Der Wilhelm-Leuschner-Platz ist den Leipzigern zu wichtig, als dass veraltete Entwürfe zum Tragen kommen dürfen

William Grosser

Die Kriegsbrache um den Wilhelm-Leuschner-Platz wartet nunmehr schon über 70 Jahre auf eine städtebauliche Lösung. War die Stadt in DDR-Zeiten baulich zu impotent, so waren die Versuche nach der Wende eine Veränderung herbeizuführen, bislang von untauglichen Architektenentwürfen geprägt.
Leider ändert auch die heutige Vorlage nichts an dieser Situation. Im Gegenteil, sie schlägt eine Bebauung im Ostteil des Platzes vor, die von einer urbanen Funktionalität ebenso weit entfernt ist, wie von wirtschaftlichen Ausgangsbedingungen für die praktische Erschließung.
Im Westen des Areals will die Stadtverwaltung, warum auch immer, einen 16.000 m² großen Platz schaffen. Sehr einfallsreich ist das nicht und obwohl in verschiedensten Veranstaltungen andere, aus meiner Sicht bessere Vorschläge, gemacht wurden, sperrt sich die Stadtverwaltung stur auch nur kleinste Kompromisse einzugehen.
Das bringt nicht nur mich auf die Palme, sondern auch viele Leipziger.  Nein, ich denke, dass es bei der Neugestaltung des Gesamtplatzes um die Veränderung im gesamten städtebaulichen Kontext gehen muss. Es braucht ein städtebaulich funktionierendes Scharnier, das die angrenzende Innenstadt mit der Südvorstadt verbindet und nicht trennt. Städteplanung hat die Aufgabe urbane Räume für Menschen zu gestalten und nicht für feuchte Träume zu sorgen für selbst ernannter Experten. 
Meine Damen und Herren, wir sollten aus vorangegangenen Planverfahren lernen oder sind uns mit Löhrs Carree und den Höfen am Brühl wirklich städtebauliche Highlights gelungen? Vom Entwurf des Freiheits- und Einheitsdenkmals will ich erst gar nicht sprechen.
Und der Wilhelm-Leuschner-Platz ist den Leipzigern zu wichtig, als dass veraltete Entwürfe zum Tragen kommen dürfen.
Mit meinem Änderungsantrag (ÄA 09) möchte ich, dass die Weiterführung des Bebauungsplanes 392 nicht mehr auf dem Konzept der Professoren Wolf und Pelčák basiert, sondern auf dem der Leipziger Architekteninitiative. Ich will, dass die Bebauung im Ostteil kleinteilig erfolgt und so ein Quartier entsteht, wo sich Menschen gern aufhalten. Ich will, dass die Markthalle auf dem alten Grundriss gebaut werden kann, damit ein potentieller Investor die noch vorhandenen Kellerräume nutzen kann. Ich will, dass eine kühne Überbauung der Tunneltrasse nicht ausgeschlossen wird und ich will, dass der Wilhelm-Leuschner-Platz in den Konturen des alten Königsplatzes wieder entsteht.
Zu den anderen Änderungsanträgen:
Einige haben aus meiner Sicht einen Makel. Ihre Grundlage ist das Konzept der Professoren Wolf und Pelčák, obwohl das bei den Änderungsäntragen 1 der CDU, 6 der SPD und 7 der Stadträte Morlok und Hobusch nicht eindeutig ist. Trotzdem habe ich die wesentlichen Punkte aus diesen Änderungsanträgen in meiner Neufassung übernommen.
Auch die Änderungswünsche der Stadträte Morlok und Hobusch finden in meiner Neufassung Berücksichtigung. Eine breite Bürgerbeteiligung im Voraus ist durchaus eine Option, die Fehler vermeiden hilft, wenn gleich sie auch Zeit braucht. Aber wir warten schon so lange, da kommt es auf ein zwei Jahre auch nicht mehr an.
Dem Änderungsantrag 5 von meiner Fraktion und von Bündnis 90/Die Grünen werde ich zustimmen, auch wenn ich mir dabei das Sprichwort „Wenn man nicht weiter weiß gründet man einen Arbeitskreis“ spontan einfällt. Trotzdem, das Anliegen die Vermarktung der Flächen mit einer AG Wilhelm-Leuschner-Platz zu organisieren, ist gut.
Nicht zustimmen kann man aus meiner Sicht dem Änderungsantrag 2 von Herrn Weber. Dazu ist zu sagen, dass es einen Mehrheitsbeschluss des Stadtrates zum Bau einer Markthalle am alten Platz gibt, der nicht gekippt werden sollte. Natürlich wird eine Markthalle ihren Einfluss auf das umliegende Quartier ausüben und ich hoffe, dass durch die Markthalle auch Lebendigkeit im Umfeld entsteht. Das ist doch wohl gewollt. Eine Gartensiedlung auf diesem innerstädtischen Areal wäre jedenfalls aus meiner Sicht eine städtebauliche Fehlplanung.
Ebenso ist der Änderungsantrag 3 von Herrn Weber abzulehnen.
Auch ich wünsche mir eine kleinteilige Bebauung. Aber ich will dort keine reine Wohnsiedlung haben, sondern ein Gebiet in dem Wohnen, Handel und Gewerbe gemischt sind, eben ein städtisches Gebiet.
Der Änderungsantrag ÄA 08 von Frau Gabelmann ist bei Zustimmung meines Antrages nicht mehr erforderlich. Ich bin mir auch nicht sicher, ob er komplett noch so umsetzbar wäre. Sie sollte ihn zurückziehen.
Meine Damen und Herren, bitte helfen Sie mit, dass eine Bebauung der Gesamtfläche um den Wilhelm-Leuschner-Platz unsere Stadt bereichert.
Stimmen Sie der Neufassung des Änderungsantrages mit der Nummer ÄA 09 zu und zeigen sie damit das wir Kritiker der Vorlage uns sich nicht zersplittern lassen. 

Rede zur Drucksache VI-DS-01690 „Leitlinien für die Weiterführung des Aufstellungsverfahrens zum Bebauungsplan Nr. 392 „Wilhelm-Leuschner-Platz/Ost“