Die Demokratie lebt von der Beteiligung der Bürger:innen bei Wahlen

Marianne Küng-Vildebrand

Die Demokratie lebt von der Beteiligung der Bürger:innen bei Wahlen. Der vorliegende Antrag zum Beschluss der 3. Satzung zur Änderung der Wahlhelfer-Entschädigungssatzung zielt auf zwei wesentliche Punkte in diesem Komplex ab.  Zum einen sollen die Entschädigungssätze für die ehrenamtlichen Wahlhelfer:innen, die vor allem am Wahltag den reibungslosen Ablauf des Prozederes der Stimmabgabe, die Auszählung und Übermittlung der Stimmen absichern, auf einen tatsächlich angemessenen Betrag angehoben werden, um damit diesen ehrenamtlichen Wahlhelfer:innen als Garant:innen des demokratischen Wahlaktes aktiv zu signalisieren, dass ihr ehrenamtliches Engagement nicht nur in Pandemiezeiten, nicht nur in Zeiten auch medial gespiegelten Missmutes über demokratische Institutionen und Entscheidungen zur Kenntnis genommen und entschädigt wird. Vielmehr soll ihnen signalisiert werden, dass wir ihrer Tätigkeit als Wahlhelfer*innen im Sinne der Bürger:innen-Demokratie eine echte Wertschätzung zu teil werden lassen. Die Entschädigung ist dabei nicht nur Motivation, also Lockmittel zur Wahlhelfer:innen-Gewinnung. Sie ist vor allem – und so sollten wir sie verstehen – Ausdruck der gesellschaftlichen Anerkennung über Applaus, Gutscheine und warme Worte hinaus.

Zum anderen wäre es wohl nicht angemessen, weitere zwei Jahre ins Land gehen zu lassen, ohne die Entschädigungssätze schon mit Wirkung für die bevorstehende Wahl zum 20. Deutschen Bundestag direkt anzupassen. Deshalb bringen wir als Teil des Satzungsgebers die 3. Änderungssatzung ein und haben Ihnen eine Kostenkalkulation sowie Angaben zur erforderlichen Zahl der Wahlhelfer*innen als Entschei-dungsgrundlage beigefügt.

Es ist nicht billig, Demokratie kostet eben auch Geld. Wenn man sich allerdings vor Augen hält, dass Wahlen zum Deutschen Bundestag für gewöhnlich alle vier Jahre abgehalten werden, Wahlen zum Europäischen Parlament und zum Stadtrat alle fünf Jahre und an einem Tag und auch die Landtagswahl einmal in fünf Jahren, dann relativieren sich die Kosten für die Wahlhelfer*innen und mithin die in Rede stehenden Mehrkosten doch deutlich.

 

Allerdings sollte auch heute in der Ratsversammlung deutlich klargestellt werden, dass der VSP zu unserem Antrag erhebliche sachliche Mängel aufweist. Das sei hier nur in Kürze erläutert, im Ausschuss habe ich das ausführlicher getan.

Der VSP hat ohne weitere Erläuterung oder Herleitung die Zahl der erforderlichen Wahlhelfer*innen erhöht. In der Vorlage vom 10.02.2021 (Freigabe im Allris) heißt es dazu: „Insgesamt müssen demnach unter Berücksichtigung einer Reserve rund 4.500 Personen zur Verfügung stehen.“ Mit dem vorliegenden VSP wird behauptet, man benötige die 4.500 Wahlhelfer:innen zzgl. einer Reserve von 1.000 Personen. Noch in der Vorlage VII-DS-02245-DS-01 „Organisation der Bundestagswahl 2021: Bestätigung außerplanmäßiger Aufwendungen …“ ist zu diesem erhöhten Puffer nichts zu lesen. Stattdessen weist die Verwaltung dort am 13.04.2021 (Freigabe im Allris) einen Mehrbedarf für die Wahlhelfer:innen-Werbung für Infofilm, Infomaterial, Onlinebewerbung, Infofilm Wahlhelfergewinnung, zusätzliche Wahlhelferkampagne in Höhe von 25.600 Euro aus, zzgl. weiterer 13.500 Euro für Hilfsmaterialien.

Der VSP hätte also nicht unsere auf Ihre Vorlagen gestützte Annahme in den Fokus nehmen und in Zweifel ziehen müssen, sondern die Annahmen und Aussagen oder auch Fehleinschätzungen der Verwaltung und diese mit der realen Lage vergleichen.

