Früher als andere erkannte der Arbeiter Elser, wohin die Politik des Naziregimes führt

Marco Götze

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte, sehr geehrte Ortschaftsrätinnen und Ortschaftsräte, sehr geehrte Wahrnehmende dieser Ratsversammlung,

Wir begehren mit unserem Antrag die Ehrung eines Mannes, der als Einzelperson ebenso zum Widerstand zählt wie viele, die viel stärker im ständigen Fokus der Erinnerungskultur stehen.

Pazifistischer, kirchlicher, bürgerlicher, militärischer und bitteschön auch linker Widerstand gegen das NS-Regime sollten alle in Leipzig (wieder) ein angemessenes Gedenken finden.

Auch jene Einzelpersonen, die mit Mut und Entschlossenheit ohne den Rückhalt einer Organisation daran gingen, sich dem Regime zu verweigern, Verfolgte zu schützen oder gar aktiven Widerstand zu leisten.

Einer, der dabei lange in Ost und West zu Unrecht vernachlässigt wurde, war Georg Elser. Er war den einen nicht organisiert genug und damit kein Musterbeispiel des Antifaschismus. Anderen war er ebenfalls nicht geheuer, da sein Handel die Mär widerlegte, fast alle hätten lange mitgemacht und kaum jemand hätte frühzeitig Widerstand geleistet. Früher als andere erkannte der Arbeiter Elser, wohin die Politik des Naziregimes führt.

Der Zweite Weltkrieg hatte begonnen, längst hatten sich Gestapo und Konzentrationslager zum berüchtigten Schrecken entwickelt und viele Menschen waren bereits in großer Zahl wegen ihrer Gesinnung der Terrorjustiz zum Opfer gefallen.

Georg Elser versuchte trotz alledem oder gerade deshalb mit ungeheurem persönlichem Einsatz und hohem Risiko für sein Leben den Tyrannen und einige seiner Paladine bei einem ihrer Propagandaauftritte zu beseitigen. In wochenlanger geheimer Arbeit bereitete er die Beseitigung der führenden Köpfe des Naziregimes durch ein Bombenattentat im für die NS-Bewegung traditionsreichen Münchener Bürgerbräukeller vor.

Das Vorhaben am 8.11.1939 war so geeignet, das Ziel zu erreichen, dass nur der Zufall Hitler und weitere führende NS-Funktionäre rettete. Bei ungestörtem Fortgang des angekündigten Zeitplans wäre das Regime seiner zentralen Gestalten beraubt gewesen und zumindest in Nachfolgekrisen verwickelt worden. Vielleicht hätte dies auch die Fortsetzung der Eroberungspläne gestört.

Elser steht mithin dem Attentäter Stauffenberg nicht nur gleich. Erkenntnisse und Entschlossenheit, zu denen viele Verschwörer des 20. Juli noch Jahre benötigten, zeigte Elser lange vor diesen.

Am 80. Jahrestag des Ereignisses brachte DIE LINKE den Antrag auf die Prüfung der Umbenennung der Lindenauer Gasthofbrücke in Georg-Elser-Brücke im Stadtrat ein.

Bereits 2012 gab es dafür Initiativen, die jedoch damals scheiterten. Bürger der Stadt, wie z.B. Dr. Hans Wienhold haben unermüdlich für eine Ehrung Elsers gestritten.

Seitdem hat sich bundesweit in der geschichtlichen Sicht auf Elser viel getan und vielfältig sind die Würdigungen in Dokumentationen, Spielfilmen und bei der Benennung öffentlicher Plätze und Straßen. Lediglich in unserer Gegend sieht es diesbezüglich noch düster aus. Gewählt wurde die Lindenauer Gasthofbrücke als möglicher Ort. Diese Brücke kennt kaum jemand unter diesem Namen, auch ein Gasthof existiert dort nicht mehr. Wohl aber befinden sich Capa-Haus, Bowmanstraße in ihrer Nähe.

Gerade Lindenau, von wo die Befreiung durch die US-Armee in Leipzig Einzug hielt, die letzten Kämpfe wie unter anderem an der Angerbrücke geführt wurden, wäre im 75. Jahr des Kriegsendes ein guter Ort, den Namen Elsers in Leipzigs Erinnerungskultur zu verankern. Es ist an der Zeit.

Nach einer symbolischen Umbenennung der Brücke Ende letzten Jahres und weiteren recht einvernehmlichen Vorberatungen steht auch die Verwaltung der Brückenbenennung positiv gegenüber. Der Verwaltungsstandpunkt ergänzt unseren Antrag geradewegs wie ein Upgrade, die Brücke auch sichtbar umzubenennen. Das finden wir sehr gut. Dafür sind wir sehr dankbar, wie wir es für Ihre Zustimmung wären.

Rede zum Antrag der Fraktion DIE LINKE A 00441 "Ehrung von Georg Elser in Leipzig"