatzes der Grundsteuer B die Betriebskosten. Seit 1995 stieg die Gesamtmietbelastung und das bei stagnierendem Einkommen. So das Amt für Statistik und Wahlen.
Daneben wollen wir daran erinnern, dass vom Stadtrat auf Antrag der PDS-Fraktion mit dem Nachtragshaushalt 2003 eine Begrenzung der Anhebung der Hebesätze für die Gewerbesteuer und Grundsteuer B beschlossen wurde. Spätestens ab 2006 sollten die Hebesätze mindestens wieder auf das Niveau von 2002 gesenkt werden. Dies sollte über ein „Mittelfristiges Konzept zur Sicherstellung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Stadt“, das bis zum 17. September 2003 vorzulegen war, erfolgen. Das geschah jedoch nicht.

In der Folge sollen auf einig wesentliche Bereiche eingegangen werden:
Erstrangiger Schwerpunkt ist die kommunale Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung. Die Bilanz fällt auf diesem Gebiet sehr ernüchternd aus. Der aktuelle Stand der Arbeitslosigkeit in Leipzig betrug im Oktober 2004 ca. 18 Prozent und liegt damit weiterhin über dem sächsischen Durchschnitt (17,4 Prozent). Damit sind in Leipzig per 31.10.2004 43.778 Menschen ohne Arbeit. Leipzig behält seinen sächsischen Spitzenplatz unter den kreisfreien Städten. Die arbeits-marktpolitische Verantwortung liegt in Brüssel, Berlin und Dresden. Trotz dieser Situation, gibt es kommunalpolitische Handlungsspielräume.
Besonderes Gewicht ist der Industriepolitik beizumessen. Wir erwarten, dass sich die Verwaltungsspitze auch künftig konsequent für den Erhalt und die Entwicklung der regionalen Unter-nehmen einsetzt. Ein Schwerpunkt ist für uns die Förderung von Innovationen. Leider konnten die Stiftung für Innovation und Technologietransfer sowie der entsprechende Beteiligungsfonds nur wenig zur Entwicklung innovativer Unternehmen beitragen. Beide Instrumente werden de facto durch die anstehenden Veränderungen geschwächt. Das sehen wir kritisch. Hinzu kommt, dass Leipzig in der Technologieförderung vom Freistaat einen hinteren Platz belegt. Auch hier fordern wir Sie, Herr Oberbürgermeister, auf, mit die Voraussetzungen zu schaffen, dass sich dieser Zustand verändert.
Die Beschäftigungspolitik befindet sich im Zusammenhang mit Hartz IV im Umbruch. Hartz IV greift in einer Weise in die Lebenslagen von rund 60 000 Leipzigerinnen und Leipzigern ein, wie es noch vor Jahren unvorstellbar schien. Armut wird in unserer Stadt sichtbar zu nehmen. Unsere Generalkritik an Hartz IV besteht darin, dass sich der Druck auf bisherige Sozialhilfeempfänger und Langzeitarbeitslose beträchtlich erhöht, ohne wirkliche Aussicht auf neue Existenz sichernde Arbeitsplätze zu haben. Auch wenn wir an unserer Grundkritik festhalten, erwarten wir, dass Ein-Euro-Jobs nicht Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt gefährden. Wir werden auch aus den Erfahrungen mit dem bfb sehr darauf achten. Arbeitskräfte für den zweiten Arbeitsmarkt sollen verstärkt nach der Fachförderrichtlinie für Projekte der Beschäftigungsförderung Vereinen vermittelt werden, aber mit längerer Beschäftigungsdauer.
Zur Kinder- und Jugendpolitik. Verlässliche Bedingungen für die Jugendhilfe herzustellen, ist eine von vier zentralen Forderungen, wie sie der 2. Sächsische Kinder- und Jugendbericht aufge-stellt hat. Es steht für uns ebenso wie im Bericht nicht die Frage, „ob die Stadt als Träger der öffentlichen Jugendhilfe bereit ist, die Aufgaben der Kindertagesbetreuung, Familienförderung, Jugendarbeit oder Hilfe zur Erziehung zu übernehmen. Die Frage muss vielmehr lauten, was eine bedarfsgerechte Infrastruktur und Ausstattung ausmacht und wie diese realisiert wird.“ Dazu ist der Jugendhilfeplan ein hervorragendes Instrument. Der Zerstörung geplanter Strukturen und einer kurzfristigen Einsparung an Personal im Bereich Jugendhilfe werden wir uns weiterhin wi-dersetzen.
