Abkehr der Verbotspolitik von diskriminierenden Tatbeständen hin zu einer menschenwürdigen Politik

Oliver Gebhardt

Die Polizeiverordnung ist eines der wenigen Instrumente um eigene Ordnungspolitik zu gestalten. Meistens unterliegt die Stadt Leipzig den verschiedensten Landes- und Bundesregelungen und hat kaum eigenen Gestaltungsspielraum. Umso wichtiger ist es, dass die Stadt Leipzig ihre Möglichkeiten in der Ausgestaltung ausschöpft. Mit der neu zu beschließenden Polizeiverordnung besteht Chance, dass wir dieser Verordnung eine klare, progressive, zukunftsgewandte Sprache geben. Es ermöglicht eine Abkehr der Verbotspolitik von diskriminierenden Tatbeständen hin zu einer menschenwürdigen Politik. Dies ist auch dank der deutlichen Rot-Rot-Grünen Mehrheit im Stadtrat möglich, die den Blick darauf deutlich nachschärfen kann und wir nun gemeinsam in der Verantwortung stehen. Bei Betrachtung der aktuellen Antragslage ist aber durchaus überraschend, dass nur Änderungsanträge von LINKEN, Grünen und Freibeutern zur Debatte stehen, obwohl das Wahlkampfgetöse erhebliche Defizite im Bereich Sicherheit auf kommunaler Ebene suggerierte. Oder wurde evtl. erkannt, dass dies ein Landesthema ist, dass Versagen der Staatsregierung wiederspiegelt und der Oberbürgermeister keine Verbrecher jagt? Wer weiß. Wir sind jedenfalls gewollt unseren verantwortungsvollen Beitrag zu liefern.

Im Rahmen unserer Änderungsanträge ist es uns jedenfalls eine Herzensangelegenheit endlich die schwächsten unserer Gesellschaft zu entkriminalisieren und gegen ihre Stigmatisierung zu kämpfen ohne das wir direkt die öffentliche Ordnung auf den Kopf stellen. Leipzig muss eine Stadt für alle sein.

Es ist 2020 beispielsweise einfach nicht mehr hinzunehmen, dass Obdachlosigkeit und das damit verbundene Leben auf der Straße nach bisherigen Stand einen Verstoß gegen die Polizeiverordnung darstellt. Obdachlosigkeit ist nämlich nicht zwingend eine freie Entscheidung, sondern vielmehr das Ergebnis unserer Gesellschaft. Es verbietet sich, diese Menschen im Rahmen der Polizeiverordnung zu kriminalisieren. Dadurch werden die Betroffenen Leipzigerinnen und Leipziger noch stärker an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Vielmehr müssten eigentlich entsprechende Angebote forciert werden, die Menschen in einer für sie ausweglosen Situation eine Perspektive geben. Die teils weiten Strecken zu entsprechenden Übernachtungshäusern inkl. der Einschränkungen der Nutzung mit Tieren sorgen zwangsläufig dafür, dass öffentliche Straßen und Grün- sowie Erholungsanlagen zum Nächtigen und Lagern genutzt werden. Diese Menschen dafür nochmals abzustrafen ist der falsche Weg.

Ebenso notwendig erachten wir die Neuregelung im Umgang mit Straßen- und Sprühkreide. Nach Einschätzung meiner Fraktion ist es längst überholt, dass Zeichnen auf der Straße zu verbieten. Der Rahmen des erlaubten ist durch die entsprechenden Bestimmungen des Strafgesetzbuchs klar bestimmt, weswegen es meiner Einschätzung auch keiner näheren Eingrenzung der Art des zu zeichnenden benötigt. Seien es Kinder, die mit ihren Freundinnen und Freunden auf dem Gehweg ein Springspiel oder Figuren malen, seien es Jugendliche, die im Rahmen eines Kunstprojekts zeichnen oder auch Erwachsene.  Wichtig ist in Zeiten des durch uns ausgerufenen Klimanotstandes lediglich, dass die benutzten Stoffe wasserlöslich und umweltfreundlich sind.

Darüber hinaus haben wir im Rahmen mehrerer Runden in den Ausschüssen intensiv über die Details der Polizeiverordnung gesprochen. Daraus entstanden auch zwei weitere Beschlussvorschläge der Grünen, die wir zu großen Teilen mittragen werden. Es ist selbstverständlich, dass wir beispielsweise das Verbot von Einweggrills in den Parks teilen. Natürlich genieße ich auch die Abende in den Leipziger Parks, gerne auch mit einem Grill. Es ist aber sicherlich auch möglich andere Grills zu verwenden und so unnötige Beschädigungen der Parks sowie Müll vermeiden. Ebenso befürworten wir das Verbot des Wegwerfens außerhalb der dafür vorgesehenen Behältnisse von Verpackungsmüll und Zigarettenstummeln. Natürlich ist dies gleichzeitig auch eine künftige Aufgabe die Mülleimerinfrastruktur in Leipzig weiter auszubauen und für die entsprechende Leerung zu sorgen. Hierfür setzen wir vollstes Vertrauen in den zuständigen Dezernenten.

Abschließend kann festgestellt werden, dass mit der Nachjustierung dieser vielen, kleinen Stellschrauben auch deutlich wird, wie eine soziale, zukunftsgewandte Stadt für alle aussehen kann. Nach Annahme der zahlreichen, sinnvollen Änderungsanträgen wird unsere Fraktion diesem Papier zustimmen können.

Rede zur Drucksache DS 00299 "Polizeiverordnung über öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Stadt Leipzig"