Leipzig zieht Bilanz

William Grosser

Zunächst stellen wir fest, dass die Aufstellung der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2012 eine Herkulesaufgabe war. Für diesen Kraftakt gebührt dem Finanzbürgermeister und der Verwaltung, einschließlich dem  Rechnungsprüfungsamt unser Dank.
Nach einem jahrelangen Prozess über die Zwischenschritte der vorläufigen Eröffnungsbilanz und der Broschüre „Leipzig zieht Bilanz“ im Herbst 2012 könnte nun mit der heutigen Vorlage die Eröffnungsbilanz festgestellt werden, wären da nicht gravierende Kritikpunkte, die einer schnellen und gründlichen Abhilfe bedürften:
Allein zur Broschüre aus 2012 gibt es Änderungen u. a. in den Bilanzpositionen von ca. 719 Mio. EUR, also fast einer dreiviertel Milliarde EUR, bei einer Bilanzsumme von ca. 4,1 Mrd. EUR.
Ein Ergebnis ist der Ausweis einer geringeren Eigenkapitalquote I von 40,3% (2012: 46,7 %) und der der Eigenkapitalquote II von 60,9 % (2012: 65,9 %).
Diese Werte sind allerdings immer noch beachtlich!
Auch die sieben genannten Prüfungseinschränkungen durch das Rechnungsprüfungsamt geben zu denken.
Dort heißt es u. a. :

  • Die Angaben im Anhang und im Rechenschaftsbericht setzen die gesetzlichen Forderungen teilweise nicht vollständig um.“
  • „Das rechnungslegungsbezogene interne Kontrollsystem (IKS)“ sieht „noch keine ausreichenden und angemessenen Reglungen zur Aufbau- und Ablauforganisation sowie deren Kontrolle zur vollständigen Erfassung aller EÖB-relevanten Sachverhalte“ vor.
  • Dazu kommen u.a. fehlerhafte bzw. fehlende Bewertung u. a. von Sportstätten von ca. (+) 30 Mill. EUR sowie der Verkauf Grund und Boden von ungeklärte Eigentumsverhältnisse von ca. (-) 29,6 Mill. EUR.
  • Dem schließt sich das „Prüfungshemmnis“ des Rechnungsprüfungsamtes nahtlos an.

Und so sehen wir das auch.
Wenn man zum Beispiel die Übergabe der Vertragsunterlagen für das Cross-Border-Leasing der  KWL an das Rechnungsprüfungsamt nach dem 29. Juli 2014 und die Unterschrift des OBM unter der Eröffnungsbilanz am 01.August 2014 (!) zur Kenntnis nimmt, ist die vor genannte Aussage des Rechnungsprüfungsamts geradezu hochgradig diplomatisch formuliert.
Klar ist, man war in der Kürze der Zeit gar nicht in der Lage, die überwiegend in englischer Sprache vorliegende Dokumentation nur annähernd zu prüfen.
Das impliziert, dass wir es in den kommenden Monaten und Jahren mit dutzenden Änderungen zur Eröffnungsbilanz zu tun haben werden. Nach unserer Ansicht werden wir deshalb, mindestens im dreistelligen EUR- Millionenbereich und im dreistelligen Anzahlbereich, noch kräftig verändern „dürfen“.
Diese sind in dem „grünen“ Teil der Vorlage und entsprechend in der zu beschließenden vom OBM unterzeichneten Eröffnungsbilanz noch gar nicht enthalten.
Natürlich sind künftige Änderungen der Eröffnungsbilanz rechtlich und zeitlich unbegrenzt möglich. Nur die Frage nach dem Sinn der heutigen Verabschiedung der Vorlage, wenn man den zeitlichen Aspekt einmal abzieht, wird immer schwieriger zu beantworten sein.
Die Diskussion um die Eröffnungsbilanz zeigt auch, dass u. a. Risiken der Stadt Leipzig in erheblichen Dimensionen leider teilweise inhaltlich aber auch quantitativ nicht abgebildet wurden.
Da sehen wir in der Verwaltung dringenden Handlungsbedarf.
Wir fordern deshalb, und bitten um Protokollierung, dass mindestens die sieben genannten Einschränkungen sowie das dargestellte Prüfungshemmnis schnellstens durch die Verwaltung abgestellt wird. Dies gilt auch für die vom federführenden Dezernat II im Anhang (grüne Vorlage) selbst aufgeführten und umfangreichen Problemfelder.  
Was die heute zu beschließende Eröffnungsbilanz tatsächlich wert ist, wird sich erst in den nächsten Monaten und Jahren erweisen.
Aus den v.g. Gründen wird sich die Fraktion DIE LINKE der Stimme enthalten.

Rede zur Vorlage DS 00206/14 “Feststellung d. Eröffnungsbilanz zum 1.1.2012 der Stadt Leipzig/Schlussbericht des Rechnungsprüfungs­amtes an d. Stadtrat über die Prüfung der Eröffnungs­bilanz“ unter Mitarbeit von Steffen Wehmann.