Deshalb beantragen wir auch für das Jahr 2005, keine Kürzungen im Bereich der Förderung der freien Träger der Jugendhilfe vorzunehmen. Die geplante Streichung von mehr als 25 Stellen, führt dazu, dass die beschlossenen Fachstandards stark herunter gefahren werden. Es reicht eben nicht aus, die Häuser auf- und zuzuschließen, sie müssen auch entsprechend der Interessen der Kinder und Jugendlichen mit inhaltlichen Angeboten gefüllt werden. Sehr kritisch sehen wir die Finanzierung im Bereich „Hilfen zur Erziehung“. Wir denken, dass die Mittel am äußersten Limit geplant sind. Wir haben die Befürchtung, dass aufgrund des finanziellen Drucks in diesem sensiblen Bereich Leistungsangebote nicht im erforderlichen Maße zur Verfügung stehen.
Erneut werden zwei Straßensozialarbeiterstellen gestrichen. Es ist das Geheimnis des Beigeordneten für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule, wie dieses Leistungsfeld überhaupt noch be-arbeitet werden kann.
Sehr zu begrüßen ist die Tatsache, dass in Leipzig alle Kinder einen uneingeschränkten Zugang zu Kindertagesstätten haben. Damit setzt die Stadtverwaltung den politischen Willen des Stadtrates und der Eltern um. Die PDS-Fraktion hat hier einen nicht unwesentlichen Beitrag geleistet. Doch ist der Bedarf, insbesondere bei den Kindern unter drei Jahren, nicht gedeckt. Hier bedarf es weiterer, auch investiver, Anstrengungen.
Der Sanierungsstau bei den Kindertagesstätten ist nach wie vor dramatisch. Wir sehen es deshalb als positiv an, dass in diesem Jahr das Investitionsvolumen gegenüber dem vergangenen Jahr auf ca. 4,6 Mio. Euro erhöht wird. Mindestens dieses Investitionsvolumen muss auch in den nächsten Jahren bereitgestellt werden. Die Sanierung von Schulen ist gleichfalls dringend. Die bauliche Sanierungsbedarf von Turnhal-len und Schulen spitzt sich zu. Das lässt sich in Zahlen ganz einfach ausdrücken. Lag der Durchschnittsplanansatz pro Schule im Jahr 2000 in der Unterhaltung baulicher und technischer Anlagen noch bei 61 000 Euro, so liegt er 2005 bei 30 950 Euro. Selbst Schülerinnen und Schüler mit geringen mathematischen Kenntnissen erkennen, dass dieser Planansatz um fast 50 % gesunken istDas geht eindeutig an die Qualität des Unterrichts, das Havarierisiko steigt, und es werden nur noch die allernotwendigsten Leistungen zur Erhaltung der Betriebsfähigkeit realisiert. Ein entsprechender Antrag zur Einstellung von Sanierungsmitteln, wurde von uns gestellt.Zu einem zweiten Problem. Immer wieder hat die Staatsregierung darauf Wert gelegt, dass es um Qualität an Schulen in Bildung und Erziehung geht. Dieser Fakt ist auch bei uns unbestritten.
So wurde im Frühjahr 2004 die Einführung neuer Lehrpläne an Grund-, Mittel- und Förderschulen sowie Gymnasien beschlossen. Das ist eine Notwendigkeit aus dem gesellschaftlichen Auftrag unseres Jahrhunderts und wichtig, wie die Ergebnisse der PISA- bzw. TIMMS-Studie oder der OECD-Auswertung deutlich machen.
Die Einführung neuer Lehrpläne erfordern neue Lehrbücher; die Einführung eines neuen Unterrichtsfaches mehr und andere Fachkabinette. Das war und ist der Staatsregierung bekannt, aber die Geldmittelausstattung für diesen Prozess wird den Kommunen überlassen. Ein Beispiel für die Nichteinhaltung des Konnexitätsprinzips.
