Zum Haushaltsentwurf 2003

Dr. Lothar Tippach

Die Finanzkrise der Kommunen ist schon seit langem eine existentielle Krise der kommunalen Selbstverwaltung. Sie hat vor allem strukturelle Ursachen. Und sie wird durch die anhaltend düstere konjunkturelle wirtschaftliche Schwäche sowie durch bundes- und landespolitische Entscheidungen, die zu erheblichen Einnahmeverlusten bzw. Ausgabeerhöhungen führen, verstärkt.

Die Finanzkrise der Kommunen ist schon seit langem eine existentielle Krise der kommunalen Selbstverwaltung. Sie hat vor allem strukturelle Ursachen. Und sie wird durch die anhaltend düstere konjunkturelle wirtschaftliche Schwäche sowie durch bundes- und landespolitische Entscheidungen, die zu erheblichen Einnahmeverlusten bzw. Ausgabeerhöhungen führen, verstärkt. In einem Papier der sächsischen kommunalen Spitzenverbände wird konstatiert, dass „alle Landkreise und eine Mehrheit aller Städte und Gemeinden bei einer realitätsbezogenen Veranschlagung der Einnahmen und Ausgaben ... nicht in der Lage sein werden, für das Haushaltsjahr 2003 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen“ .

Wenngleich für Leipzig ein ausgeglichener Haushaltsplanentwurf 2003 vorgelegt wurde, ist diese Entwicklung auch für ihn bestimmend. Sinkende Einnahmen, Fortsetzung des Personalabbaus verbunden mit weiteren Leistungseinschränkungen und ein erheblicher Rückgang der Investitionen unter das Niveau von 1997 ist charakteristisch. Die Entwicklung der Steuerkraft der Stadt Leipzig ist nicht ausreichend, um die Aufgaben der Stadt Leipzig erfüllen zu können. Hinzu kommen die Tilgungsverpflichtungen und Zinsverbindlichkeiten. Es liegt ein strukturelles Haushaltsdefizit vor, welches die Handlungsfähigkeit der Stadt Leipzig langfristig behindert. Hohe Arbeitslosenquoten und eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an Sozialhilfeempfängern belasten den Haushalt.Dringend erforderlich ist eine durchgreifende Gemeindefinanzreform, die nicht nur ein Ausweg aus der Krise ist, sondern zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung führt.

In der Koalitionsvereinbarung der die Bundesregierung tragenden Parteien wird eine Gemeindefinanzreform im Ergebnis der Arbeit der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen angekündigt. Wie bekannt wurde, will die Kommission erste Ergebnisse 2003 und den Endbericht frühestens Mitte Juni 2004 vorlegen. Wenn dann der Bundesminister für Finanzen mit Bezug auf die Haushaltssituation des Bundes zitiert wird, dass der Koalitionsvertrag ja kein Gesetz sei, dann sind große Zweifel berechtigt, ob es eine wirksame Reform der Gemeindefinanzen in der laufenden Legislaturperiode geben wird, oder alles in einer halbherzigen Flickschusterei endet. Dringend notwendig ist ein Sofortprogamm für die Kommunen, das die Rücknahme der Gewerbesteuerumlageerhöhung sowie ein kommunales Investitionsprogramm mit einer allgemeinen Insvestitionspauschale einschließt.
Neben den bundespolitischen Wirkungen sind die Belastungen der Kommunen aus dem sächsischen Doppelhaushalt für die Jahre 2003 und 2004 erheblich. Wir fordern u.a. die Beteiligung des Freistaats an der Finanzierung der explodierenden Ausgaben des Landeswohlfahrtsverbands, die Bereitstellung von Investitionszuschüssen für KITA´s, die Rücknahme der Kürzungen im Bereich der Förderung der Aussiedler- und Asylbewerberunterbringung, die Beibehaltung der Fördersätze, die sich auf kommunale Pflicht- und Weisungsaufgaben beziehen und die Dynamisierung der Kinderbetreuungspauschale, damit eine qualifizierte Kinderbetreuung in den Kommunen gewährleistet werden kann.

