Leipzig hat durch das anhaltend starke Bevölkerungswachstum vielfältige Herausforderungen zu meistern

Sören Pellmann

Auch für den zweiten Doppelhaushalt unserer Stadt gilt, dass die Rahmenbedingungen aus Sicht der LINKEN differenziert zu betrachten sind.

Auch in Fragen der Transparenz der Haushaltsaufstellung ist noch eine Menge Luft nach oben. Und selbstredend gelten unsere Grundsätze von Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit sowie Haushaltstransparenz weiterhin.

Zu Euphorie besteht nach Ansicht der LINKEN kein Anlass. Obwohl wir in Deutschland weiterhin ein Wirtschaftswachstum haben, profitieren die Kommunen nicht vollumfänglich davon. Dies ist aber nach unserer Auffassung eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine solide Finanzierung der Kommunen. 
Leipzig in wirtschaftlich stabiler Lage?
Obgleich die aktuellen Statistiken über die Wirtschaftslage unserer Stadt tendenziell gute Steigerungsraten ausweisen, bedeutet das leider noch keine wirtschaftliche Stabilität für die Stadt und Region. Ziel einer strategischen Wirtschaftspolitik muss neben weiteren Ansiedlungen die Stabilisierung der bereits vorhandenen Wirtschaftsstruktur sein. Das verlangt, verstärkt auf den Klein- und Mittelstand, auf das Handwerk und das Gewerbe zu setzen. Zwar ist auch hier eine gewisse Konsolidierung sichtbar, aber mit der derzeitigen Wirtschaftspolitik gibt es leider strukturell bedingte Nachteile für diesen Sektor.

Durch die Niedrig-Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) der letzten Jahre, können Kleinunternehmen und Kleingewerbetreibende kaum investieren, weil sie einfach keine passenden Kredite von den Banken erhalten. Auch eine Mikrokreditvergabe, die wir mit dem Ratsbeschluss vom 24. März 2010 beschlossen haben, konnte ab 2016 nicht mehr umgesetzt werden.

DIE LINKE schlägt daher mit einem Haushaltsantrag vor, die Mikrofinanzierung wieder neu zu beleben und die Stadt Leipzig federführend dafür verantwortlich zu machen.

Wirtschaftspolitisch fügt sich das Handeln der Verwaltung in den üblichen Trott der letzten Jahre ein. Themen wie Wirtschaftsförderung, Innovation und Technologietransfer, Clusterförderung, Metropolregion und die Stadtentwicklung, in der Gewerbe und Industrie noch stärker eingebettet sein sollten, sind immer noch nicht im optimalen Fahrwasser.

Günstige Rahmenbedingungen für Arbeit und Beschäftigung?
Die konjunkturellen Rahmenbedingungen für Arbeit und Beschäftigung sind trotz leichter Abschwächungen nach wie vor recht günstig. Daher ist die Zahl der offiziell registrierten Arbeitslosen weiterhin leicht rückläufig. Fachkräftemangel ist immer spürbarer; das sieht auch die Stadtverwaltung nicht anders.

Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt darf aber nicht über ein entscheidendes soziales Problem hinwegtäuschen: Die Verstetigung sozialer Ungleichheit und Armut in unserer Stadt haben in erster Linie wirtschaftspolitische Ursachen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist am Arbeitsort Leipzig von 2008 bis 2016 um 23 % gestiegen. Aber das sind bei Weitem nicht immer gut bezahlte und sichere Jobs, von denen die Arbeitenden und ihre Familien ohne staatliche Zuschüsse leben können.

Und betrachtet man die Arbeitslosigkeit differenzierter, fallen die deutlichen Unterschiede zwischen den Rechtskreisen (SGB III und SGB II) auf. Der nach wie vor hohe Anteil an Langzeitarbeitslosen mit 77,8 % deutet darauf hin.

Armut in Leipzig – Herausforderungen für die Sozialpolitik
Trotz positiver Zeichen auf dem Arbeitsmarkt sind wir noch weit davon entfernt, Entwarnung in eine Trendwende in Bezug auf Armut in unserer Stadt ausmachen zu können.
Drei Problemfelder, die nach unserer Meinung ganz besonderer Beachtung bedürfen, möchte ich an dieser Stelle etwas genauer beleuchten. Da ist zum einen die immer noch sehr hohe Anzahl der Menschen, die in Leipzig Sozialgeld erhalten. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Kinder und Jugendliche. So gab es im September rund 16.700 Sozialgeldempfänger in Leipzig. Eine inakzeptabel hohe Zahl.