Zur unsensiblen Personalpolitik im Bereich Kinder mit Behinderungen:
Vor drei Jahren war rühmte sich die Verwaltung, dass es Möglichkeiten gibt, die Mobilität von Kindern mit starken körperlichen Behinderungen zu verbessern. Nun kürzt sie in der Albert-Schweitzer-Schule zwei Personalstellen Kraftfahrer und will die schuleigenen Fahrzeuge verkaufen. Wir fordern den Erhalt dieser Betreuungsleistung.
Hinsichtlich der sozialen Infrastruktur wird es zu weiteren Leistungseinschränkungen kommen. Zu erinnern ist an die erhebliche Kapazitäts- und Personalreduzierung im Bereich der kommunalen Altenpflege oder auch daran, dass es keine Fortschreibung des Lebenslagenreports geben wird. Angesichts zunehmenden Rat- und Hilfebedarfs halten wir eine weitere Reduzierung der Vereinsförderung im Sozialbereich für nicht mehr hinnehmbar. Wir wenden uns auch erneut gegen die beabsichtigte Schließung der kommunalen Schwangerschaftskonfliktberatung und anderer Stellenkürzungen im Gesundheitsbereich. Die vorgesehene Streichung einer der drei Stellen im Referat Senioren- und Behindertenbeauftragte lehnen wir ebenfalls ab, weil dies zu einer absoluten Lähmung der Arbeitsfähigkeit dieser beiden Beauftragten führen würde.

Zur Kulturpolitik.
Leipzigs Kulturetat in Höhe von rund 100 Millionen Euro kann sich im Vergleich mit anderen deutschen Städten durchaus sehen lassen. Die kommunale Kulturpolitik ist allerdings nach wie vor stark auf die Leuchttürme der Leipziger Hochkultur fixiert. Während beispielsweise fünf kulturelle Eigenbetriebe ca. 71,5 Mio. Euro fast 4,5 Mio. Euro mehr als 2004 erhalten, werden die Fördermittel für die Vereine der Basiskultur wieder um 10 % gekürzt. Deshalb haben wir einen Antrag gestellt, um die Vereinskürzungen zurückzunehmen. Für viele Einrichtungen ist nach jahrelangen Einsparungen an der Substanz und enormer Selbstausbeutung die Schmerzgrenze nun-mehr erreicht; wichtigen „Bojen“ der Soziokultur – um im Bild der maritimen Orientierungsmittel zu bleiben – droht die schrittweise Versenkung. Ein negatives Paradebeispiel ist die AG Kommunales Kino Leipzig e. V., die bundesweit einen exzellenten Ruf genießt. Mit einer weiteren Absenkung der institutionellen Förderung, die im Verlauf der letzten fünf Jahre ohnehin von einem Drittel des Gesamtbudgets auf unter ein Fünftel rutschte, würde inzwischen auch der Name der Einrichtung quasi konterkariert.
Nachdem vor einem Jahr als Kompromiss das Bibliotheksentwicklungskonzept beschlossen wurde, wurde es immer wieder infrage gestellt. Für uns sind die Bibliotheken wichtige Bildungs- und Kultureinrichtungen mit hoher Priorität. Deshalb fordern wir die Einhaltung der Festlegungen dieses Konzepts. Ein entsprechender Antrag wurde gestellt.
