Franziska Riekewald zum Bau der Schule in der Kurt-Eisner-Straße: Wir dürfen nicht die gleichen Fehler wie vor 20 Jahren machen!

Franziska Riekewald

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

werte Stadträtinnen und Stadträte,

liebe Gäste, 

 

uns liegt heute eine Vorlage zur Beschlussfassung vor, welche eine sehr lange Geschichte hat. Es ist kein Geheimnis, dass wir als LINKE diese Geschichte schon am Anfang stoppen wollten. Wir haben damals geschlossen gegen den Antrag zur Eröffnung des Ausschreibungsverfahrens gestimmt. Frau Hollick hatte bei der Diskussion im Jahr 2016 schon vor den Gefahren durch private Investor:innen im Schulbau gewarnt: Es wird teurer für die Stadt und damit für den Steuerzahler. 

Die Ursprungs-Vorlage mit 25 Jahren Miete hat genau das gezeigt. Wir hätten Millionen an Steuermitteln bezahlt und keinerlei Wert für den städtischen Haushalt geschaffen, denn am Ende hätte die Schule nicht der Stadt gehört. Immerhin, dass dieses Modell nicht tragfähig ist, hat die Mehrheit des Stadtrates dem Oberbürgermeister gespiegelt und die Vorlage wurde überarbeitet. Jetzt reden wir noch über 3 Jahre Miete und dann einen Erwerb der Schule. Auch das ist ein Modell, was uns als Stadt teurer kommt als die eigene Errichtung der Schule. Ist ja auch klar, der private Investor möchte natürlich Gewinn machen und diesen bezahlt dann halt der Steuerzahler. Diese Vergabe an einen Generalunternehmer und den schlüsselfertigen Kauf hätte wir mit großen Bauchschmerzen zugestimmt. 

Jetzt haben wir aber kein solchen Vertrag auf dem Tisch. Nein, wir sollen heute einem 3-jährigen Mietvertrag zustimmen. Welche im Übrigen nur im Entwurf vorliegt und einem Kaufvertrag, welcher wiederum nur mit einem umfangreichen Grundstückskaufgeschäft überhaupt zustande kommt. Da sagen wir: Halt, Stopp. 

Wir haben einen Grundsatzbeschluss im Stadtrat gefasst. Dieser besagt, dass wir keinerlei städtische Grundstücke mehr verkaufen. Nun ist dies hier ein Tausch, kann man sagen. Ja, aber was wird denn eigentlich getauscht? Wir bekommen das Schulgrundstück und dafür geht Herr Fahrenkamp shoppen durch unsere Immobilienliste? Das geht so nicht. 

Ich könnte jetzt zu jedem dieser Grundstücke die Problematik erläutern. Will es aber bei zwei Beispielen belassen. Die Huttenstraße: Hier ist der Grundstückswert bei 15,- €/qm. Warum? Weil der Flächennutzungsplan hier (noch) keinen Wohnungsbau zulässt. Ich sage ganz bewusst „noch“. Wollen wir wirklich ein so schön gelegenes Grundstück für 15,- €/qm verkaufen? Ich denke, für diesen Preis werden wir es auch woanders los. Das könnte sich sogar der Leipziger Normalverdiener leisten, um dort einen Garten anzulegen. 

Zweites Grundstück: Käthe-Kollwitz-Straße. Seit Jahren erzählt der Stadtrat der LWB, dass diese in den unterversorgten Gebieten Wohnungen schaffen muss. Leipzig-Mitte ist so ein Gebiet, wo die LWB ziemlich wenige Wohnungen hat. Warum wir jetzt genau diese Fläche, welche sich zum Wohnungsbau eignet an die Stadtbau abgeben sollen, leuchtet uns nicht ein. Die Abgabe würde die steigenden Mieten in Mitte nur noch fördern. Da nützen auch 50% Sozialwohnungen nicht, die nach 15 Jahren teuer weitervermietet werden. Und das ja genau das Problem auf dem Wohnungsmarkt ist: zu wenige kommunale Wohnungen.  

