Schulschließungen ignorieren die Interessen von Kindern und Jugendlichen

Margitta Hollick

1995 diskutierten wir im Stadtrat die erste Schulnetzplanung bis 2005. Ziel war es den Eltern, Schülerinnen und Schülern, den Lehrerinnen und Lehrern Planungssicherheit zugeben, um so auf den aktuellen Schülerrückgang zu reagieren.

1995 diskutierten wir im Stadtrat die erste Schulnetzplanung bis 2005. Ziel war es den Eltern, Schülerinnen und Schülern, den Lehrerinnen und Lehrern Planungssicherheit zugeben, um so auf den aktuellen Schülerrückgang zu reagieren. Dieses erste Dokument wurde 2001 grundsätzlich überarbeitet und für die Jahre bis 2008 präzisiert.

Wo stehen wir heute:
Für 28 Grundschulen, 22 Mittelschulen und 13 Gymnasien wurde ein Beschluss zur Schließung der Schulen im Stadtrat gefasst.
Ich erinnere Sie nur an die Schließbeschlüsse unserer Wahlperiode, die immer mit Mehrheit der SPD- und CDU-Fraktion in unserem Hause gefällt wurden.
1999 Schließbeschlüsse für 10 Schulen
2000 Schließbeschlüsse für 9 Schulen
2001 Schließbeschlüsse für 11 Schulen
2003 Schließbeschlüsse für 3 Schulen und wenn es nach dem Regionalschulamt gegangen wäre, würden heute noch mehr Schulen zur Diskussion stehen.
Dass das Wahljahr 2004 auch auf dieses Problem Auswirkungen hat, zeigt sich an der heutigen Stadtratssitzung. Sogar die CDU-Fraktion zeigt sich moderat. Vorgesehene Schließungen wurden zurück genommen, jetzt liegt die Verantwortung beim Land.

Die PDS-Fraktion hat sich nicht grundsätzlich Schulschließungen verweigert. Dort, wo diese auch an den Schulen Akzeptanz gefunden haben, stimmte wir mehrheitlich zu.
Aber nur dort.

Vor zwei Jahren hat uns PISA das erste Mal erschreckt, aber leider ist es in Sachsen im wesentlichen beim Erschrecken geblieben.
Rahmenbedingungen zugunsten der Schülerinnen und Schüler wurden nur unwesentlich verändert. Der Schülerrückgang wurde im Freistaat nicht genutzt, um Bedingungen für Schülerinnen und Schüler, für Lehrerinnen und Lehrer deutlich zu verbessern.

Die Ergebnisse sprechen für sich:
Fast jeder 8. Schüler verlässt die Schule ohne Schulabschluss, jeder weitere 8. Schüler mit Hauptschulabschluss. Unternehmen und Universitäten beklagen sich über das Niveau auch der Schüler mit Realschulabschluss bzw. Abitur. Und das im 21. Jahrhundert, das von der Bildungsfrage geprägt ist.

Wir haben jetzt das Schülertief in den Mittelschulen und Gymnasien erreicht und es wird sich bis 2008 an der Situation kaum etwas ändern. Es müssen neue Wege im schulischen Bereich gegangen werden, sonst wird der Stadtrat weiter jährlich über Schulschließungen beraten müssen. Zeigen wir als Stadt endlich Rückgrat gegen die konservative Schulpolitik des Freistaates. Verharren wir nicht auf dem alten Standpunkt und tun wir nicht so, als wäre die Schulaufhebung der einzige Weg, auch wenn er sicher der billigste ist.Wir hatten mal eine Planung, die auf den Schülerrückgang reagiert hat; aber mit dem heutigen Dokument gehen wir ein Schritt zurück und erfüllen nur noch die Forderungen der Landesbehörde.

Herr Oberbürgermeister,nachdem Eltern über einen Volksantrag eine Veränderung des sächsischen Schulgesetz versuchten und damit scheiterten, fordern wir sie auf, sich aktiv gegen diese Art der Schulpolitik zu wehren, eine Schulpolitik, die sich nicht an den Interessen von Kindern und Jugendlichen orientiert, sondern die von finanziellen Erwägungen bestimmt ist. Deshalb unser Antrag heute zur Aufnahme in die Tagesordnung, alle rechtlichen Mittel gegen die Mitwirkungsentzüge zu nutzen.

Diese Schulpolitik beeinflusst und behindert auch nachhaltig unsere Stadtentwicklung.
Beispiel dafür sind Grünau. Wir schließen ein staatliches Gymnasium, dafür eröffnet vermutlich ein freier Träger in unmittelbarer Nachbarschaft zur Klinger-Schule ein Gymnasium. Ja, er will sogar das Gebäude eines vom Stadtrat geschlossenen Gymnasium benutzen. Es hört sich wie ein schlechter Witz an, ist aber traurige Wahrheit.

2. Beispiel der Leipziger Osten.
Der Eingriff in die Schullandschaft dieses Stadtteils wird sich nachteilig auf seine stadtplanerische Gestaltung und damit auch auf die soziale Mischung der Bevölkerung auswirken. Unterschiedliche Schularten machen nun einmal Stadtteile attraktiv und ein breites Schulangebot kann Zuzüge von Familien aller Schichten fördern. Wenn wir sogar aufgefordert werden, die zweifelsohne modernste Schule unserer Stadt, die Gustav-Hertz-Schule, zur Disposition zu stellen, kann das gleiche Folgen in Paunsdorf haben wie in Grünau. Die Paunsdorfer Mittelschulen sind gut ausgerüstet; sie müssen nicht umziehen. Sie müssen bleiben, alle beide, um diesen Stadtteil zu gestalten. Falsche Schulentscheidungen haben Signale auf Ansiedlungen.

Lassen wir so etwas nicht zu.

Die PDS-Fraktion wird der Vorlage 3431 bis auf die Liste 1 b nicht zu stimmen.
Mit dieser Vorlage wird der Prozess der weiteren Schulschließungen in unserer Stadt fortgeführt und das tragen wir nicht mit. Wir wenden uns konsequent gegen weitere Schulschließungen.

Anmerkung:

Die Fortschreibung des Schulentwicklungsplanes wurde mit den Stimmen der PDS und CDU abgelehnt. Das klingt optimistisch, hinterlässt aber bei mir einen faden Beigeschmack. Die Mitglieder der CDU - Fraktion haben sowohl im Schulnetzplanungsausschuss als auch im Fachausschuss der Vorlage zugestimmt, im Stadtrat dagegen. Ist es Wahlkampfverhalten der CDU und damit nur taktisches Geplänkel. In der Pause sagte ich zu Frau Kühn, schulpolitische Sprecherin der CDU - Fraktion, dass ihr Abstimmungsverhalten mich erfreute aber auch verwunderte, da es im Widerspruch zu ihrem Auftreten im Fachausschuss steht. Die Antwort von Frau Kühn war, „sie habe den Plan deshalb abgelehnt, weil er ihr nicht weit genug ginge. Sie hätte mehr Schulen geschlossen.“ Das hat sie aber in ihren Redebeitrag so nicht zum Ausdruck gebracht.
Die Wählerinnen und Wähler sollten die Mitglieder der CDU-Fraktion auf die Glaubwürdigkeit ihres Verhaltens prüfen und hinterfragen, ob sie bei dieser Position zu den Schulschließungen auch nach der Kommunalwahl im Juni und Landtagswahl im September 2004 bleiben.Ich befürchte, dass diese Fraktion 2005 ein völlig anderes Verhalten demonstriert.