Bildung der ARGE ist das kleinere Übel

Dr.Dietmar Pellmann

Wir wissen auch, dass mit der ARGE Neuland betreten wird, was bekanntlich mit einer Reihe von Risiken verbunden ist. So haben wir nach wie vor erhebliche Zweifel, ob die gewählte Rechtsform der ARGE auch Bestand hat.

Diese Vorlage der Verwaltungsspitze ist ein notwendiger Schritt zur Umsetzung des Hartz-IV-Gesetzes. Bevor ich mich dieser Vorlage unmittelbar zuwende, möchte ich zunächst noch einmal die Positionen der PDS zu diesem Gesetz zuwenden, weil dies auch Einfluss auf unser heutiges Abstimmungsverhalten hat.

Wir lehnen das Hartz-IV-Gesetz weiterhin aus folgenden prinzipiellen Gründen ab:

1. Insbesondere in den neuen Bundesländern werden keine Existenz sichernden neuen Arbeitsplätze entstehen. Mehr noch: Es wird eher zum Abbau solcher Arbeitsplätze kommen. Verantwortlich dafür sind in erster Linie die so genannten 1-Euro-Jobs. Es soll niemand behaupten, dass mit diesen „Arbeitsgelegenheiten“ nicht in den ersten Arbeitsmarkt eingegriffen wird.

2. Die Binnenkaufkraft geht weiter zurück; insofern ist Hartz IV wirtschaftsfeindlich und wird so keinesfalls zur Belebung der Konjunktur beitragen.

3. Die künftigen Bezieher von Arbeitslosengeld II werden finanziell schlechter gestellt sein. Auch für bisherige Empfänger von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt wird es im Unterschied zu anders lautenden offiziellen Behauptungen zu keiner Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse kommen. Erinnert sei nur daran, dass künftig die einmaligen Leistungen für bisherige Sozialhilfebezieher weitgehend wegfallen.

4. Wenn es überhaupt je die Hoffnung gegeben hat, dass die Kommunen durch Hartz IV finanziell entlastet werden, so dürfte es auch für unsere Stadt ein böses Erwachen geben.

5. In Bezug auf die Durchführung des Gesetzes ist nach wie vor vieles ungeklärt. Das belastet nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Mitarbeiter in den zuständigen Behörden. Daher sollte der Start des Gesetzes zumindest verschoben werden.

Nun zur Vorlage der Stadtverwaltung:

Mit unserem heutigen Abstimmungsverhalten möchten wir dokumentieren, dass nicht einfach zur Tagesordnung übergegangen werden kann. Wir lehnen die Vorlage deshalb nicht ab, weil sich die Stadtverwaltung nicht für das so genannte Optionsmodell entschieden, sondern aus unserer Sicht mit der Bildung der ARGE das kleinere Übel gewählt hat. Und natürlich wissen wir auch, dass ein Gesetz – so schlecht es auch immer sein mag – umgesetzt werden muss.
Wir wissen auch, dass mit der ARGE Neuland betreten wird, was bekanntlich mit einer Reihe von Risiken verbunden ist. So haben wir nach wie vor erhebliche Zweifel, ob die gewählte Rechtsform der ARGE auch Bestand hat. Deshalb unser Ergänzungsantrag, der begehrt, dass der Stadtrat dann neu entscheiden muss, wenn eine andere Rechtsform gewählt werden sollte. Weiter fordern wir regelmäßige schriftliche Informationen über die Tätigkeit der ARGE an den Stadtrat. Wir möchten, dass beide Punkte Bestandteil des Beschlusstextes werden, denn es handelt sich u. E. um eine Problematik von strategischer Dimension. Immerhin werden ca. 60.000 Leipzigerinnen und Leipziger unmittelbar betroffen sein. Schon deshalb bedarf es der Mitwirkung und Kontrolle durch die Ratsversammlung.

Abschließend möchte ich einen Verdacht ausräumen und eindeutig klar stellen:

Die PDS hat zu keiner Zeit dazu aufgefordert, Anträge auf Arbeitslosengeld II nicht auszufüllen und abzugeben. Es handelte sich um eine böswillige Unterstellung seitens des sächsischen Sozialministeriums im Rahmen des Landtagswahlkampfes, mit der lediglich vom Zickzack-Kurs der sächsischen CDU in Bezug auf Hartz IV abgelenkt werden sollte. Zwar darf es seitens der Behörden gegenüber den potentiellen Antragstellern für Arbeitslosengeld II geben, was in einer Reihe von Fällen versucht worden sein soll. Dennoch möchte ich von dieser Stelle aus alle auffordern, ihre ausgefüllten Anträge dringend bei der Arbeitsagentur oder dem Sozialamt abzugeben, damit kein noch größerer Antragsstau entsteht. Überdies würde eine Verzögerung auch den städtischen Haushalt zusätzlich belasten, weil auf jeden Fall ab Januar Zahlungen zumindest zur Sicherung des dringendsten Lebensbedarfs erfolgen müssten.