Umbenennung der Turmgutstraße nach Boris Romantschenko: Auch kleine Zeichen sind wichtig!

Beate Ehms

Boris Romantschenko starb am 18.März dieses Jahres im Alter von 96 Jahren - durch einen russischen Raketenangriff auf sein Wohnhaus in Charkiw.

Liebe Leipzigerinnen und Leipziger,

er hatte ein bewegtes Leben: Er wurde als 16-Jähriger zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt und nach einem Fluchtversuch in vier Konzentrationslagern gefangen gehalten: Buchenwald, Peenemünde, Mittelbau-Dora und Bergen-Belsen. Später studierte er in Charkiw an der Bergbauakademie, wurde Ingenieur und gründete eine Familie. Als Vizepräsident des Internationales Komitees Buchenwald-Dora hat er sich für das Gedenken an die NS-Verbrechen eingesetzt und sich um die Aussöhnung der Völker verdient gemacht.

Er war ein fröhlicher Mensch, der sich auch im hohen Alter noch nützlich machte und sich nicht unterkriegen ließ. So wurde es mir heute telefonisch berichtet.

Boris Romantschenko wurde durch einen russischen Raketenangriff auf sein Wohnhaus getötet. Die Nachricht seines Todes ging um die Welt und der Deutsche Bundestag hat mit einer Schweigeminute seiner und aller Opfer des Krieges in der Ukraine gedacht.

Verehrte Anwesende,

wir freuen uns, dass die Verwaltung unseren Antrag unterstützt und ich hoffe, dass die Ratsversammlung das auch tut. Einhellig ist die Zustimmung zur Würdigung der Person Boris Romantschenkos.

 

Und doch gibt es Zweifel bei Ihnen.

Nein, dieser Antrag ist kein Anti-Russland-Antrag, sondern unterstützt (symbolisch) all diejenigen, die sich in der Russischen Föderation für den Abzug der eigenen Truppen und für Frieden einsetzen. Es gibt mutige Menschen, die auf die Straße gehen – und kurz darauf abgeführt werden.

Wir sind auch mit dieser Straßenumbenennung nicht allein. In Kanada, Norwegen, Lettland, Tschechien und Albanien gibt es ähnliche Entscheidungen. Und nein, diese Umbenennung wird den Krieg nicht beenden – das stimmt. (Wenn es so einfach wäre...)

ABER: Sie ist ein wichtiges Zeichen, dass wir den Angriffskrieg Russlands auf die Souveränität der Ukraine aus allerschärfste verurteilen, dass wir nicht wegschauen, wenn Kriegsverbrechen geschehen, wenn Kinder umkommen, Frauen vergewaltigt werden, Zivilisten sterben und, wie momentan, die Infrastruktur, die für jedes Leben erforderlich ist, bewusst zerstört wird. Die Lage in der Ukraine ist furchtbar: Städte und Dörfer sind zerstört, ohne Wasser, ohne Strom.

Ja, wir denken, dass dafür die Umbenennung der Turmgutstraße, an der sich das Generalkonsulat der Russischen Föderation befindet, der geeignete Ort ist. Straßen werden im Zuge bedeutsamer historischer Entwicklungen umbenannt. Das ist ein wichtiger Bestandteil lebendiger und sich entwickelnder Geschichte. Verehrte Kolleg:innen – wir entscheiden hier nicht über Waffenlieferungen oder die Verschärfung bzw. den Abbau der Sanktionen. Heute geht es um die Umbenennung einer kleinen Straße und wir können damit ein Zeichen setzen. Und auch solche Zeichen sind wichtig.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.

Den Änderungsantrag von Marcus Weiss lehnen wir ab.

 

Vielen Dank