Zweitens möchte ich hier an dieser Stelle auf ein Problem hinweisen, welches etwas verdrängt wird. Auf der einen Seite hat Leipzig bei der Bewältigung der hohen Anzahl von Asylbewerbern und Flüchtlingen im vergangenen Jahr Hervorragendes und Großartiges geleistet. Auf der anderen Seite gibt es aber eine hohe Anzahl von Langzeit-Erwerbslosen, die seit Jahren keine ausreichende gesellschaftliche Beachtung erfahren haben und in den Mühlen der Erwerbslosenbürokratie verlorengingen.

Diese Menschen fühlen sich von unserer Gesellschaft besonders vergessen. Der Satz, für Flüchtlinge haben sie Geld, für uns nicht, macht tausendfach die Runde.

Unsere sozialpolitische Sprecherin konnte sich vor Ort in einer Beratungsstelle für Erwerbslose über die explosive und aggressive Stimmung bei diesen Menschen aus erster Hand informieren. Nun sind die Mitarbeiter dieser Beratungsstelle in die Jahre gekommen, sind über ABM, Bürgerarbeit, Ein-EURO-Jobs und was es noch so alles an beschäftigungspolitischen Maßnahmen gab, inzwischen im Ehrenamt gelandet.

Der Auftrag dieser Beratungsstellen ist mit der personellen Konstellation nur noch sehr schwer zu leisten, sie stellen aber einen wichtigen Kommunikationsschnittpunkt zu diesen Menschen dar. Ohne diese Beratungsstellen wäre eine Kommunikation mit diesem Klientel überhaupt nicht mehr möglich und ein Zurückholen in unsere Gesellschaft sehr erschwert. Wir werden deshalb in der entsprechenden Fördermittelrunde darauf dringen, dass die beiden Beratungsstellen Leipziger Erwerbslosenzentrum und die Kirchliche Erwerbslosenhilfe mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestattet werden.

Drittens ist es allerhöchste Zeit, sich um bezahlbares Wohnen für Menschen mit geringem Einkommen intensiver zu bemühen.  Die Landesregierung wird ihrer diesbezüglichen Verantwortung erneut nicht gerecht. Es ist kaum abzusehen, wann die dafür erforderlichen Gesetze in Dresden beschlossen und umgesetzt werden. Deshalb unser Haushaltsantrag zu Belegungsrechten, um ein erstes Zeichen zu setzen, wohin die Reise in der Wohnungspolitik in Leipzig zukünftig gehen muss.

Leistungen der Jugendhilfe stabil und bedarfsgerecht gestalten
In den letzten 15 Jahren gab es nahezu eine Verdoppelung der jährlichen Geburten. Im 2. Quartal dieses Jahres wurden fast 300 Geburten mehr als im vergangenen Jahr verzeichnet, dabei ist das 3. Quartal in der Regel das geburtenstärkste.

Der Blick auf die Plätze, die in den vergangenen Jahren im Bereich Krippe und Kindergarten geschaffen wurden, wirkt immens: in den letzten zehn Jahren wurden 114 Baumaßnahmen mit 13.883 Plätzen realisiert, allein im vergangenen Jahr über 2.500 und in diesem Jahr 778 neue Plätze für die unter Sechsjährigen.

Trotz all dieser Bemühungen müssen wir konstatieren: Dem Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz kann in Leipzig immer noch nicht entsprochen werden. Darum ist es nur richtig, dass dieser Posten im kommenden Doppelhaushalt eine herausragende Stellung einnimmt. Denn es geht nicht um ein Zugeständnis, sondern einen einklagbaren Anspruch der Eltern bzw. Kinder. Wir dürfen an dieser Stelle nicht nachlassen und weitere Klagen riskieren, die uns als Stadt am Ende noch viel Geld kosten könnten.

Neben dem bedarfsgerechten Ausbau der Kinderbetreuung ist für uns die Qualitätssicherung der Bildungsangebote in den Kindertagesstätten mindestens genauso wichtig. Trotz eines geringfügig verbesserten Personalschlüssels verfügen die Kitas in Sachsen im Bundesvergleich über sehr ungünstige strukturelle Rahmenbedingungen für das pädagogische Personal. Um hier etwas gegenzusteuern, wurde in der Vergangenheit ein Budget zur „Qualitätssicherung in Kitas“ im Haushalt der Stadt eingestellt. Dies ermöglichte die Initiierung des Modellprojektes "Entwicklung von Kitas zu Kinder- und Familienzentren".  Aufgrund des erfolgreichen Verlaufs sollten vier weitere Kitas ins Projekt aufgenommen werden. Dazu kam es bis jetzt nicht, weil die vorhandenen Mittel nicht ausreichen. Wir wollen hier zusätzliche Gelder einstellen, damit die Erfolgsgeschichte fortgesetzt werden kann.