Die Risiken des Haushaltsentwurfs 2003 sind erheblich und lassen an der Solidität des Haushaltsentwurfs zweifeln.Die gesetzlichen Pflichten für die Aufstellung der Jahresrechnung 2001 sind auch 2002 nicht eingehalten worden. Erst gestern wurde die Jahresrechnung 2001 vorgelegt. Eine qualifizierte detaillierte Beurteilung ihrer Auswirkungen auf den Haushaltsansatz 2003 war für uns nicht möglich. Handauflegen reicht da bekanntlich nicht aus! Damit ist es wieder einmal nicht gegeben, die in der Haushaltsplanung veranschlagten Zahlen mit der Realität abzugleichen. Das trifft auch auf die Ergebnisse der Haushaltskonsolidierung 2002 zu. Die Frage, ob es aus 2002 Haushaltsdefizite gibt, die auszugleichen wären, ist so nicht beantwortet.
Zudem sind Haushaltsansätze unsicher. Das betrifft z.B. nicht bekannte Wirkungen auf die Förderpraxis aus der Hochwasserflut und unbekannte Auswirkungen laufender Gesetzgebungsverfahren, einschließlich Hartz-Konzept. Haushaltsansätze spiegeln oft das Prinzip Hoffnung wider. Als aktuelles Beispiel kann der auch in diesem Jahr beantragte finanzielle Mehrbedarf für Stromkosten für Straßenbeleuchtungs- und Lichtsignalanlagen dienen. Wie bereits im Jahre 2001 wurden auch 2002 überplanmäßige Ausgaben angezeigt. In diesem Jahr sind es 962 000 €. Es werden 2 829 500 € gesamt benötigt. Wer da denkt, dass nunmehr im Entwurf 2003 die reale Summe eingestellt worden wäre, hat sich getäuscht. Im Entwurf 2003 stehen 1 629 200 €, d.h. nur 60 % der tatsächlich benötigten Ausgaben und weniger als 2002.

Ein weiteres Problem ist die Entwicklung der Verschuldung und Tilgungsvorsorge. Die PDS-Fraktion hat die Politik einer Begrenzung und Verminderung der Verschuldung mitgetragen. Daran soll sich auch angesichts der realen Situation nichts ändern. Wir unterstützen, dass im nächsten Jahre erstmalig die Nettoneuverschuldung nicht steigt. Das ist angesichts der Haushaltssituation auch geboten. Durch die Tilgung von zwei endfälligen Darlehen in den Jahren 1999 und 2001 in Höhe von jeweils 51 Mio. € ist eine Stagnation des Schuldenstands der Stadt auf hohem Niveau erreicht. Im Jahre 2003 wird wieder ein Darlehen von 51 Mio. € fällig. Die Tilgungsvorsorge hat nur unzureichend stattgefunden. Die dadurch entstandene Unterdeckung wird 2003 durch Umschuldung ausgeglichen. Von der für 2003 vorgesehenen Kreditaufnahme von 89 Mio. € werden allein 40,8 Mio. € für die beschriebene Umschuldung benötigt. Nur 48,6 Mio. € stehen für investive Maßnahmen zur Verfügung. Hinzu kommt, dass 2008 das nächste endfällige Darlehen fällig wird. Tilgungsvorsorge hierfür ist nicht getroffen. So sehr wir auch die Anregung der Präsidenten der IHK und HWK zum Haushaltsplanentwurf 2003 verstehen und unterstützen können, angesichts des Investitionsrückgangs „einen Mittelweg zwischen Neuverschuldung und Erreichung von gesellschaftlichen Zielstellungen zu finden“ , ist die Haushaltswirklichkeit eine andere. Es sei hier angemerkt, dass auch der Rückgang der Sachausgaben im Verwaltungshaushalt unmittelbar auf die Auftragsvergabe an die regionale Wirtschaft negativen Einfluss haben wird. Ohne grundlegende Reformen der Gemeindefinanzierung ist eine dauerhafte finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt nicht zu erreichen.

