Louise Otto-Peters war Vorkämpferin und Begründerin der organisierten deutschen Frauenbewegung

Sie würden heute in der ersten Reihe sitzen: Louise Otto-Peters, Auguste Schmidt und Henriette Goldschmidt. Ihre langen Röcke rascheln, die Kleider sind bis zum Hals zugeknöpft und ihre hoch gesteckten Haare ziert eine kleine Spitzenhaube. Sie würden neugierig zur heutigen Preisträgerin hinüberschauen und sich auf das anschließende Buffet freuen.

Sehr geehrte Frau Staatsministerin Köpping,

sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Frau Dr. Jennicke, sehr geehrter Herr Hörning,

sehr geehrte Abgeordnete des Sächsischen Landtags und des Leipziger Stadtrats,

sehr geehrte Frau Professorin Dr. Godula Kosack,

sehr geehrte Festgesellschaft,

liebe Heide Steer,

im vergangenen Jahr, anlässlich des 150. Jahrestags der Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins, hat die Stadt Leipzig erstmalig den Louise-Otto-Peters-Preis verliehen. Die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung ist zur Würdigung besonderer Leistungen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern bestimmt.

Den Preis erhielt das Gleichstellungsbüro der Medizinischen Fakultät des Universitätsklinikums unter der Leitung von Frau Professorin Dr. Katharina Stengler.

Entsprechend dem Verleihungsstatut kann in diesem Jahr nur eine Einzelperson der Preis zugesprochen werden. Ich glaube, Louise Otto-Peters wäre mit der Wahl sehr zufrieden gewesen.

Louise Otto-Peters war Vorkämpferin und Begründerin der organisierten deutschen Frauenbewegung. Auch als Publizistin und Schriftstellerin trat sie für die Emanzipation der Frauen ein. Sie war eine Unruhestifterin. In ihrem sozial-kritischen Roman „Schloss und Fabrik“ beschrieb sie die bittere Not der Industriearbeiter und deren Aufbegehren. Das Erlebnis der blutigen Niederschlagung eines Aufstands in Leipzig wurde Initialzündung, sich für die Rechte der Arbeiter, insbesondere der Arbeiterinnen einzusetzen.

Zunächst schrieb sie Artikel unter dem Pseudonym „Otto Stern“ oder „ein sächsisches Mädchen“.

Im Jahre 1848 wandte sie sich an die Regierung in Dresden, an den hochverehrten Minister Oberländer: „Meine Herren! Im Namen der Moralität, im Namen des Vaterlandes, im Namen der Humanität fordere ich Sie auf: Vergessen Sie bei der Organisation der Arbeit die Frauen nicht!“ Dabei ging es um die Besetzung einer Kommission, die zu wirtschaftspolitischen Fragen Vorschläge insbesondere zur Arbeitsorganisation machen sollte. Sie habe daher auch für die Organisation der Frauenarbeit zu sorgen, unter anderem deshalb, um Frauen nicht in die Prostitution zu treiben. Die Forderung, für die zu besetzende Arbeiterkommission auch Frauen zu benennen, wurde damals als Skandal empfunden.

Nun, das erinnert mich doch an manche Diskussion, die wir heute noch führen müssen.

„Dem Reich der Freiheit werb ich Bürgerinnen“ - das war das Motto der von ihr 1849 gegründeten Frauenzeitschrift. Sie gründete den Leipziger Frauenbildungsverein und berief die erste deutsche Frauenkonferenz nach Leipzig.

Zentrale Forderung des auf dieser Konferenz gegründeten Allgemeinen Deutschen Frauenvereins war das Recht der Frauen auf gleiche Bildung. Die Bildungschancen sollten verbessert und die Berufstätigkeit von Frauen gefördert werden. Heute heißt dieses Thema: Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es gilt auch für Männer und das gestrige BGH-Urteil hat gezeigt, dass der Anspruch auf einen Betreuungsplatz eben auch diesem Ziel gilt und nicht nur der Sicherstellung frühkindlicher Bildung.

Die Forderungen von Louise Otto-Peters und ihren Mitstreiterinnen sind uns in Leipzig Verpflichtung. Leipzig ist Impulsgeberin für Sachsen, wenn es um Gleichstellungspolitik geht.

Seit 2001 gibt es einen Gleichstellungsbeirat. Er ist bislang das einzige Gremium dieser Ausrichtung auf kommunaler Ebene in Sachsen.

Die Stadt Leipzig hat die „Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene“ unterzeichnet und arbeitet seit 2015 an der Umsetzung des Gleichstellungsaktionsplans.

Im vergangenen Jahr konnte die Stadtverwaltung zum dritten Mal das Prädikat TOTALE E-QUALITIY erhalten und kann es nun für weitere drei Jahre tragen. TOTALE E-QUALITIY steht für Personalpolitik mit Chancengleichheit. Wir sind übrigens bis jetzt die einzige ostdeutsche Kommune, der diese Auszeichnung verliehen wurde.

Zurück zum Louise-Otto-Peters-Preis: Wir hätten gern mehrere Preise vergeben, daher möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass uns die engagierte Arbeit von Elisabeth Sasso-Fruth als Gleichstellungsbeauftragte der Hochschule für Musik und Theater und Agnes Schmidt aus Darmstadt ebenfalls sehr beeindruckte.

Die Entscheidung über die Vergabe des Preises trafen in diesem Jahr (mit mir): Martin Biederstedt, Alexis Mariel Vidal Cabezas, Jana Dreiß, Jessica Heller, Genka Lapön als Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, sowie Dr. Gesine Märtens, Christine Rietzke und Nicole Wohlfahrt. Danke für die gute Zusammenarbeit!

Bei Susann Hänel bedanke ich mich für die ausgezeichnete Vorbereitung unserer Sitzungen.

Rede anläßlich der Verleihung des Louise-Otto-Peters-Preises der Stadt Leipzig.