Zu den neuen Preisen im Gewandhaus

Klaus-Dieter Bartig

Es ist „ungeschriebenes Gesetz“, wenn man ein neues Publikum „anlocken“ und gewinnen will, dann sicher nicht mit der teuersten Preisgruppe, sondern mit den sogenannten „billigen“ Plätzen!

Wie man mit einem relativ schmalen Budget maximale Wirkung erreichen kann, hat uns das Gewandhaus zu Leipzig 2001 gezeigt.
Ein einprägsamer Slogan, nämlich „Endlich September“, und ein Marketingbudget für diese Aktion von nur 70 Tausend DM, mehr hat es nicht gebraucht, um eine der erfolgreichsten deutschen Kulturkampagnen ins Rollen zu bringen. Mit diesem, für die Branche geringem Budget, schaffte es das weltberühmte Gewandhausorchester, sehr wirksam auf die Eröffnung der neuen Saison hinzuweisen.Dadurch den Verkauf der Konzertabonnements um 32 % auf 10100 Abos zu steigern. Solch einen Zuwachs hatte 2001 kein anderes deutsches Konzerthaus vorzuweisen. Damit hatte man die Abwanderung des „Stammpublikums“ gestoppt.Das Publikum kam wieder!

Kurz danach, im Februar 2002 kam es dann letztmalig zu einer Anhebung der Eintrittspreise und neuer Abonnementbedingungen.
Welch ein Glück, das Publikum hielt seinem Gewandhaus weiterhin die Treue!
Die nächste Erhöhung der Eintrittspreise war für die Spielzeit 2004/2005 vorgesehen.Wir haben jedoch erst Januar 2003, und wieder liegt Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Beschlussvorschlag über eine Neufestsetzung der Eintrittspreise für die Spielzeit 2003/2004 vor!

Die Preisspirale beginnt sich sehr vorfristig nach oben zu bewegen!

Anliegen der Gewandhausleitung war immer, ein neues Zielpublikum und damit mehr Zuschauer zu erreichen!Mit dem Schauspielhaus zusammen, war das Gewandhaus immer ein Vorreiter, wenn es darum ging, Hemmschwellen für den Bürger abzubauen. Man wollte weg vom Image eines „Hochkulturtempels“ mit elitärem Anspruch, hin zu einem aufgeschlossenen Gewandhaus mit einer niedrigen Eintrittsschwelle, die bisherigen Preise haben einen nicht geringen Anteil daran!
Man will ein offenes Haus, mit offenen Türen!
Man wollte Menschen, die u.a. nach dem Einkaufen ihre Plastiktüten an der Garderobe abgeben um sich noch etwas Besonderes zu gönnen.
Sehr lobenswert!
Ich habe jedoch das ungute Gefühl, das langsam die offenen Türen zugehen könnten!

Zugehen für solche Leute, die vielleicht gerade erst den Schritt über die sogenannte „Schwelle“ dieses Hauses gewagt haben!
Das müssen nicht immer nur sozial schwache Bürger sein, obwohl man gerade dieser Besuchergruppe einen qualitativ guten Platz zu moderaten Preisen anbieten müßte!Es ist ein Trugschluß, wenn man glaubt, die steigenden Personal-, Instandhaltungs- und Betriebskosten hauptsächlich durch Eintrittspreiserhöhungen „abfedern“ zu können!
Es ist auch ein Trugschluß zu glauben, daß die Mitglieder meiner Fraktion jegliche Preisanhebungen konsequent ablehnen!
Auch wir können betriebswirtschaftlich denken, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Es kann nicht sein, das 50% der Personalkostensteigerungen durch die Häuser erwirtschaftet werden müssen.Als Eigenbetrieb einer Kommune, hat die Kommune die Pflicht diese Kosten zu tragen, nicht das Publikum!

Unser Änderungsantrag würde dem Gewandhaus sogar etwas mehr Geld in „die Kasse“ bringen, als der Verwaltungsvorschlag!
Was jedoch bedeutend wichtiger wäre ist der Imagegewinn für das Haus. Es wäre eine Fortführung der Marketingstrategie des Gewandhauses und könnte zur Erschließung von neuen Publikumszielgruppen führen!Denn eines ist „ungeschriebenes Gesetz“, wenn man ein neues Publikum „anlocken“ und gewinnen will, dann sicher nicht mit der teuersten Preisgruppe, sondern mit den sogenannten „billigen“ Plätzen!Auch die Treue des „Stammpublikums“ sollte man nicht über Gebühr strapazieren.Wie sagt Herr Stiehler, der Verwaltungsdirektor des Gewandhauses, in einem Interview vom 5.08.2001 gegenüber der LVZ:„Mehr statt teurer zu verkaufen, das muß unsere Maxime sein. Wir machen ja nicht Kultur zum Selbstzweck, sondern für das Publikum. Das Publikum, das sind unsere VIP`s!“In diesem Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag!"