Der Haushaltsentwurf 2003 ist eine Antwort auf die Bemühungen der CDU, Wasserwerke oder andere Beteiligungsunternehmen zu privatisieren. Ohne die Konsolidierungsbeiträge der Beteiligungsunternehmen wäre der Haushalt nicht auszugleichen gewesen. Man verkauft eben nicht das Tafelsilber, wegen kurzfristiger finanzieller Entlastung. Dabei gehen wir davon aus, dass die Konsolidierungsbeiträge nicht durch Preiserhöhungen bei den Stadtwerken und Kommunalen Wasserwerken zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger erwirtschaftet werden. Kommunalpolitischer und damit haushaltspolitischer Schwerpunkt ist die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik. Der aktuelle Stand der Arbeitslosigkeit in der Stadt Leipzig ist nicht nur der höchste der letzten zwölf Jahre und liegt deutlich über dem sächsischen Durchschnitt (17,1 %). Leipzigs Negativrekord von fast 46 000 Arbeitslosen und einer Quote von 18,5% (bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen) von Ende September 2002 wird nur noch von Bautzen übertroffen. Seit 1998 stieg die Arbeitslosenquote um 3,5 %. Auch im Vergleich zu den anderen sächsischen Großstädten Dresden (14,3%) und Chemnitz (16,8%) fällt Leipzig deutlich ab. Hinzu kommt, dass der Trendvergleich zwischen Leipzig, Dresden und Chemnitz eine unterschiedliche Entwicklung ergibt. Während in der Landeshauptstadt und in Chemnitz die Arbeitslosigkeit im Unterschied zum allgemeinen Trend in den letzten drei Jahren so gut wie stagnierte, stieg sie in Leipzig deutlich an. Die negative Entwicklung verstetigt sich. Daraus resultieren nicht nur große soziale Probleme. Die Abwanderung junger Familien wird langfristige Wirkungen auf die Stadtentwicklung zeitigen. Aus wirtschaftspolitischer Sicht ist der Rückgang der Kaufkraft vor allem für die regional verankerten Branchen dramatisch.
Auch wenn es Anstrengungen gibt, um diese Situation zu verändern, wird das erst langfristig geschehen. Dazu gehört die Verbesserung der Infrastruktur und die Ansiedlung großer Unternehmen, wie BMW. Die von BMW angezeigten 5 500 Arbeitsplätze werden zu einer Entlastung des regionalen Arbeitsmarkts beitragen. Weitere Arbeitsplätze werden mittelfristig, eher langfristig geschaffen werden. Aber daraus kann keine arbeitsmarktpolitische Wende abgeleitet werden. Auch wenn der Beigeordnete für Wirtschaft und Arbeit, Herr Schubert, auf einem Wirtschaftsforum in Engelsdorf vollmundig erklärt:“ Ich habe die Aufgabe in den nächsten 15 Jahren 30 000 Arbeitsplätze besetzen zu müssen.“ Der Negativtrend ist keinesfalls aufgehalten. Wenn beispielsweise die Gewerbean- und abmeldungen betrachtet werden, so überlebten statistisch 1998 von 5426 Anmeldungen 1134. Im Jahre 2001 waren es von 5514 Neuanmeldungen nur noch 530. Im Vergleich mit 1998 stieg im gleichen Zeitraum die Insolvenzrate um 19 % (1998=438; 2001=520). Trendsetter ist nicht das Baugewerbe, sondern andere Branchen, wie Verkehr, Gastgewerbe und das verarbeitende Gewerbe. So wichtig Leuchttürme sind, darf sich deshalb die Kommunalpolitik nicht ausschließlich darauf konzentrieren. Hier ist mehr Engagement vonnöten. Die Stiftung für Innovation und Technologietransfer trägt immer noch zu wenig zur Entwicklung wirtschaftlich effizienter Strukturen bei. Das ergibt sich auch aus der finanziellen Lage der Stiftung. Nicht anders verhält es sich mit der Wirksamkeit der Inno Tech GmbH (GmbH für Innovation und Technologietransfer). Nachdem es zwei Jahre gedauert hat, um einen Geschäftsführer zu finden, ist nach unserer Kenntnis erst ein Antrag beschieden worden. Wir halten es für erforderlich, dass die Mittel zur Förderung innovativer Arbeitsmarktprojekte erhöht werden. Deshalb haben wir einen entsprechenden Antrag gestellt.
Neben der Wirtschaftsförderung bleibt die aktive Beschäftigungsförderung eine wesentlich Aufgabe. Das Hartz-Konzept wird daran nichts ändern. Wenn aus beschäftigungspolitischer Sicht das abgelaufene Jahr beurteilt werden soll, dann ist ein konzeptionsloses und kopfloses Agieren festzustellen. Vom im Dezember 2001 beschlossenen Konzept zur „Neuorientierung und –strukturierung kommunaler Arbeitsmarktpolitik in Leipzig“ ist letztlich nur die Abwicklung des Betriebs für Beschäftigungsförderung übriggeblieben. Von den 5 800 bis 6 000 geplanten in beschäftigungsfördernden Maßnahmen einbezogenen Personen sind rd. 2 700 realisiert. Das sind bei der LESG ca. 50 % der geplanten Vergabe-ABM und bei der Aufbauwerk Regierungsbezirk GmbH von geplanten 600 gerade einmal 6. Von den 1000 für sonstige Träger geplanten Stellen tendiert die Bilanz gegen Null. Verantwortlich gemacht wurden im Laufe des Jahres hierfür einmal das JobAQTIV-Gesetz und später Hartz. Aus- und Herumreden auf Fraktionsanfragen zu diesem Thema im Stadtrat dominierte! Und das bei der bereits erwähnten Arbeitslosenquote. Die Verantwortung hierfür liegt jedoch bei Ihnen Herr Oberbürgermeister. Diese Herangehen setzt sich mit den für die Ratsversammlung am 11.12.2002 eingebrachten Vorlagen zur Umsetzung des Hartz-Konzepts fort. Das Gesetzgebungsverfahren hat mit noch unbestimmten Ausgang gerade einmal begonnen, da wird nach dem Grundsatz „Überholen statt einzuholen“ vorgeprescht. Wem soll das nutzen? Den Arbeitslosen nicht. Wir erwarten, dass mit dem Haushaltsplan 2003 eine solide intelligente, aktive Arbeitsmarktpolitik effizient auch unter veränderten Rahmenbedingungen weiterbetrieben wird.

