Geplante Fusion Stadtwerke Leipzig, MEAG und envia

Reiner Engelmann

Betrachtet man den Verhandlungsauftrag, den der Oberbürgermeister von den Stadträten haben will und schon lange ohne politisches Mandat ausführt, so kristallisieren sich sechs Punkte heraus, die genauer betrachtet werden müssen:1. Muss eine Fusion SWL, MEAG, envia erwogen werden und ist es zielführend, wenn Leipzig initiativ wird?

Betrachtet man den Verhandlungsauftrag, den der Oberbürgermeister von den Stadträten haben will und schon lange ohne politisches Mandat ausführt, so kristallisieren sich sechs Punkte heraus, die genauer betrachtet werden müssen:1. Muss eine Fusion SWL, MEAG, envia erwogen werden und ist es zielführend, wenn Leipzig initiativ wird?Derzeit muss RWE den Eindruck haben, die Stadt handelt mit heißen Kartoffeln. Offensichtlich hat der Oberbürgermeister schon eine Abfuhr bei RWE erhalten und Herr Wenner, der Chef der MEAG, hat sich ebenfalls negativ geäußert, indem er verlauten ließ, es gäbe auch andere Möglichkeiten, in der Region wirksam zu werden. Damit stehen weitere Verhandlungen unter schlechten Vorzeichen. Gleichzeitig sind die Partner aus dem kommunalen Bereich aufgeschreckt, sie müssen befürchten, ein Stück kommunaler Selbstbestimmung aufzugeben. Damit wird eine gemeinsame Strategie gegenüber RWE und MEAG schwieriger.2. Sind die Stadtwerke umklammert?Davon abgesehen, dass das Problem hausgemacht ist, hat die PDS-Fraktion bereits zum Zeitpunkt des Anteilsverkaufs auf die Gefahr einer Umklammerung hingewiesen. (Wir haben nicht für umsonst immer wieder nach den Verknüpfungen zu RWE gefragt und auch auf einen möglichen Zusammenschluss RWE und MEAG aufmerksam gemacht.) Nach einer Fusion ist eine Umklammerung gegeben, aber eben nicht nur im negativen Sinne, sondern auch im positiven. Es gibt eine Konsortialabrede, die die Demarkationsgebiete festlegt. Dort steht, dass weder die MEAG in unserem Bereich noch die Stadtwerke im Gebiet der MEAG aktiv werden dürfen. Mit Fusion MEAG und envia weiten sich die gegenseitigen Schutzgebiete aus. Alles andere ist nicht möglich und würde den Geist des Konsortialvertrages stören. Nach meiner Einschätzung haben die Stadtwerke von den Gebietsabgrenzungen partizipiert. Warum das so ist, lässt sich auf Grund des Aufsichtsratsmandats von meiner Seite leider nicht näher darstellen. Auf den Einkauf von Strom hat die Umklammerung keinen Einfluss. Es herrscht ein liberalisierter Strommarkt.3. Es ergibt sich eine gemeinsame starke Verhandlungsposition gegenüber den Energielieferanten und das bringt für den Energiekäufer Vorteile. Das ist die lächerlichste Überlegung, die in der Presse zu finden war und bewusst von der Stadt gestreut wurde. In zweierlei Hinsicht. Einmal, weil die Preise genommen werden, die vom Käufer erreichbar sind. Das Verhandlungsergebnis spielt für den Preis keine Rolle. Die Rankinglisten imStädtevergleich zeigen das klar auf.Zum anderen, weil der größte Anteilseigner des neuen fusionierten Unternehmens RWE ist. Und der liefert selber Strom, der dann zu kaufen ist. Wie so etwas fachlich durchgesetzt wird, hat RWE bei der ehemaligen Beteiligung an den Stadtwerken demonstriert. Unter dem Thema der logistischen Hilfe war nicht nur der Strom zu kaufen. Da gibt es ganz andere Dienste, die RWE dann „anbietet“.4. Es werden Synergien erschlossen, die der Region gut tun.Synergien muss ein Unternehmen dann erschließen, wenn es einerseits keine Möglichkeiten mehr sieht, die inneren Kräfte zu aktivieren und damit neue Entwicklungen aus eigener Kraft einzuleiten, und zum anderen, wenn es die Anteilseigner mit zusätzlichen Profiten bedienen muss. Für einen kommunalen Anteilseigner sieht das aber völlig anders aus. Hier müssen die Synergien mit den neuen gesellschaftlichen Belastungen verglichen werden. Für kommunale Beteiligungen macht die Freisetzung von Synergien, was immer mit der Freisetzung von Arbeitskräften verbunden ist, dann einen Sinn, wenn ein