Alles fing mit einem so genannten Spendenskandal der Leipziger CDU

Dr. Lothar Tippach

Stadionneubau, Umbau des Alten Rathauses, Kongresshalle, VfB und keine Ende ?

Stadionneubau, Umbau des Alten Rathauses, Kongresshalle, VfB und keine Ende ?
Alles fing mit einem so genannten Spendenskandal der Leipziger CDU im Oberbürgermeisterwahlkampf an. Von diesen Vorgängen hat es die CDU verstanden abzulenken, indem sie ihrem damaligen Oberbürgermeisterkandidaten die alleinige Verantwortung zu schob, ihn als Bauernopfer missbrauchte bzw. wahlweise als „kleines Rädchen im Getriebe der Stadtverwaltung“ bezeichnete und ansonsten so tat, als sei sie das reinste Unschuldslamm. Das ist auch nach dem nochmaligen Studium des Giesen-Berichts keineswegs so. Es bleiben jede Menge Zweifel. Der Stadtrat hat sich heute mit der politischen Dimension der Angelegenheit zu befassen. Die Staatsanwaltschaft ist für die strafrechtliche und das Regierungspräsidium für die dienstrechtliche Ebene verantwortlich. Alle drei Ebenen haben zwar einen gleichen inhaltlichen Hintergrund, sind aber getrennt zu bewerten.

Bleiben wir bei Herrn Peter Kaminski. Die politische Kultur in unserer Stadt verlangt, dass keine Zweifel an der Integrität der in der Stadt Verantwortung tragenden politischen Entscheidungsträger bestehen. Dieser Grundkonsens wurde durch das Handeln von Herrn Peter Kaminski infrage gestellt. Herr Peter Kaminski hat durch Eigenmächtigkeiten bei den Vorgängen „Zentralstadion“ und „Umbau Altes Rathaus“ das Vertrauen des Stadtrats missbraucht und damit die Vertrauensbasis zwischen Stadtrat und ihm nachhaltig zerstört.
Dies geschah im Wiederholungsfalle, wie aus dem heute vorliegenden Bericht des Rechnungsprüfungsausschusses zum Stadionneubau hervorgeht.
Hinzu kommt, dass in mindestens zwei Fällen Herr Peter Kaminski gegenüber dem Stadtrat nicht die Wahrheit gesagt hat bzw. mit Halbwahrheiten operiert hat. Diese Vorgänge stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Provisionsvereinbarung mit der Connect Communal- und Wirt-schaftsservice GmbH bzw. Herrn Roland Poser.Entgegen ursprünglicher Versicherungen von Herrn Kaminski hat Herr Roland Poser zum Wahlstab im Oberbürgermeisterwahlkampf gehört. Herrn Poser bzw. der in seinem Eigentum befindlichen Connect Communal- Wirtschaftsservice GmbH (CCW) wurde eine Vermittlungsprovision im Zusammenhang mit dem Stadionneubau gezahlt. Diese Provisionszahlung erfolgte zunächst aus einem Darlehen, welches die Stadt der städtischen Zentralstadion GmbH – Besitzgesellschaft (ZLB) ohne Einbeziehung des Stadtrats am 10.10.2000 mit Abschluss eines Darlehensvertrags gewährt hatte Erst im November 2002 wurde durch den Investor der Erstattungsbetrag abschließend gezahlt, worin das erwähnte Darlehen enthalten war. Dieses eigenmächtige Handeln unter Umgehung des Stadtrats findet sich dem Grunde nach auch im Vorgang „Umbau Altes Rathaus“ wieder.
An den Beigeordneten für Finanzen sind besonders hohe Erwartungen darauf zu richten, dass nach Recht und Gesetz gehandelt und mit den finanziellen Mittel sorgsam umgegangen wird.
Es darf auch nicht der Schatten eines Verdachts mögliche Begünstigung auf einen Funktionsträger der Stadtverwaltung fallen.