Für uns ist und bleibt der Schwerpunkt im Investitionsbereich der Erhalt, die Sanierung und die Entwicklung der technischen, sozialen, kulturellen und sportlichen Infrastruktur. Wir halten es für dringend notwendig, keine weiteren Großprojekte mit städtischer beteiligung zu beginnen. Das steht in Übereinstimmung mit der sächsischen Verwaltungsvorschrift (VwV) kommunale Haushaltswirtschaft 2002 vom 31.01.2002, die vorschreibt, dass sich Kommunen im investiven Bereich auf die Sanierung und Erneuerung der infrastrukturellen Grundversorgung beschränken sollen. Sichtbar ist ein weiterer Substanzverschleiß. Nachdem im vergangenen Jahr für die Sanierung der Kindertagesstätten der Stadt insgesamt (einschließlich der Landesmittel) ca. 6,8 Mio. € zur Verfügung standen, sind es in diesem Jahr lediglich 2,9 Mio. €. Es macht schon bedenklich, wenn in einer Antwort des sächsischen Sozialministers auf eine Anfrage der PDS-Fraktion ausgeführt wird, dass 40 % der 2 700 sächsischen KITA`s und Horte wesentliche bauliche Mängel aufweisen und am schlimmsten die Zustände in Leipzig seien. Der schlechte bauliche Zustand, verbunden mit Sicherheitsmängeln, welche auch zum Entzug der Betriebserlaubnis führen können, kann nicht hingenommen werden. Inzwischen benötigen wir dringend jede Einrichtung. Ein entsprechender Antrag wurde von uns eingebracht. Das Land fordern wir auf, mindestens in Höhe des auslaufenden Investitionsprogramms, Zuschüsse für Sanierung von KITA`s bereitzustellen. Kritisch sehen wir den überproportionalen Rückgang der Mittel des Verwaltungshaushalts für die Unterhaltung der baulichen, technischen und Außenanlagen von Schulen. Damit wird die materielle Basis auch in den Schulen gefährdet, die im letzten Jahrzehnt aufwendig saniert worden sind. Zu begrüßen ist, dass die in den vergangenen Jahren immer wieder versuchte Kürzung der Mittel für die Sportförderung und Zuschüsse für vereinseigene Sportanlagen in diesem Jahr nicht erfolgt ist. Allerdings ist es angesichts der Olympiabewerbung nicht zu vermitteln, dass die Investitionszuschüsse für Sportvereine um 55 000 € vermindert worden sind. Auch wenn in den letzten Jahren erhebliche Mittel in die Errichtung von sportlichen Großprojekten geflossen sind, sind mit den im Haushaltsplanentwurf 2003 eingestellten Investitionsmitteln keine nennenswerten Fortschritte zur Sicherung der baulichen und materiell-technischen Basis bei den vorhandenen Sportanlagen, z.B. der Radrennbahn, dem Stadion des Friedens und der Sporthalle Leplaystraße zu erreichen. Wir können und dürfen uns nicht allein auf die Olympiabewerbung verlassen. Bei einer Reihe von Sportanlagen ist im Interesse des Kinder- und Jugendsports sowie Breitensports dringender Sanierungsbedarf vorhanden.