Nicht nur an dieser Stelle lässt der VSP das nötige Maß gebotener Sorgfalt vermissen. So heißt es im VSP: „Gleichwohl greifen die Intentionen einer allgemeinen Erhöhung der Wahlhelferentschädigung sowie der Zahlung eines ‚Pandemie-Zu-schlages‘ in Bezug auf die anstehende Bundestagswahl zu kurz.“ Kurz und knapp: Unser Antrag begehrt keine Zahlung eines Pandemie-Zuschlags. Copy-and-Paste sollte man beherrschen und das dann Zustandegekommene möglichst sorgfältig prüfen!

Die finanzielle Mehrbelastung haben wir mit unserer Kalkulation berechnet. Es ist Aufgabe der Verwaltung diese einmalige Mehrausgabe – andere überplanmäßige Ausgaben sind auch nur bedingt durch den Haushaltsplan Produkt genau gesichert – entsprechend abzusichern. Und es ist die Aufgabe sowohl des OBM als auch aller, mit ihren Kontakten in der Bundes- und Landesebene darauf zu drängen, dass den Kommunen die Entschädigungssätze angemessen kompensiert werden. So verstehen wir den VSP an dieser Stelle als Arbeitsauftrag an sich und alle.

Die Überlegungen des VSP zu eventuellen Bevorteilungen von städtisch angestellten Wahlhelfer:innen und andere Überlegungen sind nachvollziehbar und tatsächlich in der Evaluierung, die Sie ja durchführen wollen, berücksichtigenswert. Allerdings entstammen die Regelungen, auch der zusätzliche freie Tag, allesamt der geltenden und vom Dezernat Allgemeine Verwaltung eingebrachten 2. Änderungssatzung gemäß Vorlage VI-DS-06380 vom 18.02.2019 (Freigabe im Allris), unverändert am 13.3.2019 beschlossen. Und die aktuellen Überlegungen kommen für die Entschädigung zur Bundestagswahl schlicht zu spät. Dafür sind Sie als Verwaltung selbst verantwortlich.

Der Kategorie „schlechter Witz“ entsprang wohl folgende Stelle des VSP: „Den Erhöhungsvorschlägen scheint keine relative Systematik innezuwohnen.“ Ach was! Sie sollten aber in der Lage sein, den absoluten Erhöhungssatz um 30 Euro im Allgemeinen bzw. 10 Euro bei verbundenen Wahlen sehr wohl zu erkennen und nachzuvollziehen. Darüber hinaus sollte Ihnen aus dem Verfahren um die Beschlussfassung zur Entschädigungssatzung für ehrenamtliche Tätigkeiten (VI-DS-06526 und VI-DS-06526-NF-01) und den Einwendungen der Landesdirektion noch bekannt sein, dass reine prozentuale Erhöhungen, wie sie in Tarifvertragswerken üblich sind, bei Ehrenamtsentschädigungen unter Umständen problematisch sein können. Da es sich hier um eine einmalige Entschädigung und keine monatlich und jährlich wiederkehrenden Entschädigungsansprüche handelt, haben wir in der Grundsystematik der Wahlhelfer-Entschädigungssatzung absolute Erhöhungssätze in Anwendung gebracht.

Abschließend gibt es einen tatsächlich nützlichen Hinweis im VSP: An dieser Stelle also vielen Dank für den Hinweis auf das fehlerhafte Vollzitat in der Eingangsformel der als Anlage 1 beigefügten Änderungssatzung. Selbstverständlich bringe ich hiermit die Änderung ein und zu Protokoll, dass nach der Datumsangabe „09.03.2018“ wie folgt eingefügt wird: „zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 16.12.2020“.

Die 3. Änderungssatzung ist ein wichtiges und zeitgemäßes Signal an die Gesellschaft und die vielen Wahlhelfer*innen, dass die Stadt der friedlichen Revolution und der Bürgerdemokratie das ehrenamtliche Engagement der Wahlhelfer*innen bei diesem höchsten Akt der Demokratie angemessen und den Verhältnissen in unserer Zeit angepasst würdigt und auch entschädigt und sie nicht mit der Aussicht auf Gutscheinlösungen auf die Zukunft vertröstet.

Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag!