Zur Vorlage der Stadtverwaltung „Bildung eines Gymnasiums Grünau“

Dr.Dietmar Pellmann

Die PDS-Fraktion ist für die Erhaltung beider gymnasialer Standorte; deshalb ergreifen wir bewusst nicht Partei für eines der Gymnasien.

Diese heute zur Abstimmung stehende Vorlage hat seit Herbst vergangenen Jahres beträchtliche Veränderungen erfahren. Zunächst sollte das Klinger-Gymnasium geschlossen werden, während für das Lichtenberg-Gymnasium eine sichere Perspektive vorgesehen war. Als diese Vorstellungen der Stadtverwaltung bekannt wurden, ging ein Aufschrei des Protestes durch das Klinger-Gymnasium, der anerkennenswert war, und auf jeden Fall eine Richtungsänderung bewirkte. Deshalb sollen wir heute über eine Zusammenlegung beider Gymnasien entscheiden; faktisch und juristisch geht es aber zunächst um die Aufhebung des Lichtenberg-Gymnasiums. Dies trägt die PDS-Fraktion nicht mit und hat daher einen entsprechenden Änderungsantrag gestellt.

Ich nehme diese Vorlage zum Anlass, um noch einmal auf einige prinzipielle Positionen einzugehen:

Die PDS-Fraktion ist für die Erhaltung beider gymnasialer Standorte; deshalb ergreifen wir bewusst nicht Partei für eines der Gymnasien. Wir haben auch nicht wenig versucht, um die Vertreter beider Schulen an einen Tisch zu bekommen. Wer wirklich für die Perspektive des Stadtteiles Grünau ist, muss für beide Standorte mit ihren unterschiedlichen Profilen sein.

Erlaubt sein muss die Frage, inwieweit sich Eltern und Schüler überhaupt noch auf unser Wort verlassen können. Als das Ratzel-Gymnasium geschlossen wurde, erging die Empfehlung, zum Lichtenberg-Gymnasium zu wechseln, weil dies ein sicherer Standort sei. Und wenig später steht nun auch dieses Gymnasium zur Disposition.

Erneut bestätigt sich die verheerende Wirkung der sächsischen Schulgesetzgebung. Anstatt die Chancen zu nutzen, die eine geringere Schülerzahl bietet, wird ohne Rücksicht auf die Perspektive eines Stadtteiles radikal geschlossen. Damit entsteht für solche Territorien ein Teufelskreis, der Bevölkerungsrückgang wird sich fortsetzen, weil immer weniger Angebote vorgehalten werden, die einen Zuzug als attraktiv erscheinen lassen.

Die kommunale Selbstverwaltung im Schulbereich gerät immer mehr zur Farce. Auch unser Stadtrat wird in diesem Bereich immer mehr zur Abnickmaschine degradiert. Ist es nicht ein eigenartiges Demokratieverständnis, wenn eine Behörde, in unserem Falle das Regionalschulamt, einer gewählten Körperschaft, wie dem Stadtrat, vorschreibt, was er zu tun und zu lassen hat. Ich plädiere nicht erst seit heute für die Auflösung der Regionalschulämter. Dies wird durch zwei Beispiele noch erhärtet. Bevor wir heute abzustimmen haben, wurde an alle Eltern der 4. Klassen der Leipziger Grundschulen eine Liste von Gymnasien ausgereicht, in der die Anmeldung am Lichtenberg-Gymnasium nicht empfohlen wird. Weshalb stimmen wir dann überhaupt noch ab, wenn das Regionalschulamt bereits vollendete Tatsachen geschaffen hat. Und ein zweites Beispiel: Trifft es zu, so frage ich, dass in Grünau ein Privatgymnasium entstehen soll? Wenn ja, wäre das der sprichwörtlich vollendete Skandal. Auf der einen Seite soll ein kommunales Gymnasium auf Druck des Kultusministeriums geschlossen werden; auf der anderen Seite genehmigt diese Behörde möglicherweise ein neues Gymnasium.

Abschließend die Frage an die Stadtverwaltung und an uns als Stadträte: Wie lange wollen wir die Knebelung durch das Regionalschulamt noch widerstandslos hinnehmen? Ist es nicht endlich an der Zeit, dass von Leipzig ein Protestsignal ausgeht, dem sich dann sicher auch andere Kommunen anschließen würden?