Redebeitrag der Stadträtin Franziska Riekewald zur Ratsversammlung 16.6.2022, TOP 18.4 "Ansiedlung und Erweiterung bedeutender Einrichtungen aus Bildung, Wissenschaft und Medizin in Leipzig - Grundstückstauschvertrag Freistaat Sachsen und Stadt Leipzig"

Stadträtin Franziska Riekewald

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, werte Stadträtinnen und Stadträte, liebe Gäste,

eins vornweg: Auch wir als LINKE sehen die guten Aspekte des Grundstücks-Tauschgeschäftes. Ja, wir wissen, dass der Freistaat 3-stellige Millionenbeträge in Standorte in Leipzig investieren will. Wir wissen auch, dass der Freistaat kein „normaler“ Investor ist, sondern ein gleichgesinnter Partner. Nichts desotrotz wissen wir auch, dass der Freistaat vor allem auf seine Interessen bedacht ist. Als Sachsen verlangen wir dies sogar. Immerhin ist auch er gegenüber dem Landtag rechenschaftspflichtig. Wir hier im Stadtrat sollten dies also auch tun und die Interessen der Stadt Leipzig vertreten. Nur so kann ein Vertrag entstehen, wo sich beide Vertragspartner auf Augenhöhe begegnen. Ich sage nicht, dass diese in den jahrelangen Verhandlungen nicht passiert ist, ich sehe aber auch, dass die Änderungswünsche, welche u.a. durch mich schon vor 1,5 Jahren gegenüber der städtischen Verwaltung kommuniziert wurden quasi kaum Eingang in den Vertrag gefunden haben. So haben wir als LINKE immer wieder gefordert, dass es doch sehr sinnvoll für die Stadtentwicklung wäre, wenn wir innenstadtnahe Grundstücke abgeben, dass wir dann auch innenstadtnahe Grundstücke erhalten.

Gut, diese Dinge sind jetzt nicht mehr zu heilen. Kommen wir also konkret zur heutige Vorlage. Hier sollen wir in einem Beschlusspunkt den endverhandelten Vertrag zustimmen. Mmh, dass dieser Vertrag der Vorlage allerdings gar nicht angehängt wurde, fiel nur den wenigsten Stadträtinnen auf. Viele Anrufe später, wurde dieser Vertrag immerhin schon letzte Woche Mittwoch – 1 ganze Woche vor der Beschlussfassung – uns nun endlich zugänglich gemacht. Warum allerdings nur dem Stadtrat und nicht der allgemeinen Öffentlichkeit habe ich bisher nicht verstanden. Hier geht es um ein Grundstücktauschgeschäft zwischen zwei öffentlichen Institutionen, welche beide mit Steuergeldern agieren. Ich denke, da ist es da gute Recht der Steuerzahler auch in den Vertrag reinzuschauen, was hier mit ihrem Geld angestellt wird.

Das wir als Stadtrat bei dieser Vorlage eh mehr Statisten sind als wirkliche Entscheidungsträger macht auch schon die Formulierung klar: endverhandelter Vertrag. Und so wurde es auch immer wieder von der Verwaltung kommuniziert: Nichts mehr zu machen. So oder gar nicht. Bin gespannt was passiert, wenn der Landtag noch Änderungswünsche hat. Sagen wir als Stadt dann auch: Pech gehabt? Wenn allerdings die Mehrheit des Stadtrates (und so scheint es ja) dies immer wieder akzeptiert, dass wir keinerlei Gestaltungsrecht bei solchen wichtigen Verträgen haben, dann wird die Verwaltung halt auch immer wieder so agieren. Denn in diesem Kritikpunkt scheinen wir ja als LINKE mal wieder alleine zu stehen.

Wir haben uns daher nicht abhalten lassen, trotzdem  Änderungsanträgen ins Verfahren zu geben. Einer beschäftigt sich mit den Altlasten auf der Grundstück Linkelstraße. Während wir beim Grundstück Nathusiustraße, welches der Freistaat von uns übernimmt, vollständig für die Kosten der Altlastenbeseitigung aufkommen, sind die Kosten für die Beseitigung der Altlasten auf dem Grundstück Linkelstraße für den Freistaat gedeckelt und überhaupt Mehrkosten werden max. zu 2/3 übernommen. Warum diese Ungleichheit, wenn hier doch zwei Partner auf Augenhöhe verhandeln. Noch dazu kommt, dass wir für die Nathusiusstraße die Kosten zu derzeitigen Preisen übernehmen. Der Freistaat aber keinerlei Preissteigerungen im Vergleich zu Preisen von vor ca. 1 Jahr übernehmen will. Das halte ich angesichts der Inflation und der allgemeinen Preissteigerung im Bausektor schon fast für unlauter. Wenn der Freistaat so bedacht darauf ist die Altlasten zu möglichst geringen Preisen zu entfernen, hätte er dieses vielleicht schon vor vielen Jahren machen sollen. Denn der Freistaat weiß seit vielen, vielen Jahren, dass er hier eine Verpflichtung hat. Und dieser ist er bis heute nicht nachgekommen.  Na ja, jetzt übernehmen wir das als Stadt und auch noch mit hoher Wahrscheinlichkeit mit städtischen Steuermitteln. Um dies zu wenigsten ein bisschen zu heilen, stellen wir einen Änderungsantrag.

Einen zweiten Änderungsantrag haben wir formuliert zum Thema Vorkaufsrecht bzw. Erstandienungsrecht für den Verkäufer. Niemand weiß was die Zukunft bringt, dass heißt auch, wir sollten den nachfolgenden Generationen Handlungsspielraum lassen. Ja, es ist ok, wenn wir jetzt Grundstücke wie in der Phillip-Rosenthal-Straße oder der Nathusiustraße dem Freistaat überlassen. Aber wenn in 30 Jahren dort die Gebäude nicht mehr gebraucht werden sollten. Ja, dass ist vielleicht unrealistisch. Dann eben in 100 Jahren. Wenn also in Zukunft die Grundstücke nicht mehr gebraucht werden sollten, ist es doch vollkommen fair, dass diese dann dem Verkäufer in dem Fall der Stadt als erstes angeboten werden. Und andersherum natürlich genauso, wenn wir als Stadt eines der Grundstücke irgendwann nicht mehr benötigen. Also bitte stimmen Sie unserem Vorschlag zu, ein Erstandienungsrecht in den Vertrag reinzuschreiben. Es schadet nicht, sondern kann in Zukunft nur nutzen.

Wir hoffen sehr, dass wir mit diesen Änderungsanträgen wenigsten noch ein bisschen die Schwachpunkte des Vertrages ändern können.

Für die Zukunft wünschen wir uns einen anderen Umfang von der Stadtverwaltung gegenüber dem Stadtrat, nämlich dass uns keine unveränderlichen Verträge mehr vorgelegt werden, die wir dann innerhalb von nicht mal einem Monat diskutieren müssen. Denn dann können wir uns die Diskussion auch ganz sparen und nur noch einfach ja und amen sagen. Allerdings dafür wurden wir nicht gewählt.

Vielen Dank!