Im Giesen Bericht heißt es z.B. im Zusammenhang mit den Spenden im Oberbürgermeisterwahlkampf: „Dabei ist zu beachten, dass Herr Kaminski seinen Wahlkampf für den Posten des Ober-bürgermeisters aus der sicheren Position des 1994 für 7 Jahre gewählten Stadtkämmerers betrieb, der auf alle finanzwirksamen Handlungen der Stadt Leipzig und ihres (…) großen wirtschaftli-chen, sportlichen und kulturellen Engagements einen wesentlichen Einfluss gelten machen konnte. Jeder Spender befand sich taktisch in der komfortablen Situation, dem Kämmerer seine (politische) Verbundenheit `legal` zu beweisen.“ So entsteht Filz und Vetternwirtschaft!

Wo liegt die Verantwortung des Oberbürgermeisters?
Es ist ein Klima in der Stadtverwaltung entstanden, das das Handeln von Herrn Peter Kaminski ermöglichte. Vertrauen ist in Vertrauensseligkeit übergegangen. Es scheint sich eine neue Sportart breit gemacht zu haben: Wie kann man am Stadtrat vorbei auf der Suche nach so genannten „kreativen Lösungen“ im Verwaltungsvollzug aufgetretene eigene Probleme lösen. Auch hierin zeigt sich die Tendenz der Verselbständigung der Verwaltung. Übrigens wurde all das bereits im Bericht des Zeitweiligen beratenden Ausschuss bfb nachgewiesen. Dabei fand der clevere Herr Petzer Kaminski immer eine Lösung. Dessen war man sich bewusst. Hier liegt auch die Verant-wortung der Beigeordneten, die sich so verhalten haben. Auch sie tragen Verantwortung, der sie sich stellen müssen. All das liegt letztlich in Ihrer Verantwortung, Herr Oberbürgermeister. Hinzu kommt, dass es ein wirksames Krisenmanagement in den letzten Monaten nicht gegeben hat. Nur Reaktion statt Aktion, d.h. tatsächlicher Offenheit und Transparenz. In Ihrer persönlichen Ver-antwortung liegt auch, dass der Stadtrat über den Inhalt des Rechnungsprüfungsberichts zum Sta-dionneubau (02/02/034) vom 30. Oktober 2002 erst 2004 informiert wurde. Das muss umso mehr verwundern, als damals der Zeitweilige beratenden Ausschuss bfb einige Monate bereits gearbeitet hatte und ähnliche Informationsdefizite in Sachen bfb festgestellt hatte.

Wie weiter?

 Tatsächliche Offenheit, Transparenz und Öffentlichkeit in allen noch anstehenden Prob-lemfeldern (Altes Rathaus, VfB, Kongreßhalle)

 Klar muss jeder sich zu seiner Verantwortung bekennen, Sie Herr Oberbürgermeister zu Ihrer und die Beigeordneten zu ihrer Verantwortung. Dienstrechtliche Verstöße müssen geahndet werden. Nur so kann gebrochenes Vertrauen wiederhergestellt werden.

 Kontrollmechanismen müssen überdacht werden, allerdings kann die effizienteste Kontrolle nicht verhindern, dass an den Regeln vorbei gearbeitet wird. Kontrolle darf auch nicht dazu führen, dass die Handlungsfähigkeit der Stadtverwaltung eingeschränkt wird und sich ein Klima der „Arbeit nach Vorschrift“ breit macht.

 Wir brauchen eine handlungsfähige im Wortsinn kreative Verwaltung, die gemeinsam mit dem Stadtrat daran geht, die Probleme zu lösen, die Leipzig hat.

 Wir brauchen einen Stadtrat, der seiner Verantwortung nachkommt und über die dazu notwendigen Rechte und Instrumente verfügt. Dazu gehört auch mit Bezug auf die Zent-ralstadion GmbH, dass städtische Gesellschaften über Aufsichtgremien verfügen.

Abschließend sei herausgehoben, dass die PDS-Fraktion Vertrauen in die Arbeit der tausenden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung besitzt. Wir schätzen deren engagierte Arbeit als Grundvorsaussetzung für die Lösung der schwierigen Aufgaben vor denen die Stadt Leipzig steht. Vertrauen darf jedoch nie in Vertrauensseligkeit münden.