Schlag ins Gesicht der Armen - Geschäftsführerin des Jobcenters blockiert seit einem Jahr Umsetzung des Stadtratsbeschlusses zur Erhöhung der Mehraufwandsentschädigungen

Dr. Volker Külow

Der Stadtrat zu Leipzig hatte auf den Antrag der Fraktion DIE LINKE „Armut hat ein Gesicht: Vulnerable Menschen im SGB-II-Bezug in der Pandemie unterstützen“ (VII-A-02440) am 24. Juni 2021 den Oberbürgermeister und die Mitglieder der Trägerversammlung des Jobcenters beauftragt, sich gegenüber der Geschäftsführung des Jobcenters für eine Erhöhung der Mehraufwandsentschädigung für sogenannte Ein-Euro-Jobs von 1,75 € auf 2,50 € je Stunde einzusetzen. Nach nunmehr einem Jahr haben wir beim Oberbürgermeister zu den Ergebnissen nachgefragt (VII-F-07398, Antwort der Stadtverwaltung).

Dr. Volker Külow, Sprecher für Sprecher für Gesundheit, Soziales und Senior*innen erklärt zur Beantwortung durch die Stadtverwaltung: „Wir danken zunächst dem Oberbürgermeister und der Stadtverwaltung für die ungeschönte Antwort auf unsere Nachfrage zur Umsetzung des Stadtratsbeschlusses. Wir müssen leider feststellen, dass bisher alle Anstrengungen des Oberbürgermeisters und der Mitglieder der Trägerversammlung, die Geschäftsführerin des Jobcenters Leipzig angesichts erheblicher Preissteigerungen seit Beginn der Pandemie zu einer Anpassung dieser Mehraufwandsentschädigung zu bewegen, an der erklärten Blockadehaltung von Frau Sabine Edner gescheitert sind.

Die Geschäftsführerin führte gegenüber der Trägerversammlung dazu als Begründung u.a. aus: ‚Die Höhe der Aufwandsentschädigung ist gesetzlich nicht beziffert. Bemessungsgrundlage für die Höhe sind die tatsächlichen Aufwendungen, die für die Teilnahme an der Maßnahme zusätzlich anfallen. Als arbeitsbedingter Mehrbedarf kommen in erster Linie Fahrtkosten in Betracht, sowie z. B. auch ein Mehrbedarf für Arbeitskleidung (soweit nicht vom Maßnahmeträger gestellt), Körperreinigung, Wäschewaschen sowie Ernährung. Es kommt hingegen nicht darauf an, ob im Verhältnis zu den geleisteten Arbeitsstunden ein angemessener Stundenlohn gewährt wird.‘ Und weiter: ‚Seit 2019 beträgt die MAE-Pauschale im Jobcenter Leipzig 1,75 Euro pro geleisteter Teilnahmestunde. Die Fahrtkosten sind im Zeitraum von 2019 bis 2021 bei Nutzung der Leipzig-Pass Mobilcard (Sozialticket) nicht gestiegen. Sie liegen konstant bei 35,00 Euro/Monat. Finanzielle Entlastungen sind durch die Befreiung von GEZ-Gebühren, den Anspruch auf Bildung und Teilhabe sowie des Leipzig-Passes durch Leistungsberechtigte gegeben. Die Aufwandsentschädigung wird nicht in Fällen von Krankheit, Urlaub oder Abwesenheit gezahlt. Zusätzlich ist die allgemeine Teuerungsrate, welche sich auch auf Hygieneartikel und Ernährungskosten auswirkt, bei der Ermittlung der Höhe zu berücksichtigen. Durch eine jährliche Anpassung des Regelsatzes wird dem Rechnung getragen. Auf der anderen Seite ist bei der Bemessung der Aufwandsentschädigung das Lohnabstandsgebot zu berücksichtigen.‘

„Es ist zynisch, dass die Geschäftsführerin des Jobcenters und exzellent besoldete Spitzenbeamtin die praktischen Erfahrungen der am stärksten von Preissteigerungen unmittelbar betroffenen Menschen derartig ausblendet und deren Bedürfnisse durch eine Regelsatzerhöhung für 2022 um sagenhafte drei Euro als hinreichend bedient ansieht“, so Dr. Külow weiter. „Die Linksfraktion erwartet, dass beim gemeinsamen Jour fixe der Stadt Leipzig mit der Geschäftsführung des Jobcenters am 6. September 2022 endlich eine Beschlussfassung erfolgt, die dem o.g. Stadtratsbeschluss Rechnung trägt. Wir werden hier weiter genau hinschauen und bei Notwendigkeit den politischen Druck entsprechend erhöhen.“ 

Erinnert sei an dieser Stelle daran, dass die Teuerungsraten für Nahrungsmittel im Juni 2020 bei 4,4 %, im Juni 2021 bei 1,2 % und im Juni 2022 bei 12,7 % über Vorjahrsniveau lagen. Für Haushaltsenergie und Kraftstoffe lagen die Werte bei -6,2 %, 9,4 % und 38 %.

(Quelle: https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Konjunkturindikatoren/Basisdaten/vpi041j.html, letzter Aufruf 14. Juli 2022)

 

Dr. Volker Külow

Sprecher für Sprecher für Gesundheit, Soziales und Senior*innen