Franziska Riekewald: ÖPNV gehört für uns LINKE zur Daseinsvorsorge!

Franziska Riekewald

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

werte Stadträtinnen und Stadträte,

liebe Gäste,

 

mal wieder stehen wir hier und reden über die Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs in Leipzig. Aber trotzdem wir als Stadt Leipzig zum wiederholten Male viele Millionen Euro in die Hand nehmen, geht es nicht um den wirklichen Ausbau des ÖPNVs, sondern um die Aufrechterhaltung des Angebots bei den Bussen und Straßenbahnen. Es geht leider nicht um einen großen Schritt in Richtung Umsetzung des Nachhaltigkeitsszenarios.

Denn zum Erreichen unserer städtischen Verkehrsziele braucht es mehr, als Radspuren zu markieren. Ja, das ist richtig und wichtig. Aber das Rückgrat der Verkehrswende ist der ÖPNV und wenn wir hier nicht endlich einen Zahn zulegen, dann werden wir auch im Jahr 2050 das Nachhaltigkeitsszenario noch immer nicht umgesetzt haben.

Ich weiß, in der Vorlage steht etwas von der Erweiterung von Flexa und der Taktverdichtung der Linie 16. Aber liest man genau, geht es lang- oder mittelfristig nur um den Erhalt des Status Quo und um die weitere Streckung der seit Jahren dringend notwendigen Investitionen.

Allerdings finden sich in der Vorlage keinerlei konkrete Verschiebungen. Was heißt es denn, wenn wir beschließen sollen: „dass die Realisierung von geplanten Netzerweiterungen in der strategischen Planung der Leipziger Gruppe zeitlich verschoben abgebildet“ werden soll? Verschieben wir um zwei Jahre oder um zehn Jahre oder auch bis ins Jahr 2070 (so wie beim Deutschlandtakt). Ein zweites Beispiel: Wir sollen beschließen, dass die „Gleise auf der Zufahrt Schlachthofbrücke nicht erneuert werden“. Unabhängig davon, dass der Zusatz - aktuell kein Umleitungsbedarf – Schwachsinn ist, da jetzt gerade genau dort Umleitungsverkehr lang fährt, ist doch die Frage: Was heißt nicht erneuern? In diesem Jahr oder nie wieder? Wir würden damit auch einfach so, mit einem Anstrich, unseren Grundsatzbeschluss, dass wir das Straßenbahnnetz in seiner jetzigen Größe erhalten, aufheben. Also natürlich nur, wenn nie wieder gemeint ist. Sie sehen, dass hier wirklich noch viele Fragen zu klären sind, die auch nicht mit einer dritten Lesung im Ausschuss aufzulösen sind.

Wir haben daher den Änderungsantrag geschrieben, die Punkte 2.2 bis 2.6 der Vorlage nicht zu beschließen, sondern an die Verwaltung zurückzugeben, mit der Aufforderung, bis zum 31.10. diese Punkte wirklich mit einem Datum zu versehen und Klarstellungen zu machen, damit nicht jeder das reininterpretieren kann, was er oder sie möchte.

Neben den Fragen zum Inhalt der Vorlage, haben wir als LINKE auch ein großes Problem mit der zu beschließenden Ticketpreiserhöhung. Wir werden somit den Beschlusspunkt 5 ablehnen. Mit Blick auf die Inflation, die die Leipzigerinnen und Leipziger in allen Lebensbereichen schultern müssen, haben wir hier auch eine gesellschaftliche Verantwortung. Die Aufhebung der Deckelung der Preissteigerungen, halten wir für einen strategischen Fehler. Auch mit der Einführung des Deutschlandtickets, werden hier gerade auch mit der Erhöhung des Einzelfahrscheins wieder die belastet, die sich kein Abo leisten können.

Ich möchte noch auf unseren zweiten Änderungsantrag eingehen: Nach unserer Kenntnis reichen die 9 Millionen Euro in 2023 und die 11,5 Millionen Euro in 2024 nicht aus, damit die LVB allen ihren Angestellten in der LVB-Gruppe einen Inflationsausgleich zahlen können. Denn, wie Sie sicher wissen, werden noch immer nicht alle Angestellten in der LVB-Gruppe nach dem TV-N bezahlt. Gerade die, die in den weniger gut bezahlten Jobs arbeiten – wie z.B. die Reinigungskräfte oder Kontrolleure – werden, egal wie der Tarifabschluss ausgeht, nicht profitieren. Uns geht es um die Gleichbehandlung der Kolleginnen und Kollegen. Es kann nicht sein, dass wir die, die eh schon schlecht bezahlt werden, jetzt doppelt im Regen stehen lassen. Wir müssen hier nochmal Steuergeld in die Hand nehmen und einen angemessen Inflationsausgleich zahlen. Wir alle haben einen offenen Brief der Belegschaft bekommen, es gibt eine Petition dazu und bei den heutigen Einwohneranfragen spielt die prekäre Situation ebenso eine Rolle. Auch der Konzernbetriebsrat fordert eine Vereinbarung über den Inflationsausgleich für alle Mitarbeiter der LVB-Gruppe, dazu gab es schon Gespräche mit der Geschäftsführung. Bitte lassen Sie uns heute mutig sein und der Geschäftsführung die Möglichkeit eröffnen, dass sie hier handeln kann. Ohne anständige Bezahlung wird der Mitarbeitermangel sonst bald gar nicht mehr zu handlen sein.

Abschließend möchte ich sagen, dass es mich trotzdem wütend macht, dass wir dieses Geld aus dem städtischen Haushalt in die Hand nehmen müssen. Es ist mal wieder ein gutes Beispiel dafür, dass Bund und Land sich aus der Verantwortung stehlen. ÖPNV gehört für uns LINKE zur Daseinsvorsorge. Und da erwarte ich einfach, dass Bund und Land endlich einsehen, dass wir die Klimaziele von Paris niemals erreichen, wenn wir nicht endlich eine Verkehrswende hinbekommen. Und dass es dafür eben auch Bundes- und Landesmittel bedarf und zwar nicht in homöopathischen Mengen, sondern in ausreichender Größe, das sollte selbstverständlich sein. Da mein Glaube in die Landes- und Bundespolitik allerdings sehr erschüttert ist, kommen wir wohl nicht darum herum, als Stadt mal wieder in die Bresche zu springen und die Lücke zu füllen. Wir werden daher diesem Beschlusspunkt zustimmen.

Vielen Dank!