Vor all diesem Hintergrund benötigt Leipzig im Rahmen der derzeit geführten Diskussion zur strategischen Kommunalpolitik endlich eine prinzipielle Debatte über den künftigen Stellenwert der Kultur im Leitbild der Stadt. Die vom OBM Tiefensee immer wieder eingeforderte „europäische Geltung“ Leipzigs existiert – wenn überhaupt – nur im Bereich Kunst und Kultur. Sie ist auch auf lange Sicht nur dort weiter ausbaubar. Die Diskussionen und Beschlüsse der letzten Jah-re wurden diesem Stellenwert allerdings nicht gerecht. Erhebliche Defizite sind seit dem nicht verabschiedeten Entwurf eines Kulturentwicklungsplanes (1995) und den beschlossenen Kultur-politischen Leitlinien (1999) entstanden. Während in anderen sächsischen Städten (z. B. Chemnitz, Dresden) mit Hilfe der Kulturentwicklungsplanung begonnen wurde, auf die gravierenden Veränderungen in den bundes- und landespolitischen Rahmenbedingungen zu reagieren, steht in Leipzig die Ausarbeitung eines zukunftsfähigen Kulturprofils noch aus. Die PDS-Fraktion beantragte daher die Ausarbeitung eines Kulturentwicklungsplanes im breiten demokratischen Diskurs. Er soll helfen, sowohl die Potenziale der Kultur für die künftige Stadtentwicklung zu erschließen als auch die gewachsene kulturelle Identität der Stadt zu befördern. Das schließt die Festlegung von Prioritäten und Nachrangigkeiten unter Beachtung der finanziellen Möglichkeiten einZum sozialen Stadtumbau und zur Investitionspolitik.Alle Dezernate und Ämter sollten den Stadtumbau als eine der wesentlichsten sozialen Aufgaben der begreifen.Dass dies nicht der Fall ist, erkennt man im Haushalt: Es ist kein Euro für Grünau, kein weiteres Gelder für die Urban-Gebiete eingestellt. Damit verzichtet die Stadt auf Fördermittel in Höhe von 21 Mio. Euro. Im Gegensatz zum Ausbau von Straßen spielt es für die Verwaltung keine Rolle, dass Finanzierungsmöglichkeiten mit teilweise unter 10% Eigenmitteln gegeben sind. Um dies zu korrigieren, haben wir einen Antrag gestellt. Der Betrag von 1,5 Mio. Euro ist für uns die unterste Grenze.
Ein wesentliches Vorhaben ist der „Grüne Bogen“. Der Haushalt vermittelt den Eindruck, dass dieses wichtigste Grünprojekt in Leipzig, aufgegeben wird. Das darf nicht geschehen. Deshalb unserer Antrag, dass aus den vorgesehenen Mitteln für Ausgleichsmaßnahmen (BMW) eine Mindestsumme eingestellt wird.Gerade weil die investiven Mittel immer knapper werden, ist eine Überprüfung aller Maßnahmen, die noch nicht begonnen wurden, notwendig.
Es ist einfach erforderlich, dass die Stadt sich vor der Annahme von Geschenken für die eigenen noch folgenden Kosten für Unterhaltung und Betrieb klar wird.Fördermittelbedingungen müssen geändert werden, sonst kommt weiter Unsinn heraus, wie der Ampelwald in der Karl- Liebknechtstraße oder die inzwischen als Verkehrshindernis erkannten Ampeln in der Delitzscher Straße, die schon ausgeschaltet wurden.

Grundsätzlich werden wir weitere Großvorhaben ablehnen, solange der Haushalt defizitär ist. Die vorhandenen Mittel müssen vor allem für die Sanierung der technischen, sozialen, kulturellen und sportlichen Infrastruktur eingesetzt werden. Das hat für uns erste Priorität. Wir haben hinsichtlich der Straßen eine wesentlich verbesserte Verkehrsinfrastruktur. Unter den gegebenen Haushaltsproblemen ist der weitere Ausbau für uns nachrangig.

Abschließend sei von uns darauf hingewiesen, dass für das Brandschutzamt nach Einschätzung des Amtsleiters die Grenze der Erfüllbarkeit von Pflichtaufgaben nunmehr erreicht ist. Das betrifft vor allem den so genannten "back-office"-Bereich. Auswirkungen werden sich im vorbeugenden Brandschutz und bei der Beurteilung von Bauvorhaben hinsichtlich der Brandsicherheit negativ bemerkbar machen.

Zum Abschluss danken wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung, der Eigenbetriebe und der Gesellschaften für ihre engagierte Arbeit. Besonders wollen wir an dieser Stelle Herrn Auerhammer und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Dezernats herzlich danken. Sie mussten in den letzten Monaten unter sehr schwierigen Bedingungen ihrer verantwortungsvollen Arbeit nachkommen.