Mehrfach haben wir darauf verwiesen, dass ein Umsteuern im Straßenbau notwendig ist. Es ist unstrittig, dass für die wirtschaftliche Entwicklung eine gut ausgebaute Infrastruktur notwendig ist. Nicht einsichtig ist jedoch, dass mit Verweis auf die Bevölkerungsentwicklung Teile der Infrastruktur im sozialen Bereich bzw. Bildungsbereich abgebaut werden und andererseits immer noch von einer relevanten Zunahme des Straßenverkehrs bzw. der Verkehrsbelastung mit den Folgen für den Straßenbau ausgegangen wird. Ist tatsächlich der Ausbaugrad jeder neuen Straße begründet und brauchen wir den Straßenbau in dem vorgesehenen Umfang? Wir halten eine Neubewertung der Verkehrspolitischen Leitlinien für notwendig. Eine deutliche Schwerpunktverschiebung zugunsten der Reparatur bzw. Sanierung des vorhandenen Straßennetzes im Zusammenhang mit der Minderung der zunehmenden Lärmbelastung und des Gefahrenpotentials ist dringend notwendig, wie die veröffentlichten Daten zeigen. Wir fordern, dass die Untersuchungsergebnisse dazu öffentlich gemacht werden. Die Umweltqualitätsziele dürfen nicht der Finanznot zum Opfer fallen. Der Ausbau des Radwegenetzes steht in den Sternen, weil die finanzielle Untersetzung fehlt.

