Umweltschutz muss sozial gerecht sein!

Michael Neuhaus

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrter Beigeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen,

 

Wir haben ein gewaltiges Problem. Wenn ich mit „da draußen“ mit Menschen über Umweltschutz rede, dann denken diese als erstes ich wöllte an ihr Portemonnaie. Ich mache das mal am Beispiel Klima fest. Die Menschen hören Klimaschutz und verstehen höhere Preise, Verzicht und Verbote.

Eine Studie des Bundesumweltamtes sagt: 91 Prozent befürworten mehr Klimaschutz. Gleichzeitig befürchten drei Viertel, dass die Schere zwischen Arm und Reich sich weiter öffnet und 39 Prozent haben sogar Angst vor dem sozialen Abstieg. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, kommt davon, dass in Deutschland eine Klimapolitik gemacht wird, die den Eindruck erweckt, man müsse das Klima vor allem vor einer Sache schützen: vor der ärmeren Hälfte der Bevölkerung.

Strompreisbremse: Die Bundesregierung hat den Strompreis nur für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs gedeckelt, weil man Energiesparanreize schaffen wollte. Für die WG, in der ich letztes Jahr noch gewohnt habe, bedeutete das eine Nachzahlung von sage und schreibe 400 Euro für sechs Monate. Können mir die Mitglieder der Regierungsparteien mal erklären, wie eine vierköpfige WG von Lohnabhängigen ihren Stromverbrauch um 20 Prozent reduzieren sollen? Wir hätten ja die Sauna abgeschaltet. Nur leider hatten wir keine.

Ich verspreche Ihnen: Die Enteignung der ärmeren Hälfte der Bevölkerung schafft vieles, aber sicher keine gesellschaftlichen Mehrheiten. Das kann nur eine Politik, die Umwelt und Klima als soziale Frage versteht. Und da haben auch wir hier in Leipzig noch einigen Aufholbedarf. Denn im Energie- und Klimaschutzprogramm steht davon kein Wort. Stattdessen: Aufzählung von Emissionen verschiedener Energieträger, CO2-Budgets, und sonstiger technischer Schnickschnack. Damit gewinnen sie da draußen bei vielen Menschen jedenfalls keinen Blumentopf.

Wir schlagen Ihnen daher die Entwicklung eines Umweltgerechtigkeitsatlas vor. Wo wohnen diejenigen, die keine Villa mit Pool, aber auch keinen anständigen Park in der Nähe haben? Wo wohnen diejenigen, die keine Kohle, aber eine besonders teure, dreckige, alte Heizung haben? Wo sind die Straßen besonders dreckig? Die Strompreise hoch, aber die Einkommen niedrig?

Und da, genau da, machen wir dann Umweltschutz. Und zwar sozialen Umweltschutz, meine Damen und Herren. Die sozialen Daten und die Umweltdaten dafür liegen vor. Wir erfassen sie seit Jahren. Wir müssen sie nur endlich kombinieren und gemeinsam statt getrennt betrachten. Aber natürlich wissen wir, dass so etwas auch nicht von heute auf morgen geht.

Als Sozialist bin ich ein großer Fan eines planvollen Vorgehens: Der Umweltgerechtigkeitsatlas soll in das nächste Umsetzungsprogramm 2023/2026 zum Energie- und Klimaschutzprogramm integriert werden. Dort kann dann eine Zeitschiene festgelegt und die benötigten Gelder angemeldet werden.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Mit dem vorliegenden Antrag können wir ein Instrument entwickeln, dass es uns erleichtert, Umweltschutz für viele, nicht für die Wenigen zu machen.  Sie haben die Qual der Wahl.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.