Steffen Wehmann zur Entschuldungskonzeption: Wir müssen Spielraum für eine Stärkung des Wachstumspotentials lassen

Steffen Wehmann

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

 

Auf Grundlage des Antrages der Fraktion DIE LINKE und des Beschlusses des Stadtrates vom 12.11.2020- „Kernforderungen an eine künftige Entschuldungskonzeption“ – liegt uns diese Vorlage zur Abstimmung vor. Eine Vorlage die – nach den ersten drei Entschuldungskonzeptionen – einen gravierenden Wechsel im Agieren vorsieht. Nicht die Entschuldung mit einem fixierten Termin (2037) steht im Vordergrund, sondern die Einsicht, dass es auch in diesem Bereich ein Mehr an Flexibilität unter Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen des Landes braucht.

Und diese Flexibilität inklusive dem finanziellen Spielraum von derzeit ca. 200 Mio. Euro (unabhängig von den viel besseren Ergebnissen im vorliegenden Jahresabschluss 2021) im investiven Bereich benötigen wir wahrscheinlich dringend.

Denn die Stadt Leipzig steht vor weitreichenden Herausforderungen. Anbei einige Beispiele:

  • Investitionen u.a. in die soziale Infrastruktur
  • Abbau der beschlossenen aber bisher nicht umgesetzten Investitionen von mehr als 454 Mio. Euro (siehe vorl. JA 2021, DS 7017).
  • Klimaschutz, Klimanotstand (und CO2-Neutralität)
  • Mobilitätsstrategie 2030 und Umsetzung des Nachhaltigkeitsszenarios,
  • Unterstützung unserer Beteiligungsunternehmen, bspw. Des St. Georg und der LVB (u.a. im Nachhaltigkeitsszenario)  

Dazu kommt noch die Bewältigung der Folgen durch Corona Pandemie und dem Angriffskrieg Russlands – und die damit verbundenen Risiken einer Rezession. Das sind Themen, die auch uns unmittelbar betreffen können u.a. und hier genannt die Leipziger Stadtwerke (Absicherung der Gasbelieferung). Es ist unschwer zu erkennen, dass auch diese finanzielle Flexibilität – aktuell 200 Mio. Euro im investiven Bereich – uns nur eingeschränkt helfen wird. Aber Sie hilft.                                                                                    

Meine Damen und Herren,

Viele Fragen bleiben an dieser Stelle offen und müssen wahrscheinlich auch offenbleiben. Hier seien zwei genannt:

1. Reicht die inhaltlich schwer zu verdauende Pro-Kopf-Verschuldungsvorgabe des Landes? (Wir würden uns vom Land eher bilanzielle Vorgaben wünschen. Sind auch längst überfällig)

2. Das ist wohl die schwierigste Frage: Wie bekommen wir die gesamten von mir genannten Herausforderungen auch finanziell gestemmt?

 

Meine Damen und Herren,

ein paar Worte noch zum Änderungsantrag…. und dem Kern (Punkt 2). Solange die Kriterien des Landes zur Haushaltsgenehmigung sich am „positiven Zahlungsmittelsaldo aus der laufenden Verwaltungstätigkeit“ plus ordentlicher Tilgung orientieren, sollten wir uns so weit wie möglich die finanziellen Spielräume bewahren. Da ist der ordentliche Tilgungsansatz 50,5 Mio. Euro pro anno aus den Altverbindlichkeiten plus Neukredite (dem Tilgungsansatz 11,8 Mio. Euro plus Zinsen) zu „sportlich“.

Weiterhin können Darlehen außerplanmäßig bzw. per Sondertilgung bedient werden (nach Ende Zinsbindung, bzw. variable Darlehen). Das heißt, es könnte beim finanziell passenden Rahmen- Haushaltsdurchführung- unverändert getilgt werden. Daher der Antrag zur „schnellstmöglichen“ Reduzierung – aber ohne laufende Verträge mit hohen Kostennachteilen zu beenden. 

Das Ifo-Institut warnt in einem Beitrag vom 18.02.2021 den Freistaat Sachsen mit den folgenden Worten: „Vorrangig ist nicht die schnelle Rückzahlung der Kredite, vielmehr ist es erforderlich, ausreichend Spielraum für eine Stärkung des Wachstumspotentials zu lassen.“

Ich denke, in diesem Sinne sollten wir handeln.