Bürgerbegehren "Stoppt Schulschließungen" als unzulässig erklärt

Dr. Lothar Tippach

Es gibt mehrere Gründe, die die PDS-Fraktion veranlassen nicht der Beschlussvorlage und damit der Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens zuzustimmen.

Zum ersten Grund. Ich möchte mit einem Zitat beginnen: „Dabei ist uns allen sehr bewusst, dass wir hier nicht über Zahlen und leere Gebäude reden, sondern über junge Menschen und ihre Entwicklungs- und Bildungschancen.

Es gibt mehrere Gründe, die die PDS-Fraktion veranlassen nicht der Beschlussvorlage und damit der Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens zuzustimmen.

Zum ersten Grund. Ich möchte mit einem Zitat beginnen: „Dabei ist uns allen sehr bewusst, dass wir hier nicht über Zahlen und leere Gebäude reden, sondern über junge Menschen und ihre Entwicklungs- und Bildungschancen. Darüber hinaus sind Schulen kulturelle Lebensorte in einem Stadtviertel. Das macht die Schließung so bedeutsam und sensibel.“

Dieses Zitat entstammt der Flugschrift des Beigeordneten Herrn Burkhard Jung, die er an alle Haushalte hat verteilen lassen. Ja, Herr Jung, genau darum geht es auch den Antragstellern für den Bürgerentscheid und den Zehntausenden Leipzigerinnen und Leipzigern, die mit ihrer Unterschrift das Bürgerbegehren unterstützt haben. Der Unterschied besteht darin, dass Sie die Schulschließungen als große Chance verstehen, die Sie in dem genannten Flugblatt beschreiben. Die Antragsteller hingegen gehen von einer Verschlechterung der Bildungschancen und von negativen Folgen für die Stadtentwicklung aus. Klar ist jedoch, dass bei allen Unterschieden in der Bewertung der Folgen der vorgelegten Schulnetzplanung auch Sie Herr Jung, wie die Antragsteller und die Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern davon ausgehen, dass es sich bei der Entscheidung über Schulstandorte um eine zutiefst kommunale Angelegenheit handelt. Das hat in der Vergangenheit auch der Stadtrat immer so gesehen, wenn er über die Einrichtung, Änderung und Schließung von Schulen Beschlüsse gefasst hat, wie auch zur heutigen Ratsversammlung.

Zu einem zweiten Grund. Die Verwaltung begründet den Antrag auf Nichtzulässigkeit auch damit, dass der Kostendeckungsvorschlag der Antragsteller nicht den gesetzlichen Anforderungen genüge. Sie bezieht sich darauf, dass der Gesetzgeber vorschreibt, dass „das Bürgerbegehren einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag zur Deckung der Kosten enthalten muss“. Dies trifft im Grundsatz auch auf Anträge der Fraktionen zu, denn die Geschäftsordnung des Stadtrates § 9 (3) schreibt vor, dass Anträge, mit denen eine Haushaltsmehrbelastung verbunden ist, einen Deckungsvorschlag enthalten sollen. Wohlgesagt „sollen“ und nicht „müssen“. Das ist aus gutem Grunde so geregelt, weil jede Fraktion zwangsist, einen Deckungsvorschlag enthalten sollen. Wohlgesagt „sollen“ und nicht „müssen“. Das ist aus gutem Grunde so geregelt, weil jede Fraktion zwangsläufig überfordert wäre, würde eine solche Regelung zwingend sein. Warum sollen die Antragsteller für das Bürgerbegehren vom Stadtrat nach anderen Regeln behandelt werden als nach denen, die der Stadtrat sich selbst gegeben hat.

Zum dritten Grund. Nach Auffassung der Stadtverwaltung verfolgt der Antrag auf Durchführung des Bürgerentscheids gem. § 24, Abs. 2, Ziff. 8 der SächsGemO gesetzwidrige Ziele und sei deshalb unzulässig. Sie bezieht sich auf das Sächsische Schulgesetz und die darin geregelte maßgebliche Entscheidungskompetenz der Obersten Schulaufsichtsbehörde. Das ist jedoch nicht der Punkt. In der Antwort des Staatsministers des Inneren des Freistaates Sachsen auf eine Anfrage vom Mitglied des Landtages, Frau Brigitte Zschoche (PDS), zur Zulässigkeit von Bürgerbegehren gegen Schulschließungen heißt es u. a.: „Die Einrichtung, Änderung und Aufhebung von Schulen ist nach § 24 Schulgesetz eine Pflichtaufgabe der Gemeinden und Landkreise als zuständige Schulträger. Derartige Beschlüsse bedürfen der Zustimmung der obersten Schulaufsichtsbehörde. Der Gesetzgeber hat im Hinblick auf die Aufgabenerledigung kein Weisungsrecht normiert.“ Das betrifft auch andere Beschlüsse. Haushaltssatzungen usw. bedürfen der Zustimmung der Rechtsaufsichtsbehörde. Diesem Sachverhalt haben die Antragsteller wohl Rechnung getragen. In ihrer Presseerklärung vom 13. April d. J. heißt es: „Ein positiver Beschluss zum Bürgerbegehren durch den Stadtrat bzw. eine Bestätigung des Bürgerbegehrens in einem Bürgerentscheid bedarf natürlich entsprechend des Sächsischen Schulgesetzes der Zustimmung der Obersten Schulaufsichtsbehörde.“ Die Initiatoren sind im Bürgerbegehren also nicht auf die Verantwortung der Obersten Schulaufsichtsbehörde eingegangen, sondern auf die Verantwortung der Stadt im Rahmen der Ausübung der kommunalen Selbstverwaltung als ihr demokratisches Recht. In einem Flugblatt der SPD-Landtagsfraktion wird ausgeführt, dass das Recht auf kommunale Selbstverwaltung auch in Sachsen Verfassungsrang hat und in anderen Bundesländern Gerichte entschieden haben, dass Kommunen in Schulfragen Gestaltungsrechte haben. Und sie stellt in Aussicht gemeinsam mit den Bürgern für den Erhalt von Schulstandorten zu kämpfen.

Aus all diesen Gründen hat die PDS-Fraktion folgenden Änderungsantrag eingebracht:

1. Die Ratsversammlung beschließt das Bürgerbegehren „Stoppt Schulschließungen“ anzunehmen.

2. Der Bürgerentscheid wird am 21. Oktober 2001 gemeinsam mit dem Volksentscheid zum Sachsenfinanzverband durchgeführt.

3. Die Stadt beantragt eine einstweilige Verfügung beim Amtsgericht, dass die Aufhebung von Schulen nach dem 1. November 2000 nicht erfolgt.

Ich bitte Sie im Sinne des Antrages gegen die Beschlussvorlage der Stadtverwaltung zu votieren. 53 000 Leipzigerinnen und Leipziger haben uns in Wahrnahme ihres demokratischen Rechts dazu aufgefordert.

Der Änderungsantrag der PDS-Fraktion wurde abgelehnt. Die Mehrheit des Stadtrates votiert für die Unzulässig