Dr. Volker Külow zu Garagen-Abrisskosten: Es braucht klare und transparente Regeln beim Grundstückstausch!

Dr. Volker Külow

Für die heutige Beschlussfassung ist ein kurzer Rückblick auf den bisherigen Debattenverlauf zwingend notwendig. Zur Erinnerung: Am 15. Juni 2022 fasste der Stadtrat auf Antrag der CDU den Beschluss „Rechtssicherheit für Garagenhöfe in Leipzig“. Beschlossen wurde auch der Ergänzungsantrag der Linksfraktion, der Folgendes besagte:  „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, für den Fall der erforderlichen Räumung aufgrund der ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung der Verträge zu den in Rede stehenden Garagengrundstücken gemäß Überleitungs- oder Neuverträgen (Pacht-, Miet- und Nutzungsverträge), die Kostenübernahmeverpflichtung zu Lasten der Pächter, Mieter bzw. Nutzer im Sinne einer Kostenübernahme durch die Stadt Leipzig zu ändern. Dies soll durch entsprechende verbindliche Schreiben an die Pächter, Mieter bzw. Nutzer oder durch Verzichtserklärung der Stadt Leipzig im Sinne dieses Beschlusses erfolgen.“

Erklärter Wille des Stadtrats war es, mit diesem Beschluss den erforderlichen Planungsprozess für die Stadtentwicklung auf eine breitere Zustimmung zu stellen. Dabei wurde im Sinne der Gleichbehandlung davon ausgegangen, dass die Stadt die vollständige Befreiung der Garagennutzerinnen und -nutzer von Abrisskosten garantiert, wenn sie auf die entsprechenden Garagenhöfe sowohl als Bau-, aber auch als Tauschgrundstück zugreifen muss.

Leider mussten wir feststellen, dass das Rathaus diese Rechtsauffassung nicht teilt. In Beantwortung einer Anfrage von uns erklärte die Verwaltung im September 2022, dass sich der Stadtratsbeschluss angeblich nur auf stadteigene Garagengrundstücke beziehen würde, auf denen in den kommenden Jahren Schulen errichtet werden. Garagengrundstücke hingegen, die als Tauschgrundstücke dienen bzw. verkauft werden, nicht einbezogen sind und die Garagennutzer dort also weiter mit Abrisskosten rechnen müssen.    

Das sahen wir anders und haben deshalb den vorliegenden Antrag erarbeitet, der gestern hinsichtlich der Missverständnisse zum Begriff „Räumung und Abriss der Garagen“ nochmals in der Neufassung 04 präzisiert wurde. Die Verwaltung hat zu unserem Antrag in seiner ersten Fassung folgende, bis heute von ihr vertretene Rechtsposition dargelegt: „Der Antrag wird abgelehnt, da die Beschlussumsetzung gegen § 83 bzw. § 90 der Sächsischen Gemeindeordnung verstieße.“

Auch das sehen wir anders und fühlen uns durch ein Gutachten des Verwaltungsjuristen und langjährigen früheren Direktors der Verwaltungsschule des Landes Thüringen, Rechtsanwalt Axel Schneider, bestätigt. Ihn hatte der Verband Deutscher Grundstücksnutzer e.V. (VDGN) um eine fachliche Einschätzung des Beschlusses vom 15. Juni 2022 sowie des daraus resultierenden Auftrags und der Gegenargumente der Stadtverwaltung gebeten. Das kann man übrigens alles auf der Webseite des VDGN nachlesen. Aus dieser Stellungnahme des Verwaltungsrechtsexperten ergeben sich folgende Kernaussagen:

Der Beschluss vom 15. Juni 2022 erstreckt sich auf alle denkbaren Fallkonstellationen, in denen Garagen, die unter die Regelungen des § 15 SchuldRAnpG bzw. des § 546 Abs. 1 BGB fallen, aufgrund des Stadtentwicklungskonzeptes nach vorheriger Kündigung des jeweiligen Vertrags abgerissen werden sollen. Er bezieht sich also auch auf Tauschgrundstücke. Alles andere verstieße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Mit dem genannten Beschluss hat der Stadtrat auch ganz offensichtlich ein besonderes öffentliches Interesse an der Vergemeinschaftung der Abrisskosten zum Ausdruck gebracht, so dass der von der Verwaltung angeführte § 90 der SächsGemO nicht einschlägig ist.

Das gilt folgerichtig auch im Falle des Grundstückstauschs und einer eventuellen Minderung des Tauschwertes aufgrund einer zuvor in den Mietverträgen fixierten Übernahme der Abrisskosten durch den Grundstückseigentümer.

Im Übrigen ist der Verweis der Verwaltung auf § 83 Sächsische Gemeindeordnung (die Gemeinde darf demnach keine Sicherheiten zu Gunsten Dritter bestellen) durch die Neufassung unseres Antrags hinfällig. Er bezog sich allein auf Beschlusspunkt 1 des nicht mehr vorliegenden Ursprungsantrags. In der Praxis wäre der erklärte und mit der Zustimmung zu unserem Antrag bekräftigte Willen des Stadtrates einfach umzusetzen: Steht fest, dass ein Garagenhof-Grundstück im Zuge des Stadtentwicklungskonzepts umgenutzt oder getauscht wird, werden die Verträge der dortigen Garagennutzer dahingehend geändert, dass die Garagennutzer bei Vertragsbeendigung zur Beseitigung des Bauwerkes nicht verpflichtet sind.

Das heißt, der Grundstückseigentümer der betreffenden Garage muss das selbst und auf seine Kosten tun, wenn er den Nutzungsvertrag beenden möchte. Diese Vertragsklausel übernimmt im Falle eines Tausches der neue Grundstückseigentümer, da er ja in den Pacht-/Miet-Vertrag eintritt. Das heißt, im Falle eines Tausches werden die Verträge geändert, solange die Stadt noch Grundstückseigentümer ist.

Das bringt auch Rechtssicherheit für den Tauschpartner und neuen Grundstückseigentümer. Die Abrissfrage ist beim Grundstückseigentums-übergang klar und transparent geregelt. Der neue Grundstückseigentümer vermeidet das Risiko sehr wahrscheinlicher und jahrelanger juristischer Auseinandersetzung um Abriss und Abrisskosten.

Mein letzter Satz mit einem hoffentlich überzeugenden Argument für die Lokalpatrioten unter uns: die Landeshauptstadt Dresden hat Ähnliches schon 2018 beschlossen und die Verwaltung setzt es dort natürlich auch um. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.