Und schließlich dürfen wir die bestehenden Kitas nicht vergessen. Hier ist ein großer Investitionsstau entstanden. Mit dem Antrag der Fraktion DIE LINKE „Sanierungsstau in den Leipziger Kindertagesstätten erfassen und abbauen", der im Oktober 2015 vom Stadtrat beschlossen wurde, haben wir die Verwaltung aufgefordert, die notwendigen Sanierungsmaßnahmen in den Leipziger Kitas zu erfassen und eine Prioritätenliste zur Behebung der Mängel zu erstellen. Mit dem Investitionsprogramm Kita 2016 - 2021, welches dem Stadtrat zur Dezembersitzung vorgelegt wird, wird der Beschluss nun endlich umgesetzt.

Infolge wachsender Geburten steigt auch die Zahl der Jugendlichen. In den letzten Jahren wuchs die Zahl der jüngsten Altersgruppen überproportional, im Bereich der sechs- bis fünfzehnjährigen war das Wachstum mit 54 % in den letzten zehn Jahren am stärksten. Hinzu kommen zahlreiche geflüchtete Kinder, die in unserer Stadt Zuflucht gefunden haben. Diesem Umstand muss die breite Palette an Jugendhilfeleistungen genauso Rechnung tragen wie die komplexeren Problemlagen, die zum Teil aus sich verhärtenden sozialen Schieflagen erwachsen.
Im vorliegenden Doppelhaushalt sollen die Zuschüsse für die Vereine und Verbände der vielfältigen Kinder- und Jugendhilfelandschaft auf dem Niveau des vorherigen Doppelhaushaltes fortgeschrieben werden. Nicht einmal die vom Stadtrat nachträglich beschlossene Erhöhung der Fördersumme, um die Schließung von Projekten des Jugendschutzes und der Familienbildung abzuwenden, wurde aufgenommen. Damit wird weder der demographischen Situation noch den komplexeren Hilfebedarfen Rechnung getragen. Es wurde auch nicht berücksichtigt, dass die Personal- und Sachkosten weiter steigen werden. Es drohen Schließungen und Leistungskürzungen im Bereich der Erziehung in der Familie, des Jugendschutzes, der Jugendsozialarbeit, der Offenen Treffs und der Jugendverbände, ganz zu schweigen von neuen Projekten, die kaum zum Zuge kommen werden.

Für uns als LINKE hat die Entwicklung unserer Kinder und Jugendlichen, egal ob hier geboren oder neu dazugekommen, Priorität. Wenn wir heute in eine starke und vielfältige Jugendhilfelandschaft investieren, können wir Probleme von morgen abfedern oder sogar abwenden. Dies gilt insbesondere auch für den Bereich der Schulsozialarbeit. Derzeit wird an 52 Leipziger Schulen – alle allgemeinbildenden Förderschulen, die Oberschulen, die Berufsschulzentren und einige Grundschulen - mit Schulsozialarbeit ausgestattet.

Aus dem Grundschulbereich wird zunehmend Bedarf angemeldet. Nicht zuletzt formuliert der Fachplan Kinder- und Jugendförderung das Ziel, Schulsozialarbeit an Grundschulen auszuweiten. Mit einem Haushaltsantrag will die LINKE zwei weitere Grundschulen mit Schulsozialarbeit ausstatten.

Kitas und Investorenmodelle sowie alternative Schulhausbeschaffung
Eines unserer ureigensten Ziele ist die sparsame Haushaltsführung, verbunden mit sozialer Verantwortung und einem Mehr an kommunalem Eigentum.
Am Beispiel der Investitionen Kita, will ich den Zusammenhang kurz erläutern:

Die Stadtverwaltung beauftragt überwiegend Investoren und mietet selbst bzw. mietet über freie Träger die Kitas bis zu 25 Jahre an, ein Vorgehen, das der Stadt – so bestätigt u. a. der Sächsische Rechnungshof - in den mehr als zwanzig Jahren das Zwei- bis Dreifache der Eigeninvestition, d. h. zwischen 200 bis 300 Mill. EUR kosten wird.

Wir hatten mit der Mehrheit des Stadtrates im Jahr 2015 durchgesetzt, dass hier ein Strategiewechsel erfolgt, hin zu einem Mehr an kommunalem Eigentum, mit dem Ansinnen, diese ersparten Beträge zum Beispiel in bessere Kinderbetreuung oder in andere dringende Investitionen in Schulen oder der LVB stecken zu können.

Nun soll dieses sogenannte Investorenmodell auch auf einige Schulbauten übertragen werden, mit rechtlichen und vor allem finanziellen Risiken, die das sechs-  bis siebenfache pro Projekt im Vergleich zu einer Kita ausmachen werden.
Wir werden im Stadtrat alles daransetzen, dies zu verhindern.    

Die Bereitstellung der Schulinfrastruktur vor dem Hintergrund weiter steigender Kinderzahlen
Jedes Kind und jeder Jugendliche ist für uns gleich wichtig. Jede und Jeder hat ein individuelles Recht auf hochwertige Bildung, und wir als Kommune müssen dafür die Voraussetzungen schaffen. D.  h. nichts anderes, als Schulen und Kitas müssen in Größenordnungen gebaut, saniert und erhalten werden. Mehr als 500 Mill. € wurden in den letzten zehn Jahren bereits „verbaut“, und diese Summe reichte lange nicht aus. Es ist müßig zu streiten, wie viele Schulen oder Kitas es sind. Es gilt nur: Zu Schuljahresbeginn muss jede Schülerin und jeder Schüler einen Schulplatz haben und jedes Kind ab einem Jahr einen Kitaplatz erhalten, wenn die Eltern es wünschen.

Nach Aussage von Herrn Bonew fehlt es nicht an Geld. Woran dann? Unserer Meinung nach:

  1. an Planungsleistungen - Wir erwarten von der Verwaltung jährlich mindestens sechs neue Planungen für Schulen. Diese Planungen müssen griffbereit „in der Schreibtischschublade“ liegen.
  2. an strategischer Grundstücksvorsorge - Dazu gibt es zwar einen Stadtratsbeschluss, der wurde aber unserer Meinung nach nur halbherzig umgesetzt, und an städtischen Grundstücken fehlt es. Zu wenig weiß der Stadtrat über Möglichkeiten des Tausches oder Kaufes von Treuhandgrundstücken, Grundstücken des Freistaates oder privaten Grundstücken.
  3. an Fördermitteln - Die Entscheidung über Fördermittel dauert einfach zu lange.

Die Verwaltung sucht nach anderen Wegen. Die Vorlage „Alternative Beschaffungsmethoden …“ soll die Stadt unterstützen. Sechs Schulen sollen zunächst über private Investoren gebaut werden. ÖPP und PPP, die auch die Betreibung betreffen, sind ausgeschlossen. Der Stadtrat sollte bereits im Oktober einer relativ nebulösen Vorlage zustimmen.
Welche Schularten sollen in welchen Stadtteilen gebaut werden?
Wird kommunales Baugeschehen zurückgedrängt werden?
Wie soll der Wettbewerb über die Fördermittel erfolgen, oder wird der private Investor ohne Fördermittel bauen?
Ist dem privaten Investor bekannt, dass auch er ausschreiben muss?
Eine Menge offener Fragen.
Fakt ist, es wird nicht wesentlich schneller, aber teurer.
Wir möchten auch daran erinnern, dass wir bisher keine positiven Erfahrungen haben.

Sicherung und Ausbau der materiellen Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung des Sports
Im September 2016 beschloss die Ratsversammlung einstimmig das Sportprogramm 2024. Eine bedeutende Veränderung erfuhren die Mittel für die investive Sportförderung. Ab 2017 stehen dafür jährlich 1,5 Mill. Euro zur Verfügung. Vor dem Hintergrund einer wachsenden Stadt und den sich daraus ergebenden höheren Anforderungen auch an den Sport und dessen Infrastruktur war dieser Schritt folgerichtig. Eine Vielzahl der 75 Sportplatzanlagen, die durch die Leipziger Sportvereine gepachtet sind, weist einen kurzfristigen bis mittelfristigen Investitionsbedarf auf. Es ist gelebte Praxis der letzten Jahre, dass neben dem städtischen Drittmittelanteil für die Bauinvestitionen der Vereine zusätzlich noch Schwerpunktprojekte gefördert werden. Analog zur Sportstättenentwicklungsplanung 2024 greifen wir die priorisierten Einzelmaßnahmen Radrennbahn und Alfred-Kunze-Sportpark mit unseren Haushaltsanträgen gesondert auf. Diese Maßnahmen sind durch die klassische Drittmittelfinanzierung nicht darstellbar, sodass wir die Einstellung von Sanierungsmitteln beantragen.

