Dr. Volker Külow zum Antrag zur Bekämpfung von Energiearmut

Dr. Volker Külow

Mit dem Antrag zur Energiearmut und seiner vorliegenden Neufassung knüpfen wir heute an die bewegte Debatte an, die hier im Mai stattgefunden hatte. Damals gab es eine gefühlte Mehrheit für einen kommunalen Härtefallfonds und wir beschlossen, das Thema im Oktober nochmals aufzugreifen. Nun ist es soweit und wohl niemand erahnte seinerzeit, dass sich die Situation bis zum Herbst so extrem verschärfen würde. Das Thema Energiekosten bzw. Energiekrise ist die zentrale Achse aller derzeit geführten Diskussionen in unserem Land.     

Die explodierenden Energiekosten befeuern inzwischen bis weit in die Mittelschichten hinein die Existenzängste: „Panik in der Mitte“ überschreibt die aktuelle „Wirtschaftswoche“ ihre Titelgeschichte. Das registrieren auch wir als LINKE sehr aufmerksam  und fordern daher, dass endlich Schluss sein muss mit dem sozialen Skandal, dass diejenigen Mitglieder der Gesellschaft, die den Hauptteil des Wohlstands schaffen, am rücksichtslosesten von der Beschneidung ihres ohnehin bescheidenen persönlichen Wohlstands betroffen sind.
Zweifellos ist die Lage für die ärmeren Bevölkerungsschichten aber noch dramatischer. Die Vorschläge der Expertenkommission vom Montag werden das kaum ändern, ganz im Gegenteil: DIW-Präsident Marcel Fratzscher – bekanntlich kein Mitglied der Linkspartei - hat gestern ein vernichtendes Urteil gefällt: „Gaspreisdeckel und Entlastungen werden die soziale Krise weiter verschärfen und sind eine Umverteilung von unten nach oben.“ 

Immer mehr Menschen auch in unserer Stadt müssen sich entscheiden, wofür sie ihr ohnehin schon knappes Geld ausgeben wollen: für Lebensmittel, Energie oder Mobilität. Die drei Entlastungspakte der Ampel-Regierung haben bislang in Leipzig – wo dem jüngst veröffentlichten Sozialreport 2022 zu Folge fast ein Viertel der Einwohnerinnen und Einwohner nach bundesweitem Maßstab armutsgefährdet ist - zu wenig bewirkt. Da nützt auch nicht, dass der Verwaltungsstandpunkt akribisch die 24 Einzelpunkte der drei Pakete auflistet. Was die Verwaltung uns hinsichtlich des beantragten Härtefallfonds damit sagen wollte, erschließt sich aber nicht, denn die einzelnen Maßnahmen haben keinerlei Auswirkungen auf die Jahresabrechnungen und die weiteren Vorauszahlungen. Konsequenterweise will die Verwaltung am Ende nur die Öffentlichkeitsarbeit intensivieren. Das ist uns entschieden zu wenig.   

Mit dem Härtefallfonds in Höhe von drei Millionen Euro jährlich – in der vergleichsweise kleinen Universitätsstadt Freiberg hat der Stadtrat letzte Woche einen „Nothilfe-Fonds-Energie“ von einer Million Euro beschlossen - wollen wir dafür sorgen, dass niemand in Leipzig mit geringem oder keinem Einkommen in diesem und im nächsten Winter in einer dunklen und kalten Wohnung sitzen muss. Wir beantragen zugleich, dass bis zum 30. April 2024 auf Strom- und Gassperren verzichtet wird und stattdessen ein Nachzahlungsmoratorium in Kraft tritt, dass besonders für schutzbedürftige Personengruppen wie beispielsweise Familien mit Kindern, chronisch kranke und pflegebedürftige Menschen, Menschen mit Behinderungen, sowie Seniorinnen und Senioren gilt. Das alles kann der Stadtrat heute beschließen. 

Last but not least beantragen wir, dass die genannten Maßnahmen hinsichtlich Inanspruchnahme, Kosten und Wirkungen evaluiert und die entsprechenden Ergebnisse zum 31. Dezember 2023 vorgelegt werden. Damit versetzen wir uns in die Lage, die Regelungen für 2024 bei Bedarf anzupassen.