Hier machen wir die gleichen Fehler, wie vor 20 Jahren und verkaufen unser Tafelsilber, welches vielleicht heute nicht gebraucht wird. Aber in der Zukunft dann eben auch nicht mehr zur Verfügung steht oder uns strategische noch weiter ins Abseits stellt. Da kann man nur mit dem Kopf schütteln, dass die Verwaltung überhaupt sich traut, so eine Vorlage dem Stadtrat vorzulegen. Es muss doch inzwischen klar sein, dass der Stadtrat eben nicht mehr so unwissend ist, wie vielleicht noch vor 20 Jahren bzw. sich die Mehrheitsverhältnisse geändert haben. Die CDU würde heute wahrscheinlich noch genau dieselben Fehler machen wie damals.  

Nun zu unserem Vertragspartner. DIE LINKE traut der Stadtbau nicht über den Weg. Da kann man sagen: typisch links, die trauen ja keinem Unternehmen. Da gebe ich Ihnen Recht, wir haben ein gesundes Misstrauen. Aber die Stadtbau hat sich unser Misstrauen auch über die letzten Jahre selbst erarbeitet: Denken Sie an den Abriss von Gurken-Schumann. Wie viele Beschlüsse hat es dafür gebraucht und noch immer steht die Ruine. Weiter ging es mit dem Jahrtausendfeld. Was haben wir da verhandelt und dann haben wir die Grundschule in die Gießerstraße gebaut. Das alles stärkt unser Vertrauen nicht und zeigt auch keinerlei Engagement, welches wir von Personen erwarten, welche mit und in der Stadt ihr Geld verdienen - und ich denke, kein schlechtes. Nun verlangen wir nicht, dass Herr Fahrenkamp ein Samariter sein soll, nein, wir erwarten einen ehrlichen Umgang. 

Wir alle wissen, für wie viel Geld die Stadtbau AG das Grundstück damals von der Deutschen Bahn erworben hat. Es jetzt zu einem 20fachen des damaligen Marktwertes zu vertauschen, mag aus Sicht des Investors ein lukratives Geschäft sein, aus unserer Sicht ist es Abzocke. Dann aber noch zu sagen, wir verkaufen dieses Grundstück gar nicht der Stadt zu diesem überteuernden Preis. Nein, wir wollen es tauschen, und zwar mit Grundstücken, welche auch wieder für die Stadt strategische Grundstücke sind, das schlägt dem Fass den Boden aus. Man hätte als Investor das Grundstück unter dem Verkehrswert verkaufen können. Mit der Schule macht er ja genug Millionen Gewinn. 

Nun gut, wir nehmen zur Kenntnis, dass dies nicht der Fall ist und müssen somit konsequenterweise die Vorlage ablehnen. Unterwelchen Zugeständnissen wir bereit sind, die Schule zu kaufen, steht in unserem Änderungsantrag. 

Und lassen Sie mich noch ein Wort zum Schluss sagen: Eigentlich hätte die Schule gar nicht den Ausschreibungsprozess überstehen dürfen. Es gibt ein ganz festes Leistungsverzeichnis: Dieses wird an nicht wenigen Stellen unterschritten. Auch wenn 2% Differenz bei den Unterrichtsräumen und 9% bei den Horträumen nicht viel erscheinen, so sind es doch 30qm bzw 110qm, welche den Schülerinnen und Schülern fehlen werden. Und wie wichtige jeder einzelne Quadratmeter angesichts der Pandemie sind, muss ich Ihnen nicht sagen. Am schlimmsten ist aber die Unterschreitung bei der Laufbahn. Hier wird das Leistungsverzeichnis um 47% unterschritten. Wie dies ausschreibungskonform ist, konnte mir bisher noch keiner beantworten. Ich weiß nur: Wenn sich ein mittelständisches Unternehmen bei der Stadt um eine Ausschreibung bewirbt, dann reichen schon kleinste Abweichungen, um vom Vergabeverfahren ausgeschlossen zu werden. Aber wie immer: Bei den kleinen gelten offensichtlich andere Maßstäbe als bei den Großen. 

 

Alles in allen müssen wir sagen: Die Vorlage ist für uns, ohne unsere Änderungen, nicht zustimmungsfähig

 

Vielen Dank