Außerdem werden wir auch in diesen Haushaltsverhandlungen das Sportmuseum Leipzig gebührend bedenken. Wir hoffen, mit der Einstellung von 125.000 Euro Planungsmitteln für 2017 und 2018 endlich die Hängepartie für diese traditionsreiche Institution zu beenden.

Strukturelle und finanzielle Rahmenbedingungen, um kulturelle Vielfalt zu erhalten
Auch im Bereich Kultur stehen wir vor großen Herausforderungen, die wir in den kommenden Jahren angehen müssen. Denn das Wachstum unserer Stadt lässt sich nicht nur an den Geburtenzahlen und dem prognostizierten Zuzug ablesen, in unserer Stadt wächst auch die Diversität.

Und damit wachsen die Aufgaben. Wenn wir wollen, dass möglichst viele Menschen an den vielfältigen kulturellen Angeboten in Leipzig teilhaben können, müssen sich nicht nur die Institutionen interkulturell öffnen, wir müssen durch neuartige langfristige Projekte und Angebote, besonders im Bereich der Vermittlung und kulturellen Bildung, versuchen, Menschen mit niedrigen Beteiligungschancen nachhaltig einzubinden. Dazu brauchen wir im Kulturbereich mehr personelle Ressourcen und Planungssicherheit nicht nur in den Eigenbetrieben, auch in den Museen, den Bibliotheken und besonders in der Freien Kulturszene.

Es ist die Aufgabe der Stadt, diese Akteure bei ihrer Arbeit zu unterstützen und zu fördern. Wir wollen deshalb mit unseren Anträgen die Finanzierung der Institutionen und Projekte der Freien Kulturträger in den nächsten zwei Jahren sichern.

Die Stadt hat durch das anhaltend starke Bevölkerungswachstum vielfältige Herausforderungen zu meistern
Seit einigen Jahren gibt es ein anhaltend starkes Bevölkerungswachstum. Darauf hat die Stadt mit der Fortschreibung von Konzepten reagiert. Die kommunale, verkehrs- und stadttechnische Infrastruktur ist entsprechend den wachsenden Ansprüchen zu erneuern und auszubauen. Zum Ausbau eines trotzdem bezahlbaren öffentlichen Personennahverkehrs, dem Rad- und Gehwegnetz, Lichtsignalanlagen und einer energieeffizienten Stadtbeleuchtung haben wir Haushaltsanträge gestellt.
Der Anspruch auf eine Wohnung für jeden Haushalt ist für DIE LINKE nicht verhandelbar.

Nicht hinnehmbar ist, dass trotz Bundeszuweisungen für sozial gebundenen Wohnungsbau bis heute die Förderrichtlinie zum Wohnungsneubau und der Sanierung von Mietwohnungen mit Zweckbindung nicht in Kraft gesetzt wurde.

Beim Wohnungsneubau ist seit Jahren bekannt, dass kostendeckende Nettokaltmieten bei acht bis zehn Euro pro Quadratmeter und sogar darüber liegen. Deshalb hat DIE LINKE den Haushaltsantrag zur Bereitstellung von 1,5 Mill. Euro zum Ankauf von Mietpreis- und Belegungsbindungen für Wohnungen für Berechtigte nach SGB II und XII in Ergänzung sächsischer Fachförderrichtlinie gestellt.

Liegenschaften – Paradigmenwechsel zu mehr Strategie?
Mit Ratsbeschluss wurde die Verwaltung 2015 beauftragt, die Strategie der Liegenschaftspolitik zu verändern. Geschehen ist bislang nichts. Das letzte Versprechen der Verwaltung lautete September 2016. Wann ist denn mit der entsprechenden Vorlage zu rechnen?
 
Im Oktober 2015 hat der Stadtrat im Rahmen der Fortschreibung des wohnungspolitischen Konzeptes die Einführung der Konzeptvergabe beschlossen. Hierzu wurde gefordert, dass für die Ausschreibung geeigneter städtischer Liegenschaften konkrete Kriterien und Verfahrensvorschläge von einem runden Tisch erarbeitet und dem Stadtrat im 2. Quartal 2016 zur Beschlussfassung vorgelegt werden sollten.
Es wurde weder ein runder Tisch berufen noch wurden Kriterien und Verfahrensvorschläge dem Stadtrat vorgelegt. Stattdessen wurde weiter verfahren wie immer und Verkaufsverhandlungen gegen den beschlossenen Willen des Stadtrates aufgenommen.
Es ist zu hoffen, dass mit dem neuen Leiter des Liegenschaftsamtes eine Wende eingeleitet wird, weg vom chaotischen Höchstgebots-Grundsatz hin zum strategischen Nützlichkeits-Grundsatz.