Der große Sozialhaushalt ist vor allem Beleg für die in Leipzig vorhandenen sozialen Probleme. Nach wie vor hat Leipzig einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Sozialhilfeempfängern. Mit 55 Sozialhilfeempfängern je 1000 Einwohnern liegt Leipzig erheblich über dem Bundesdurchschnitt. In ihrer Amtszeit, Herr Oberbürgermeister, ist seit Ende 1997 bis heute die Zahl der Sozialhilfeempfänger von 14 0000 auf 26 000 gestiegen. Soziale Ausdifferenzierungen nehmen zu. Das trifft besonders auf den Kinder- und Jugendbereich zu. Auch wenn in den vergangen Jahren einige wesentliche inhaltliche Grundlagen geschaffen wurden, ist zu konstatieren, dass einerseits die sich daraus ergebenden Konsequenzen, z.B. aus dem Lebenslagenreport sich nicht im Haushalt widerspiegeln und andererseits die Grundlagen nicht weiterentwickelt werden. Sozialpolitische Leitlinie für die Stadt entsprechend des Auftrags des Stadtrats fehlen immer noch. Wir halten die Entscheidung zur Zusammenlegung der Sozialbereiche und die Schaffung eines solchen großen Bereichs nach wie vor für falsch. Da muß jeder überfordert sein. Zumal wenn er gleichzeitig die Aufgabe als Olympiabeauftragter qualifiziert wahrnehmen will.Dringend notwendig ist der von uns mehrfach geforderte Soziallastenausgleich über die Landesmittelzuweisungen.Nachdem in den vergangenen zwei Jahren die Zuschüsse an Freie Träger der Jugendhilfe gekürzt worden sind, ist dieser Negativtrend gestoppt. Dies ist dringend vor dem Hintergrund einer weiteren steigenden Jugendarbeitslosigkeit sowie einer nach wie vor hohen Rate von Sozialhilfeempfängern unter 18 Jahren geboten. Unter diesem, Gesichtspunkt unterstützen wir die Strategie, die bestehende Jugendhilfestruktur in ihrer Breite zu erhalten. Dies wird allerdings zukünftig mit dem gleichen Haushaltsansatz nicht mehr gelingen. Die steigende Kosten können schon jetzt nicht mehr kompensiert werden.Sowohl die Stellenkürzung im Bereich der Jugendsozialarbeit, die Beendigung der Tätigkeit der Sportsozialarbeiter als auch die Schließung einer Erziehungsberatungsstelle als Konsolidierungsmaßnahme werden von uns abgelehnt. Diese Maßnahmen stehen im Widerspruch zur von der Stadt propagierten Zielrichtung, nach der im ambulanten Bereich der Jugendhilfe verstärkt Hilfe anzubieten ist, um so stationäre Unterbringung zu vermeiden. Im vom Stadtrat beschlossenen Teilfachplan Beratungsstellen steht geschrieben, dass Erziehungs- und Beratungsstellen schon jetzt an ihre Kapazitätsgrenze gelangt sind. Wartezeiten über vier Wochen sind keine Seltenheit. Die Schließung einer Erziehungsberatungsstelle ist aus diesem Grund unverantwortlich und da der Bedarf nicht mehr gedeckt werden kann auch ungesetzlich.

