Es herrscht Klimanotstand, ob wir das wahrhaben wollen oder nicht

Michael Neuhaus

Es herrscht Klimanotstand, ob wir das wahrhaben wollen oder nicht. Ebenso wie die Erde eine Kugel ist, ist es ein Fakt, dass die steigende CO²-Konzentration in der Atmosphäre den Treibhauseffekt verstärkt und somit das globale Klima erwärmt. Da können die 500, von einer bestimmten Partei oft zitierten, Pseudowissenschaftler*innen ohne nennenswerte Publikationen, von denen übrigens schon der erste auf der Liste Öl-Lobbist ist und der zweite sogar die gesundheitsschädliche Wirkung von Tabak leugnet, erzählen was sie wollen. Es ist schlichtweg quatsch.

In Leipzig ist die durchschnittliche Jahrestemperatur um fast 1°C gestiegen und die Zahl der Tropennächte hat sich verdoppelt. Beim Jahrhundert Hochwasser in Sachsen starben 20 Menschen. Auch 2013 standen Teile von Dresden, Döbeln, Colditz, Glauchau, Grimma, Zwickau, Wechselburg und so weiter und so weiter unter Wasser. Von diesem Junihochwasser waren 295 der 438 sächsischen Gemeinden betroffen. Der Hitzesommer 2018 kostet alleine in Berlin 500 Menschenleben. In Hessen mehr als 700. Deutschlandweite Zahlen sind noch nicht bekannt.

Die Häufigkeit solcher Ereignisse ist gravierend gestiegen. Tendenz weiter steigend. Liebe Kolleg*innen und Kollegen der demokratischen Parteien, es macht mich so unglaublich wütend, wenn der Tod von Menschen, Hunger durch Dürre und Flucht wegen Umweltkatastrophen als Panikmache und Klimahysterie verunglimpft werden. Das einzige was mich panisch macht, sind die Irrationalität und die Kaltschnäuzigkeit mit der auf Empörung über ein angebliche Klimamärchen gesetzt und die Opfer des Klimawandels verleugnet werden.

Aber natürlich: Wir sollten nicht nur über den Klimawandel reden und einen symbolischen Klimanotstand ausrufen. Es ist aber erstaunlich, dass dieser Vorwurf immer von denen kommt, die seit Jahren die Augen vor den Problemen verschließen. Wenn der Klimanotstand kein symbolischer Akt sein soll, dann schlagen sie doch einfach mal geeignete Lösungen vor! Jeder kann Anträge stellen. Wir haben das hier in enger Kooperation mit Umweltbewegungen und Verbänden getan.

Wir wollen die Verwaltung bis 2035 und die Strom- und Wärmeversorgung der Stadt bis 2040 klimaneutral gestalten. Wir fordern Stadtratsanträge zukünftig auf ihre Klimafolgen zu bewerten und zwar so, dass sie und ich abschätzen können, was das für unsere Klimaziele bedeutet. Und apropos Klimaziele: dafür soll ein Sofortmaßnahmenprogramm und eine Prioritätenliste vorgelegt werden. Die Stadt soll sicherstellen, dass zumindest wir die Klimaziele von 2030 erreichen, wenn schon die Bundesregierung beschlossen hat lieber auf ein Wunder zu hoffen, als ausreichende Maßnahmen vorzulegen. Und wer die ganze Arbeit wegtragen soll? Ein eigenes Klimareferat wo die Kompetenzen der Verwaltung gebündelt werden, wo denn sonst?

Aber natürlich, auch ich habe Kritik an dem vorgelegten Antrag. Er kommt nämlich mehr als 30 Jahre zu spät. Seitdem sind die Probleme bekannt, die die Regierung einfach immer weiter und weiter in die Zukunft verfrachtet. Aber umso mehr freut es mich, dass wir heute die Chance haben über den Klimanotstand abzustimmen. Dass wir das tun, verdanken wir jedoch weniger den regierenden Parteien, als dem konsequenten Engagement von Umweltbewegungen wie Fridays For Future. Deswegen gilt euch dort euch dort oben mein tiefster Dank und größter Respekt. Ich war bei unzähligen Plena dabei, habe eure Debatten mitbekommen und mitgeführt und so oft mit euch demonstriert. Was ihr leistet ist unglaublich. Von der Professionalität und Expertise mit der ihr Politik macht, können sich viele Politiker*innen eine ordentliche Scheibe abschneiden. Wirklich.

Und wenn sie liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien dies genauso sehen - wenn sie auch der Meinung sind, dass es nicht sein kann, dass sich die Aktivist*innen seit Monaten auf der Straße die Beine in den Bauch stehen und den Mund fusselig reden ohne das etwas nennenswertes passiert, nur weil FridaysForHubraum oder der 53 Jahre alte Durchschnittswähler mehr politisches Gewicht haben, als Schülerinnen und Schüler, die für ihre Zukunft streiken, dann bitte ich sie dem vorliegenden Antrag zuzustimmen.

Wenn schon die Schülerinnen und Schüler nicht ihre Stimmen abgeben dürfen, dann bitte ich sie: Geben sie ihnen ihre!

Zeigen sie ihnen, dass sie ihre Sorgen nicht nur ernstnehmen, sondern, dass sie die Probleme auch anpacken wollen. Der vorliegende Antrag wäre dafür ein geeigneter Start dafür.

Rede zum Antrag A 07961 "Ausrufung Klimanotstand" des Jugendparlaments.