So wie wir es bereits 2014 gefordert hatten, wollen wir, dass unter anderem eine Betroffenen- und Interessenbeteiligung an der Erarbeitung von Sozialkriterien für die Vorbereitung von konzeptionellen Ausschreibungsverfahren für die Vergabe von städtischen Liegenschaften und Grundstücken Norm in dieser Stadt wird.

Sozialticket – wirklich noch sozial?
Wir gehen davon aus, dass auch im nächsten Jahr pünktlich zum 1. August die Fahrpreise für Busse und Bahnen erhöht werden. Seit Jahren ist davon auch immer wieder das Sozialticket betroffen. Die Preise für Monatskarten erhöhen sich meist um drei bis vier Prozent. Da der Preis des Sozialtickets bekanntlich an diese Produkte gekoppelt ist, führt das dazu, dass die Preissteigerungen auch hier meist überproportional hoch sind. Inzwischen sind wir bei einem Preis von 33,90 € angekommen, dies ist eine Steigerung von fast 9,- € seit der Einführung der Karte. Für uns ist damit eine Schmerzgrenze erreicht, bei der wir uns fragen, ist dieses Ticket überhaupt noch sozial? Können wir damit überhaupt noch die damalige Zielstellung, nämlich Mobilität als Daseinsvorsorge allen Menschen zu ermöglichen, erreichen? Denn schon heute können sich viele dieses Sozialticket nicht mehr leisten.
Deshalb wollen wir nun endlich einen echten Paradigmenwechsel. Wir wollen die Abkopplung des Sozialtickets vom Preis der Monatskarte. Nur so ist es möglich, das Sozialticket auf niedrigem Preisniveau zu halten. Wir sehen unseren Antrag als Verhandlungsauftrag zur Sicherung der Zukunft des Sozialtickets. Denn was nutzt uns ein Sozialticket, das für die Betroffenen zu teuer ist?

Personal im Planungsbereich und Erhöhung Mittel Stadtanteil LVB-Vorhaben
Ein großes Problem ist derzeit der Personalmangel in der Verwaltung. An allen Ecken und Enden hat man das Gefühl, dass Aufgaben gar nicht oder nur zeitverzögert durchgeführt werden. Am deutlichsten wird dieses Problem im Bereich der Vorplanungen. Überall wird Planungsrückstand als Grund für Verzögerungen angegeben. Auch war es früher normal, dass sich die Verwaltung mit der Vorplanung von sogenannten „Schubladenprojekten“ befasst. Das sind Projekte, wo eine Planung bis zum bestimmten Punkt geführt wurde, ohne zu wissen, ob in den nächsten Jahren das Geld zur Umsetzung vorhanden ist. Das sind genau diese Projekte, die dann bei eventuellen Konjunkturpaketen aus der Schublade genommen wurden, um sie umzusetzen. Dass derzeit solche Projekte überhaupt nicht mehr angegangen werden, hält die Fraktion DIE LINKE für gefährlich. Das vorhandene Personal ist in den letzten 15 Jahren soweit abgebaut worden, dass es offensichtlich innerhalb der Verwaltung kein Umverteilungspotenzial mehr gibt. Wir haben daher zwei Haushaltsanträge ins Verfahren gegeben. In dem einen Antrag sollen die Vorplanungen dezernatsübergreifend wieder aufgenommen werden. Im anderen Antrag geht es konkret um die Vorplanungsmittel im Verkehrs- und Tiefbauamt. Denn hier ist es nicht mehr nur fünf vor zwölf. Es gibt nämlich im VTA derzeit keine Struktur, die strategische Verkehrsplanung betreibt. Es fehlt an Planern für konkrete Straßenplanung sowie an strategischen Planern z. B. für Verkehrskonzepte.