angespannter Arbeitskräftemangel herrscht. Davon kann in Leipzig und in der Region keine Rede sein. (Dass die Erschließung von Synergien wirklich Arbeitskräfte freisetzt, kann man an der Arbeitskräftebilanz der Stadtwerke gut verfolgen. Das wohlwissend hat der Oberbürgermeister bei der Fusion mit der MEAG Sondervereinbarungen zur Schaffung von 250 Arbeitsplätzen in der Region geschlossen. Wie kläglich die Ergebnisse sind, konnte auf Anfrage der PDS-Fraktion der interessierte Bürger im Stadtrat erfahren.)5. Die kommunalen Anteilseigner können eine starke Kraft gegenüber RWE sein.Das ist ein schwerer Irrtum. Dafür ist die Interessenlage zu verschieden. An vier Gemeinden sei das erläutert. Chemnitz verliert den Sitz der envia. Was haben die für ein Interesse an der Fusion? Die müssen alles dafür tun, dass der Status quo erhalten bleibt. Markkleeberg hatte den Sitz der WESAG. Das Gebäude, in das öffentliche Fördergelder geflossen sind, steht leer. Warum soll Markkleeberg für einen Sitz Leipzig sein, wenn ein Verwaltungsgebäude an diesem Ort frei steht?Großlehna erhält jährlich eine erhebliche Zufuhr an Mitteln aus dem Aktienanteil der ehemaligen WESAG. Eine Fusion kann in den Anlaufzeiten erhebliche Investitionen erfordern und schmälert den Gewinn. Warum soll die Gemeinde auf längere Zeit auf Gemeindeentwicklung verzichten, die gerade bis zum Jahr 2005 unbedingt nötig ist?Halle hat einer Fusion auf Grund des öffentlichen Drucks mit der MEAG widerstanden. Aber nur mit Halle macht dies alles aber einen Sinn, (gemeinsamer Wirtschaftsraum), wenn es denn um kommunalen Zugewinn gehen soll. Es besteht die Gefahr, dass die Probleme auf Kosten der Stadt Leipzig gelöst werden. Soweit es der Stadt Leipzig nicht nur um den Finanzgewinn geht, sondern um ein Mehr an kommunaler Entfaltungsmöglichkeit, dann sehe ich derzeit wachsende Probleme als sich auftuende Lösungen. Leipzig muss sehr genau aufpassen, dass es aus diesem Prozess nicht als Verlierer hervorgeht. 6. Ein Betrieb mit 5000 bis 6000 Beschäftigten entsteht in Leipzig.Entsteht dieser Betreib wirklich in Leipzig, dann bleibt trotzdem nicht die gesamte Steuer am Ort, weil Leipzig, wie oben beschrieben, einen Ausgleich mit den andere Kommunen herbeiführen muss. Wir hätten für den Preis des Sitzes wahrscheinlich Mühe die Steuerkraft der derzeitigenStadtwerke zu erreichen. Des weiteren wird kein einziger Arbeitsplatz zusätzlich in Leipzig angeboten. Die Arbeit erfolgt vor Ort und die Synergien in der Verwaltung werden tendenziell dazu führen, dass die jetzige Verwaltungsgröße der Stadtwerke reicht, um den ganzen Bereich zu bedienen.Was ist zu fordern1. Der Oberbürgermeister muss sich über seine Zielvorstellungen im Klaren werden. Die derzeitigen Überlegungen bei weitem nicht ausgereift. Es muss für die Stadträte und vor allem für die Bürgerschaft eine Nachvollziehbarkeit der Verhandlungen gegeben sein. Eine Heimlichtuerei führt dazu, dass die Menschen in Leipzig misstrauisch gegenüber der Stadtpolitik werden. 2. Für die Weg-Ziel-Beschreibung ist es erforderlich, dass der Oberbürgermeister vorher eine kritische Analyse des Verkaufs der Anteile an die MEAG vornimmt 3. Der Oberbürgermeister muss ein Szenario vorlegen, bei dem sowohl die Eigenentwicklung der Stadtwerke als auch die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit anderen Stadtwerken sowie der Fusionsansatz beleuchtet werden. Derzeit ist für den Fusionsansatz keinerlei Plausibilität gegeben.Eine erste Einschätzung der PDS- Fraktion:Die PDS-Fraktion sieht die derzeitigen Fusionsgedanken als eine Abenteuer ohne klaren Weg und ohne klares Ziel an. Wird über Weg und Ziel ein kommunalpolitischer Zugewinn sichtbar, dann ist die Fraktion für einen solchen Prozess offen. Derzeit kann die PDS-Fraktion davon nichts erkennen. Keinesfalls werden wir zulassen, dass die Stadt zum Couponschneider wird. Dann werden wir gegen die Fusion sowohl parlamentarisch als auch außerparlamentarisch vorgehen.