Dringend notwendig ist der seit langem avisierte Kulturentwicklungsplan. Seit Jahren haben wir recht unverbindliche Kulturpolitische Leitlinien. Es ist an der Zeit, den seit langen von uns geforderten Entwicklungsplan vorzulegen. Dieser sollte gemeinsam mit den Kulturschaffenden erarbeitet werden und nach breiter öffentlicher Diskussion beschlossen werden. Auch um endlich Klarheit zu schaffen, was in der Kulturstadt Leipzig eine kulturvolle Zukunft hat und wo Nachrangigkeiten sind. Bei der von Sparzwängen geprägten Kulturdebatte darf niemals vergessen werden, dass es um Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt geht. Den Bürgerinnen und Bürger muß die Möglichkeit erhalten bleiben, Kultur und Kunst aktiv zu erleben und selbst zu gestalten. Ein ausgewogenes und gleichberechtigtes Verhältnis aller Kulturbereiche ist notwendig. Um das zu erreichen, bedürfen solche Fragen einer andauernden, lebendigen Diskussion zwischen Politik, Kultur, Verwaltung sowie den Bürgern, wie: Wie kann die Vielfalt der Kultur Leipzigs erhalten werden? Welche Prioritäten und welche Nachrangigkeiten sind zu setzen und wie ist die Kulturförderung so zu gestalten, dass Planungssicherheit für freie Träger geschaffen wird? Das Gespräch der Fraktionsvertreter mit den Vertretern der freien Szene in diesem Jahr ist uns dafür zielführender Beginn. Sollte es doch im Ausschuß neben der Vergabe von Fördermitteln vor allem um die Klärung kulturpolitischer Fragen und Probleme gehen. Und das geht nur im permanenten Dialog mit Künstlern, Kulturmachern und kulturinteressierten Bürgern.Der Bibliotheksentwicklungsplan liegt bis heute nicht vor, aber der Abbau im Bibliotheksbereich geht weiter. Wir halten aus kultur- und bildungspolitischer sowie aus dem Blickwinkel von Stadtteilentwicklung für kurzsichtig. Immer mehr zieht sich Kultur aus der Fläche zurück. Das Anschaffungsbudget muß zum Substanzerhalt dringend aufgestockt werden. Der Stadtumbau muß mit Konsequenz als Stadtgestaltung weiterbetrieben werden. Eine konzentrierte Sicherstellung der Finanzierung ist auch deshalb erforderlich, damit der Stadtumbau nicht zum Abrißkonzept verkommt. Wir fordern die Bundes- und Landesregierung auf, die Mittel für die Stadtumgestaltung bereitzustellen. Das ist von großer strategischer Bedeutung.

Im Haushaltsplanentwurf 2003 setzt sich die Einschränkung der Pflicht- und freiwilligen Leistungen fort. Das ist unmittelbar mit dem weiteren Personalabbau verbunden.Überlastungsanzeigen durch Arbeitsverdichtung in den Arbeitsbereichen sind die Folge. Eine Personalentwicklungsplanung existiert nicht. Notwendige Aufgabenkritik zur Effiziensteiegerung der Dienstleistungsqualität wird durch Konsolidierungserfordernisse erschwert. Die Folge sind Einschnitte in die Dienstleistungsqualität. Steigende Wartezeiten in den publikumsorientierten Bereichen, zunehmende Defizite bei der Pflege des Stadtbilds, Einschnitte bei der Einhaltung der Festlegungen des Brandschutzbedarfsplans usw. sind die Folge. In vielen Bereichen sind die Grenzen der Zumutbarkeit lange überschritten. Vor wenigen Monaten beauftragte die Ratsversammlung Verwaltung und Politik die spezifischen Perspektiven von Frauen und Männern im Sinne von Chancengleichheit und realer Gleichberechtigung bei Entscheidungen anzuwenden. Die diesjährige Entscheidungsvorlage zum Stellenabbau macht deutlich, dass die Mehrzahl der zur Disposition stehenden Stellen Frauenarbeitsplätze sind. Dies lehnen wir ab.Eine ausreichende Finanzierung der Leipziger Mädchen- und Frauenvereine wird angesichts der Haushaltssituation immer prekärer. Kürzungen werden wie auch bei der Förderung von Bürgervereinen vorgenommen. Hier muß nachgebessert werden.

Alles in allem mehr Schatten als Licht. Bewegungsspielräume sind so gut wie nicht mehr vorhanden. Damit ist kommunale Selbstverwaltung in ihren Grundlagen gefährdet. Veränderung ist notwendig.
Zum Abschluß meiner Ausführungen bedanke ich mich namens der PDS-Fraktion bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kämmerei, das sie es auch in diesem Jahre bei ungleich schwieriger gewordener Ausgangslage geschafft haben, einen Haushaltsplan vorzulegen, der noch in diesem Jahr zur Beschlußfassung steht.
Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung, der Eigenbetriebe und städtisschen Gesellschaften danke ich namens der PDS-Fraktion für ihr großes Engagement im zur Neige gehenden Jahr.