Man muss sich mal überlegen, in einer wachsenden Stadt wie Leipzig, wo ganz klar ist, dass mit der wachsenden Bevölkerung der Verkehr in unserer Stadt eine der großen Herausforderungen werden wird, planen wir mit städtischem Personal gerade mal noch Kleinstplanungen, wie z. B. Querungshilfen. Denn es kann nicht sein, dass es inzwischen Baumaßnahmen gibt, wo die LVB, die KWL und die Stadtwerke bauen und nur die Stadt Leipzig nicht mit bauen kann, weil die Planungen nicht weit genug vorangeschritten sind. Die Stadt baut dann eben später. Völlig unsinnig und eine Doppelbelastung für die Leipzigerinnen und Leipziger, die wir ihnen nicht zumuten wollen. Derzeit sind im Haushaltsplan für die Jahre 2018 fortfolgende nur sehr wenige Mittel für den städtischen Anteil an LVB-Baumaßnahmen vorgesehen. Jedoch sind aus unserer Sicht die meisten LVB-Gleisbaumaßnahmen nur sinnvoll, wenn ein gleichzeitiges Bauen der restlichen Verkehrsanlagen durch die Stadt erfolgt.

Über die Doppelbelastung für die Bürgerinnen und Bürger sprach ich schon. Aber es geht eben nicht nur darum, sondern z. B. auch um den Ausbau von behindertengerechten Straßenbahnhaltestellen, welcher meist nur möglich ist, wenn an der Aufteilung des Verkehrsraumes etwas geändert wird. Das bedeutet in der Konsequenz, wenn die Stadt weniger mit der LVB mit baut, entstehen auch weniger barrierefreie Haltestellen. Dies halten wir für ein falsches Signal, gerade auch vor dem Hintergrund, dass bis zum Jahr 2022 alle Haltestellen vollständige barrierefrei sein sollen.

Genehmigungsfähigkeit des Haushaltes
Einige von Ihnen werden sich vielleicht noch an die Diskussionen hier erinnern, als mein Kollege Wehmann und Herr Bonew in den Haushaltsplanungen 2015/2016 über das Thema Genehmigungsfähigkeit gestritten haben. Unsere damalige Sichtweise wurde zurückgewiesen. Aber dann, kurz vor der Beschlussfassung, war es doch so möglich.

Höchstwahrscheinlich werden, wie für die vergangenen beiden Jahre, die Ausnahmereglungen des § 131 Abs. 6, Satz 1 und 5 der SächsGemO weiterhin für die Haushaltsjahre 2017 und 2018 gelten, so dass nach unserer Auffassung der Genehmigungsfähigkeit nichts im Wege steht.

Eingebunden ist – auch wenn noch nicht durch Landesgesetzgebung endgültig bestätigt – ein wachsendes, vielstufiges System zum Haushaltsausgleich, d. h. zu einem genehmigungsfähigen Haushalt insgesamt.

Klar ist auch, hier wird das Neue Kommunale Finanzmanagement de facto an vielen Stellen ad absurdum geführt und ausgehebelt und nach der „alten Kameralistik geschielt“.

Ein Grund dafür, der Freistaat Sachsen drückt sich vor höheren Zahlungen an die Kommunen und spart bei einer Minuszinspolitik der Europäischen Zentralbank bei den Bürgerinnen und Bürgern der Städte und Gemeinden und entlastet lieber bei der Genehmigung der Haushalte.

Haushaltsausgabenreste und der Vergleich mit Dresden
Rekordinvestitionen von 442 Mill. Euro stehen für 2017/2018 auf dem Plan. Das ist gut so, um den Investitionsstau von über einer Milliarde Euro Leipzigs abzubauen.

Im Vergleich zu Dresden hinken wir, wie in den letzten Jahren, deutlich hinterher. Nur gut 80 %, d. h. etwa 86 Mill. Euro  weniger als in der Landeshauptstadt bringt die Verwaltung für den Planungszeitraum (2017/2018) zur Entscheidung in den Stadtrat. Und dabei ist dieser Plan schon heute mehr als gefährdet oder gar unrealistisch.

Warum? Schon im letzten Jahr schossen die vom Stadtrat beschlossenen, aber bisher nicht umgesetzten Investitionen (Haushaltsausgabenreste) von 141 Mill. Euro auf ca. 190 Mill. Euro in die Höhe. Ein Anstieg von mehr als einem Drittel.

Dabei hatten Sie, Herr Bonew, in 2011 in der LVZ im Zusammenhang mit der Umsetzung des Konjunkturpaketes II gesagt: „Leider laufen diese Prozesse im sonstigen Alltag noch viel zu langsam und bürokratisch ab.“ Die Abläufe müssen im Rathaus beschleunigt werden.

Auch mit den verhängten Haushaltssperren geht man hier in der Verwaltung eher den rückwärtsgewandten Weg und beschleunigt die Bürokratie auch bei der Freigabe für Mittel im vertraglich gebundenen nicht investiven Bereich. Dabei sind die Probleme seit mindestens einem halben Jahrzehnt bekannt.

