Michael Neuhaus zum Verbot von Feuerwerk

Michael Neuhaus

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Beigeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen,

Ich möchte ihnen lange Ausführungen über die Gefahren des beliebten Sprengstofffests Silvester auf Mensch und Natur ersparen. Sie kennen Sie alle: abgerissene Gliedmaßen, überfüllte Notaufnahmen mit am Ende erschöpften Pflegekräften, abgefackelte Häuser, verängstigte Haustiere, tote Wildtiere, ein Haufen Müll und so weiter und so weiter. Wie Sie sich sicher denken können, bin ich als umweltpolitischer Sprecher meiner Fraktion, aber auch als Menschenfreund kein Fan des privaten Feuerwerks. Insbesondere Knallkörper mit ausschließlicher Knallwirkung, also known as China Böller, sind mir zuwider.

Soweit stimme ich meinem Kollegen Herrn Kasek zu.
Aber Herr Kasek, gestatten Sie mir einen spitzen Kommentar:

Wenn Sie so doch so tierlieb sind, warum treiben Sie dann eigentlich jedes Jahr dieselbe Sau durchs Dorf? Wenn Sie Knallkörper mit ausschließlicher Knallwirkung ablehnen, warum dann dieser Antrag?

Bereits 2020 haben wir sehr ausgiebig über private Feuerwerke diskutiert. Schon 2020 haben wir festgestellt, dass die Stadt privates Feuerwerk kaum einschränken kann. Wenn wir ein Landesemissionsschutzgesetz hätten, würde das vielleicht anders aussehen. Aber bitte schreiben Sie jetzt keinen Stadtratsantrag für ein Landesemissionsschutzgesetz. Das ist Ländersache. Wenn ich mich recht entsinne, müsste das Thema Emissionsschutz sogar im grünen Umweltministerium liegen. In sage und schreibe drei ihrer fünf Beschlusspunkte beantragen Sie nun, das, was wir vor drei Jahren schon einmal beschlossen haben:

Dass der Oberbürgermeister NOCHMAL alle Möglichkeiten prüft, sich weiterhin für die Einschränkung von Feuerwerken einsetzen- und eine Infokampagne durchführen soll.

Ich frage Sie, insbesondere vor dem Hintergrund des Berichts der Verwaltung zur Umsetzung des letzten Stadtratsbeschlusses, jetzt mal ganz ehrlich: Was denken Sie, was nach diesem Beschluss passiert? Ein Teil der Antwort würde Sie verunsichern. So viel zur Peitsche, Jürgen, jetzt kommt das Zuckerbrot.

Gut finde ich, dass wir nun endlich prüfen, ob wir Chinaböller und sonstige Dynamitriegel künftig zumindest in sogenannten dichtbesiedelten Gebieten eingeschränkt werden können. Auch das vorgeschlagene öffentliche Feuerwerk oder eine Lasershow gefällt mir, Jürgen. Dafür hätten wir aber auch keinen Antrag gebraucht, der alle Jahre wieder die gleiche Debatte aufmacht.

Am Ende noch kurz ein persönlicher Kommentar: Ich finde dieses ganze Böllern hohl. Die einzigen Feuerwerke, die ich in den letzten Jahren abgefackelt habe, habe ich hier im Rat abgefackelt. Aber: Die jährlich wiederkehrende Debatte um ein Feuerwerksverbot, nicht nur hier in Leipzig, ist eine Nebenschauplatz, der zwar für schicke Schlagzeilen und Identitätsdebatten taugt, nicht aber für wirklichen Klimaschutz.

Beim neuen Emissionshandel der EU werden Privatjets und Yachten ausgenommen. Die Reichen machen sich einen schmalen Fuß, aber Hauptsache wir sind damit beschäftigt, uns darüber zu streiten, ob der Nachbar unter uns ein böllerndes Umweltschwein, oder die Nachbarin über uns nun eine nicht-böllernde Spaßbremse ist. Ich frage mich: Wie ernst kann ich eine Politik nehmen, die von einer Klimakatastrophe spricht, sich aber an die sinnlosesten und verzichtbarsten Emissionen nicht herantraut und sich stattdessen in Identitätsdebatten, Kulturkämpfen und Kleinklein verliert?

Wem das nützt, kann ich Ihnen verraten. Maximal den rechten Knallköpfen. In diesem Sinne beantrage ich punktweise Abstimmung.