Dr. Volker Külow: Das Thema Pflege ist von hoher gesellschaftlicher Relevanz!

Dr. Volker Külow

Das Thema Pflege ist von hoher gesellschaftlicher Relevanz. Kaum ein Tag vergeht, in der in der Öffentlichkeit nicht über diesen vielschichtigen und reformbedürftigen Bereich diskutiert wird. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen auch der in der ambulanten Pflege Tätigen ist ein wichtiges Anliegen auf allen politischen Ebenen. Insofern ist es gut, dass sich heute auch der Leipziger Stadtrat mit der Verbesserung der Parkmöglichkeiten für Pflegekräfte und damit indirekt auch mit der Situation der Pflegebedürftigen beschäftigt. Es ist erklärter Wille des Oberbürgermeisters, mit der DS-07596 „Parkerleichterungen für Pflegedienste - Möglichkeit der Nutzung der sogenannten Handwerkerhefte“ entsprechend zu handeln.

Aber diese Vorlage war mehreren Fraktionen nicht ausreichend, darum die umfangreiche Debatte der letzten Monate in den Ausschüssen und heute in der Ratsversammlung. Mit den nun vorliegenden Anträgen sollen die Handlungsmöglichkeiten der Verwaltung erweitert und die Wertschätzung der Arbeit der Pflegedienste durch weitergehende Parkerleichterungen erhöht werden.

Das ist auch dringend notwendig, denn Arbeit im ambulanten Pflegedienst bedeutet Zeitdruck, Parkplatzsuche und lange Laufwege die wiederum Zeit am pflegebedürftigen Menschen kostet. Die Parkgebühren dürfen im Übrigen nicht auf die Pflegekosten umgelegt werden. Wir meinen: wenn der Heizungsnotdienst vor der Haustür parkt, sollte der Pflegedienst das allemal tun dürfen. Pflegekräfte sollen sich bestmöglich um die Pflegebedürftigen kümmern können. Jede Erleichterung oder Ausnahme für Pflegedienste beim gebührenpflichtigen Parken oder in Zonen des Anwohnerparkens sind eine willkommene Wertschätzung ihrer Arbeit und ermöglicht letztlich auch die Verbesserung der Pflege. Zur Dimension dieser Herausforderung nur zwei Zahlen an dieser Stelle: In Leipzig gibt es ca. 120 Pflegedienste mit rund 3.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Bevor ich näher auf die kommunale Situation eingehe, zunächst ein Blick in die Landespolitik. Im Koalitionsvertrag von CDU, SPD und Grünen – geschlossen 2019 und überschrieben „Gemeinsam für Sachsen“ - hieß es vollmundig auf Seite 96: „Ambulante Pflegedienste wollen wir unterstützen… (und) prüfen rechtliche Möglichkeiten für Parkerleichterungen für ambulante Pflegekräfte.“ Der Berg kreiste zwar schon 2020, gebar aber nur ein Mäuslein. In der Antwort auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Susanne Schaper (DIE LINKE) hieß es unlängst lapidar: „Eine einheitliche sachsenweite Regelung zu Parkerleichterungen für Pflegekräfte ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich.“ Wieso das in anderen Bundesländern wie z.B. Berlin, Hamburg, Bayern und Nordrhein-Westfalengeht, erschließt sich unserer Fraktion nicht. Wir beantragen daher, dass sich der Oberbürgermeister auf Landesebene für eine einheitliche landesweite Regelung einsetzt, um damit die sehr unterschiedliche Auslegung in den sächsischen Gebietskörperschaften zu beenden; es ist doch grotesk, dass in Dresden und Chemnitz beim Thema Parkerleichterungen für Pflegekräfte mehr geht als in Leipzig. 

In Hessen (dort regiert bekanntlich schwarz-grün ohne SPD) ist es auf der Grundlage einer landesrechtlichen Regelung sogar möglich, dass in Frankfurt/Main statt der Nutzung der Handwerkerhefte alternativ der Parkausweis „Sozialer Dienst“ eingeführt wurde. Was für eine tolle Würdigung des Pflegeberufs! Wir sind überzeugt: Was in Hessen und Frankfurt geht, sollte auch in Sachsen und Leipzig möglich sein und haben deshalb einen entsprechenden Prüfauftrag in unseren Änderungsantrag aufgenommen.  

Dem CDU-Antrag werden wir zustimmen, da wir die Einschätzung der Verwaltung von der vermeintlichen Rechtswidrigkeit des Antrages nach sorgfältiger Prüfung nicht teilen. In Bayern gibt es beispielweise auf der Grundlage des § 46 Abs. 1 StVO ermessenslenkende Anwendungshinweise durch die Bayerische Staatsregierung. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat zu den Ausnahmen folgendes ausgeführt: „Das Merkmal der Ausnahmesituation ist dabei keine eigenständige tatbestandliche Voraussetzung, sondern Teil der behördlichen Ermessensentscheidung.“

In diesem Sinne erhoffen wir uns vom federführenden Ordnungsamt - vorausgesetzt der CDU-Antrag und unser Änderungsantrag werden angenommen - einen unbefangeneren Blick als bisher auf den eigenen Ermessensspielraum. Dabei kommt hier hoffentlich auch die Landesregierung noch irgendwann zu Hilfe, die unbedingt über den sächsischen Maschendrahtzaun schauen sollte, der bekanntlich die Sicht oftmals recht provinziell einengt.