Hier wird unternehmerisches Risiko auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgewälzt!

Dr. Ilse Lauter

Wie die Verwaltung ausführt, nutzen zwei Drittel der Eigenbetriebe und kommunalen Unternehmen das Instrument der sachgrundlosen Befristung, um neue Mitarbeiter länger erproben zu können, als es das Gesetz vorsieht. Das finden wir nicht in Ordnung.

Damit werden gesetzliche Bestimmungen unterlaufen. Immerhin sieht das BGB[1]die maximale Dauer für eine Probezeit mit sechs Monaten vor. Bei einfachen Tätigkeiten sind oft nur drei Monate Probezeit üblich.

Ist es wirklich nicht möglich, MitarbeiterInnen im Cateringbereich in einem halben Jahr einzuschätzen? Oder Hausmeister – Verzeihung „facility manager“? Diese werden doch nur bei handwerklicher Eignung eingestellt. Und niemand schafft es in einem halben Jahr zu bewerten, ob sie ihre Arbeitsleistung schaffen?

Und die Mitarbeiter selber? Auch sie sollten doch in der Lage sein, innerhalb eines halben Jahres zu entscheiden, ob sie das Arbeitsverhältnis fortsetzen wollen oder nicht.

Daneben benennt die Verwaltung als weitere Gruppe der von sachgrundloser Befristung Betroffenen: „Mitarbeiter/innen zur Absicherung begrenzter Ausschreibungszeiträume und ungewisser wirtschaftlicher Unternehmenssituationen, z. B. bei Unternehmens-Neuausrichtungen.“

Was hat das bitte mit der Arbeitsleistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu tun?

Hier wird doch eindeutig unternehmerisches Risiko auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgewälzt.

Und wenn schon befristet werden muss:
Gibt es wirklich in allen von der Verwaltung benannten Fällen keinen Sachgrund dafür, z. B. bei den auch benannten saisonalen Tagesgeschäften?[2]das Teilzeit- und Befristungsgesetz sieht solche Möglichkeiten vor.

Und grundsätzlich: In Zeiten des Fachkräftemangels ist das Instrument der sachgrundlosen Befristung nicht geeignet, die Arbeitsverträge attraktiv zu gestalten. Langfristig wird diese Praxis das Arbeitskräfteproblem eher noch verschärfen.

Wir begrüßen daher den Antrag der SPD-Fraktion, derartige sachgrundlose Befristungen in den Eigenbetrieben und kommunalen Unternehmen der Stadt nicht mehr anzuwenden.

Die SPD will den Oberbürgermeister damit beauftragen, sich gegenüber den kommunalen Beteiligungsunternehmen sowie den Eigenbetrieben der Stadt Leipzig dafür einzusetzen, dass Arbeitsverträge dort nicht mehr ohne Sachgrund befristet werden.

Die Verwaltung schlägt alternativ vor:

Der Oberbürgermeister wird die Beteiligungsunternehmen und Eigenbetriebe der Stadt Leipzig dahingehend sensibilisieren, dass sogenannte sachgrundlose Befristungen nur in Ausnahmefällen erfolgen.

Mir kommen vor Rührung gleich die Tränen.

So sind die betroffenen Eigenbetriebe und Unternehmen nur unsensibel und brauchen eine sozialpädagogische Betreuung?

Nein, das ist bewusste Unternehmensstrategie, die offensichtlich von der Verwaltung gedeckt wird.

Um das zielführender und verbindlicher auszugestalten, soll nach unserem Änderungsantrag der Oberbürgermeister damit beauftragt werden, als oberster Gesellschaftervertreter seine rechtlichen und realen Kompetenzen gegenüber den kommunalen Unternehmen und Eigenbetrieben auszuschöpfen, um das Ende sachgrundloser Befristungen durchzusetzen.

Da nach dem Willen des Oberbürgermeisters ja die Gesellschafterversammlung für die Beschlussfassung der Wirtschaftspläne zuständig ist, ergibt sich daraus auch ihre besondere Verantwortung für die Personalentwicklung in den kommunalen Unternehmen und Eigenbetrieben.

Und damit das Ganze auch abrechenbar wird, soll mit dem Bericht über den Jahresabschluss der kommunalen Unternehmen im Verwaltungsausschuss und den zuständigen Fachausschüssen im Falle der Eigenbetriebe künftig auch dargestellt werden, in welchem Maß es gelungen ist, die sachgrundlose Befristung im Berichtsjahr abzubauen, und welche Probleme dabei auftauchen.

Damit kann der Stadtrat seine Verantwortung wahrnehmen, indem er einen genaueren, klaren, abrechenbaren Auftrag an die Verwaltung gibt.

Bitte stimmen Sie für unseren Änderungsantrag.


[1]§ 622 Abs. 3

[2] · Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG liegt ein sachlicher Grund insbesondere vor, wenn

·  der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,

·  die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,

·  der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,

·  die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,

  • die Befristung zur Erprobung erfolgt,

·  in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,

·  der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder

·  die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

Rede zum Antrag der SPD-Fraktion  A 05918  "Sachgrundlose Befristungen in kommunalen Unternehmen und Eigenbetrieben beenden".