Kollege Wehmann hat in seinen Stadtratsreden zu den Vorlagen zur „Übertragung von Ansätzen für Auszahlungen und Einzahlungen von Investitionen …“ - kurz Haushaltsausgabenreste - von 2012 bis 2015 immer wieder auf die Probleme hingewiesen.
Diese sind:

  1. zu geringer Planungsvorlauf - Tendenz weiter steigend,
  2. mangelnde Zusammenarbeit mit Dritten und
  3. allgemeine Fördermittelpolitik u. a. des Freistaates über die SAB usw.

Dass die Verwaltung an die Umsetzung ihrer eingebrachten Investitionsplanung gar nicht glaubt, zeigen die folgenden Sätze aus dem Rathaus vom Oktober dieses Jahres.
Dort heißt es; ich zitiere:
„Die Entwicklung der Höhe der Haushaltsausgabereste der letzten Jahre zeigt, dass ein Investitionsvolumen von ca. 140 – 160 Mill. Euro pro Jahr umsetzbar ist. Darüber hinausgehende im Haushalt veranschlagte Investitionsvolumina führen aber beinah zwangsläufig zur Bildung weiterer Haushaltsausgabereste.“

In der Beschleunigung der Umsetzung von Investitionen ist die Verwaltung dringend aufgefordert vom Rückwärts- in den Vorwärtsgang zu schalten.

Welche Deckungsquellen bieten wir zur Finanzierung der Mehrausgaben an?

Beherbergungssteuersatzung
Ähnlich wie die SPD haben wir mit der im September 2016 vom Sächsischen Landtag u. a. beschlossenen Gästetaxe geliebäugelt, weil sie alle – touristischen und berufsbedingten Übernachtungen einschließen würde.
Allerdings haben wir aus den Erfahrungen der letzten Anträge (u. a. Kulturförderabgabe aus 2014) gelernt und wissen, dass wir eine rechtssichere Satzung benötigen. Diese ist mit dem beschlossenen Regierungsentwurf leider nicht gewährleistet. Es fehlt nach unserer Auffassung die Klarheit hinsichtlich der festgeschriebenen Kalkulation sowie der Definition von beispielsweise – ich zitiere aus dem geänderten § 34 Kommmunalabgabengesetz – „für  die zu touristischen Zwecken hergestellte Anlagen“.

Da gäbe es bei unseren Leipziger Einrichtungen betreffend viel Spielraum vor allem hinsichtlich einer Vielzahl von Klagen und damit verbundenen langjährigen Verfahren, mit viel notwendiger personeller Kraft aus der Verwaltung, aber auch den entsprechenden Kosten. Diese sollten wir uns nicht leisten.
Daher unser Vorschlag, das Dresdner Modell der „Beherbergungssteuersatzung“ mit anfänglich mindestens Einnahmen von 3,4 Mill. Euro und bestätigt vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht, umzusetzen.
Selbstverständlich sind wir auch bereit, bei Nachweis einer rechtssicheren Gästetaxe, diese mitzutragen.

Planung Zinsaufwendungen
Auch für die Haushaltsjahre 2017/2018 sehen wir den Plan für die Zinsaufwendungen als unrealistisch an und fordern eine Korrektur auch hinsichtlich von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit.

Wir haben in den Jahren 2011, 2013, 2014 sowie 2015 und 2016 entsprechende Änderungsanträge gestellt. Allesamt erfolgreiche Initiativen mit „konservativem“ Ansatz.
Abschließend – die Schwerpunkte
Ich will an dieser Stelle noch einmal klar die Schwerpunkte für DIE LINKE in den Haushaltsabstimmungen benennen:
 Erhöhung der Mittel für Vereine und Verbände im Bereich der Jugendhilfe

  1. Preisstabilität für das LVB-Sozialticket für die Jahre 2017 und 2018
  2. Erhöhung des Zuschusses für die LVB
  3. Mittel für Sozialwohnungen
  4. Erhöhung Mittel für Personal für strategische Vorplanungen

Zum Abschluss: wir werden in den kommenden Wochen in den Ausschüssen unsere Änderungsanträge zum Haushalt zur Abstimmung bringen. Im Ergebnis dieser Abstimmungen wird DIE LINKE beraten, wie wir uns dann abschließend zur Haushaltsabstimmung verhalten. Es wird aber in jedem Fall eine verantwortungsvolle Entscheidung für Leipzig sein.

Rede zum Doppelhaushalt 2017/18.